Chinas Energiewende-Plan

Unsere Staats- und Mainstream-Medien bringen es immer wieder fertig, wirklich relevante Neuigkeiten unter den Teppich zu wischen. 

China ist eines der wichtigsten Länder, wenn es um umwelt- und klimapolitische Themen geht. In keinem Land der Welt haben in den letzten Dekaden die Treibhausgas-Emissionen so schnell zugenommen wie in China. Das Wachstum des Kohleverbrauchs Chinas ist beispiellos. Unsere Treibhausgas-Emissionen und unsere entsprechenden Reduktionsmassnahmen, seien sie noch so rigoros, sind im Vergleich zu Chinas Emissionen bedeutungslos.

Doch ausgerechnet, wenn China sich in dieser Thematik zu bewegen beginnt, scheint das den Medien keine Zeile wert zu sein. Wie Präsident Xi Jinping in seiner Rede an der virtuellen UN-Runde im September ankündigte, zielt er für sein Land bis 2060 CO2-Neutralität an. Die road map mit einigen Zahlen kann dem Bloomberg Report vom 28.9.20 entnommen werden.

Angesichts einer Wirtschaft, welche diejenige der Schweiz um zwei Grössenordnungen übertrifft und die unterdessen die grösste der Welt ist, verdient das der Aufmerksamkeit. Das dürfen sich vor allem unsere lokalen Weltenretter nicht entgehen lassen.

Wie sich die chinesische Führung den Weg zur CO2-Neutralität vorstellt, ist in der beiliegenden Abbildung dargestellt: Innerhalb von 35 Jahren soll weitgehend auf den Verbrauch fossiler Brennstoffe verzichtet werden. Der Plan fokussiert auf die Elektrifizierung aller Bereiche mit einer Produktion des Stroms aus allen verfügbaren nachhaltigen Ressourcen. 

Auffallend sind drei Punkte:

  1. Massiv ausgebaut wird nicht nur die Solar- und Windkraft, sondern eben auch die Kernenergie. Geplant ist eine Verfünffachung der Produktion aus Kernkraftwerken. China forscht und entwickelt dazu neue Technologien wie kein anderes Land. Man kann von der chinesischen Führung halten was man will, Fantasten sind dort auf jeden Fall nicht am Werk.
  2. Der Energieverbrauch soll um 20% reduziert werden. Der wichtigste Beitrag soll vermutlich durch Effizienzsteigerung mit der Elektrifizierung mechanischer Prozesse, insbesondere bei der Mobilität erbracht werden. Zur Erinnerung: In der Schweiz ist eine Energiereduktion von 43% pro Person von 2000 bis 2035 als Richtwert ins Energiegesetz geschrieben. Auch hier lässt sich China nicht von grünen Fantasien leiten.
  3. Bemerkenswert ist auch, dass nicht auf den heute immer noch zunehmenden Kohleverbrauch eingegangen wird. Hier wird schon einmal von den UN-Forderungen einer sofortigen CO2-Reduktion abgewichen. Gezeigt wird ein Entwicklungsplan ab 2025. Und der Zielhorizont liegt bei 2060, nicht wie IPCC fordert bei 2050, oder wie Umweltverbände fordern, sogar bereits 2035. Die Gangart lässt sich China nicht vorschreiben. 

Ob sich die Energiewende von Xi Jinping durchsetzen lässt, bleibt offen. Auch dieser Plan ist ausserordentlich ehrgeizig, doch er weicht deutlich von den Zielen ab, welche sich die Schweiz und Deutschland in einer Mischung aus herbeigeredeter Panik, vermeintlich technologischer Überlegenheit, moralischer Überheblichkeit und vorauseilender Gehorsamkeit gesetzt haben. Auch die  Ziele Chinas werden durch unverrückbare Grundsätze der Physik und Ökonomie noch heftige Korrekturen erfahren. Selbst wenn die Umsetzung in einem autokratischen Land wesentlich leichter fallen sollte als in freiheitlichen Demokratien. Ob Wind, Solar und Nuklear genau in diesen Anteilen zum Tragen kommen werden, bleibt offen. Die chinesische Führung denkt hier langfristig und ökonomisch klug. Sie gibt nicht wie grüne Ideologen vor, die Entwicklung bereits zu kennen und welche Technologie langfristig erfolgreich sein wird. Bemerkenswert ist, dass China sich damit alle Optionen offenhält und der Innovation und Wettbewerb mehr Freiheit gewährt als Deutschland und die Schweiz. 

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6 thoughts on “Chinas Energiewende-Plan”

  1. Absolut d’accord, Markus. Blinde Flecken wohin man sieht (nicht nur in Sachen Energiewende). Und der Unwille, Augen zu öffnen.

    Mit dogmatischer und ideologisch stark geprägter Besserwisserheit stehen wir uns als Gesellschaft tatsächlich selber im sprichwörtlichen Licht. Und berauben dabei zukünftige Generationen ihrer Entfaltungsmöglichkeiten.

    Freilich, wird es “Demokratieverräter!” aus dem Wald schallen “geh doch dort hin”. Nur, die die rufen, pochen auf ein unangefochtenes Lenkungsrecht, was uns mittelfristig mehr schaden als nutzen wird. Bedenklich: Nichtkonformität, auch wenn solid begründet, ist ungesund (i.e. Forschung, Politik, Medien, Schulen etc). Was für eine bedauerliche Verarmung.

    M

  2. Chinas Energiewendeplan 2060 kann nicht aufgehen, weil der geplante Anteil des Sonne-Wind- Flatterstroms im Verhältnis zu Hydro und Fossil zu gross ist: Man kann Sonne- und Windstrom nur virtuell speichern, indem man, wenn bei Sonnenschein die Winde wehen, Hydro und Fossil zurückfährt und nur bei Dunkelflauten Hydro und Fossil voll auslastet: Dafür braucht es grössere (überschüssige) Hydro- oder Fossilkapazitäten, welche im chinesischen Energiemix 2060 nicht ersichtlich sind. Sobald man Sonne-Wind-Flatterstrom tatsächlich speichert (z.B. in Speicherseen, Batterien oder Wasserstoff), geht der ohnehin mickrige Erntefaktor in den Keller.

  3. Zuerst bin ich durch einen NZZ-Nachruf auf Silvio Borner (R.I.P.) auf dieses Netzwerk aufmerksam geworden.
    Nun finde ich den ersten spontanen Einblick – gerade zu diesem Schlüssel-Thema: ‘Energie’ – sehr enttäuschend.
    Was soll an der für ‘über-über-Morgen’ skizzierten chinesischen Phantasie so herausragend sein?
    Z.B.: Uran ist groß-technisch ebenso eine ‘endliche’ Ressource. Ein kurzer Such-Check verweist an erster Stelle auf einen Welt-Artikel, wo wissenschaftlich von dynamischen Ressourcen für gut 100 Jahre auszugehen ist. Und dies ist nicht mit stark steigendem Bedarf ermittelt. Und die auf den Förderstätten-Status-quo bezogenen Mengen sind weitaus bescheidener.
    Dies wäre in der optimistischen Betrachtung kürzer, als die Kohle reichen könnte, und unkalkulierbare Risiken verlagern sich einfach, solange vor allem die Unschädlichmachung riesiger Mengen an Atommüll weitestgehend unklar ist.
    Alleine deswegen erscheint ein 43% Energie-Durchsatz Reduktions-Szenario schon wesentlich weiser als eine 20%-Version.
    Der große Physiker und Öko-Aktivist Hans-Peter Dürr hat Anfang der 2000er errechnet und verbildlicht, dass europ. Wohlstands-Länder durchschnittlich 50-60 Energie-Sklaven für den alltäglichen Lebens-‘Bedarf’ beschäftigten. Andere Verschwender-Nationen noch deutlich mehr.
    Solch ein Lebensstil ist – als große Population – dauerhaft nicht aufrecht zu erhalten, was jedem einleuchten kann, der sich mit dem eigenen Organismus – als persönlicher Ausdruck ‘des Lebens’ – beschäftigt. Wie viele Nahrungs-Kalorien sind gesund, und wie viel Leistungs-Potential entsteht daraus?
    Die ‘graue Energie’ ‘moderner’ Ernährungsweise ist dabei ein Verschwendungs-symptomatisches Kapitel für sich.
    Hätte das Wunder der Biologie ‘nur’ solches Energie-(Austausch)-Gebaren zustande gebracht, dann wäre ‘Leben’ in der uns bekannten Form wohl unmöglich.
    ‘Wir’ sollten uns besser nicht (weiter) anmaßen, hauptsächlich mit technischen Zauberlehrlings-Attitüden, ökologische bzw. physikalische (Entropie,…) Grund-Gesetze überwinden zu können.
    Ein sehr viel Energie-schonenderes Kreislauf-Wirtschaftssystem müsste das eigentliche Ziel sein, 43% Reduktion ist dabei Wirklichkeits-näher als 20%.
    Oder ist unreflektiertes ‘Basteln’ an einem möglichen Albtraum für Folge-Generationen ein erklärtes Ziel?
    MfG Reinhold Haidinger

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