Ablasshandel wie in dunkelsten Zeiten

Klimawandel, ob durch den Mensch verursacht oder nicht, wird als etwas Negatives betrachtet. Deshalb werden sämtliche Aktionen den Klimawandel zu verhindern als positiv betrachtet. Unter anderem wird die aktive Entfernung von CO2 aus der Luft als besonders gut angesehen. Im Jargon des Weltklimarates IPCC ist die Technik der DAC (direct air capture) ein Teilgebiet der NET’s (Negative Emission Technologies). In diesem Umfeld sind zahllose Firmen entstanden, die ausschliesslich von Zuwendungen leben. Das erfolgreichste Unternehmen auf diesem Gebiet ist Climeworks.  Climeworks verkauft Zertifikate bei ihr CO2 entsorgt zu haben. Eine seriöse Überprüfung der Wirksamkeit und Nebenwirkungen ist nicht erwünscht. Die Firma lebt, wie die meisten aus dieser Branche auf Versprechen, aber ohne messbare Gegenleistung.  Das Geschäftsmodell  ist einfach. Mit diesem Ablasshandel kauft man sich von der Klimasünde frei und gehört dann zu den Guten.  

Ein prominenter Neukunde, der sich jetzt auch so reinwäscht, ist die Zürcher Kantonalbank. Die ZKB hat kürzlich mit Climeworks einen langjährigen Vertrag abgeschlossen, die Entsorgung von jährlich 1’750 Tonnen CO2 zu finanzieren.  Das entspricht einem Beitrag in der Grössenordnung von jährlich einer Million Franken.

Climeworks ist ein Spin-off der ETH Zürich. Deren Gründer Jan Wurzbacher und Christoph Gebald haben ein Verfahren entwickelt, das mit Hilfe chemisch beschichteter Filter, CO2 direkt aus der Luft binden kann. Wenn die Filter nach einer gewissen Zeit gesättigt sind, werden sie zur Regeneration erhitzt, um daraus hochkonzentriertes CO2 herauszulösen. Langfristig entsorgt ist das Treibhausgas damit noch nicht. Deshalb muss es in einem zweiten  Schritt noch in den Untergrund verpresst werden, wo es sich über mehrere Jahrzehnte mit dem Gestein dauerhaft verbinden soll. Sowohl die Regeneration der Filter wie auch die Verpressung, benötigen grosse Mengen an Energie, was Kosten von 400 bis 600 Franken pro Tonne CO2 verursacht.

Unter der Aufwendung von Energie Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu entfernen, um damit den Klimawandel in irgendeiner Weise zu beeinflussen, erachte ich als höchst fragwürdige Aktion. Ich stufe diese Methode aus mehreren Gründen als eine «grüne» Sünde erster Klasse ein:

  • COist kein Schadstoff, sondern der Rohstoff zur Photosynthese, die Grundlage des organischen Lebens, selbstverständlich auch des unseren.
  • CO2 fällt bei jedem Verbrennungsprozess in konzentrierter Form an. CO2 am Ort der grössten Verdünnung, in der Atmosphäre, einzusammeln ist so falsch wie eine Kläranlage mitten im Ozean zu bauen, statt am Ende einer Kanalisation.
  • Hochwertige Energie aufzuwenden, um ein Nebenprodukt menschlicher Aktivität zu entsorgen, welches kein Schadstoff ist, macht keinen Sinn.  Das ist Effizienz-minderung sinnvoller Verbrennungsprozesse und Ressourcenverschleuderung.
  • Eine Entlastung der Umwelt kann nur mit Effizienzsteigerung erreicht werden, nie mit Effizienzabbau. 
  • Die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre wird durch natürliche Prozesse um ein Vielfaches besser reguliert als durch künstliche Maschinen: Landpflanzen sind nur ein Teil, sogar der kleinere Teil, der natürlichen Bindung von CO2. Der grössere Teil geschieht durch das Phytoplankton nahe der Wasseroberfläche in den Ozeanen: Diese Organismen bauen mit dem CO2 Kalkschalen auf. Nach ihrem Absterben sinken die Schalen auf den Meeresgrund ab und sammeln sich dort als Kalkschlamm an. Das klassische Beispiel sind die Kreideklippen von Dover, die vollständig aus Phytoplanktonschalen bestehen. Sämtliche Kalksedimente dieser Erde, wie auch unsere Jurakalke sind das Resultat ähnlicher Prozesse. Sie sind Zeugen einer Vergangenheit in welcher der CO2-Gehalt der Atmosphäre ein Vielfaches höher war als heute. Die Erde bot zu jenen Zeiten übrigens einen optimalen Lebensraum für Flora und Fauna, mit beneidenswerter Biodiversität, dokumentiert  in überwältigenden Fossilfunden. Es war das Gegenteil einer Klimahölle.

1’750 Tonnen, soviel CO2 binden 70’000 Bäume jährlich in Form von nutzbarem Holz. Das ist ein Wald von etwa drei Quadratkilometern. Und der erbringt die Leistung ohne  künstlichen Energieaufwand. Zudem bringen Bäume ökologischen Nutzen wie Lebensraum für allerlei Tiere, natürliche Kühlung, Produktion von Sauerstoff, Stabilisierung und Aufbau von Boden und, und, und.  Demgegenüber verschenkt die ZKB einfach Geld an eine schnöde energieverschleudernde Fabrik mit fraglichem Produkt in den Weiten Islands. Ich gehe eine Wette ein, dass sich bei der ZKB nicht einer der Verantwortlichen je mit der Komplexität der Bindung von CO2 im Untergrund auseinandergesetzt hat. Weshalb macht man das überhaupt in Island? Weil es dort Basalte hat, welche das CO2 ein bisschen schneller an sich binden als Gesteine bei uns. Dafür darf man das CO2 dann per Pipeline und Schiff dorthin fördern. Eine Absurdität in sich. Die Energie beziehe man vom benachbarten Geothermiekraftwerk Hellisheide. Das klingt gut. Leider sind ausgerechnet die isländischen Thermalwässer, mit welchen man erfolgreich Strom produziert,  mit 100g CO2 pro Kilowattstunde  etwas höher belastet, als andere Geothermiekraftwerke. 

Nun, das Geld ist jetzt auf jeden Fall für etwas Wirkungsloses ausgegeben und steht nicht mehr für wertbringende Investition zur Verfügung, wie zum Beispiel ein Aufforstungsprojekt. 

Eine leicht gekürzte Version dieses Beitrags ist am 29.8.24 in der Sonderausgabe Weltwoche Grün erschienen.

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9 thoughts on “Ablasshandel wie in dunkelsten Zeiten”

  1. Ich habe in einem Leserbrief der NZZ vor 4 Jahren vorgerechnet: “Für die Gewinnung einer Tonne CO2 aus der Luft benötigt das System von Climeworks ca. 3200 Kilowattstunden (kWh) Energie (Wärme und Strom). Nutzt man dieselbe Menge CO2 aus der Verbrennung von Erdgas (Abgas), so gewinnt man 5000 kWh Energie.”

      1. Gemeint ist wohl ‘Bei der Verbrennung der Menge Erdgas, die 1 to CO2 erzeugt, gewinnt man 5000 kWh Energie’ [Heizwert], also nur etwa das 1.5-fache dessen, was bei der Abscheidung derselben Menge CO2 durch Climeworks verbraucht wird. Die CO2-Abscheidung ist also nicht mehr als eine sinnfreie Tinguely-Maschine.
        Die ‘normale’ CO2-Abscheidung, über die z.B. am 22.9. in der Stadt Zürich abgestimmt wird, benötigt übrigens beträchtliche Mengen an Chemikalien, genauer Ethanolaminen; diese Vorlage erwähnt knapp 200 kCHF Amin-Einkauf (und somit Verbrauch) für 20 kto CO2 jährlich, also rund 10 CHF für Amin (vermutlich 5 – 10 kg) pro to CO2. Wenns in den Händen der ‘richtigen’ Leute ist, stört offenbar auch die sonst verpönte Chemie nicht, wie beim Versprühen von garantiert niemals abbaubarem, toxischen Kupfer im Bio-Landbau.

  2. Wieder ein Beispiel, dass wir Menschen zu oft einfache aber falsche Antworten bevorzugen, weil die richtigen Antworten zu komplex sind. In diesem Fall gäbe es eigentlich genügend technisch Interessierte oder Ingenieure, die die Technik zur CO2 Verminderung in Bezug auf Kosten und Effizienz verstehen und auch erklären könnten. Zugegeben, Begriffe wie “Pre-” und “Post Combustion Carbon Capture” oder “Oxyfuel Combustion”, usw. sind für Laien nicht so einfach zu verstehen. Trotzdem ist es gar nicht so schwierig: In den Schornsteinen der Welt beträgt die CO2 Konzentration im Abgas, je nach Brennstoff und Verbrennungsprozess 3-20%. Das erwähnte “Pre-Combustion Carbon Capture” kann die Konzentration bis auf 60% steigern. Je höher die Konzentration von CO2 im Abgas, desto effizienter und günstiger die Abscheidung – falls der Wunsch danach besteht. Die Kosten sind aber nie wirklich gering.
    In der Luft um uns herum beträgt die CO2 Konzentration 0.04%, was physikalisch zu einer äusserst geringen Effizienz der Abscheidung und daher zu enorm hohen Kosten führt. Als Forschungsgegenstand sehr interessant, der niedrige Technology Readiness Level kann noch viele Projekte zur Verbesserung füllen: Zu hoher Energiebedarf für Ventilatoren und Heizung, zu niedrige Wirkungsgrade der Phasenkontakt- & Sorptionsmittel, zu geringe Selektivität von CO2 gegenüber anderen Gasen. Transport, Verpressung und Mineralisierung treiben die Kosten noch weiter nach oben.
    Direct Air Capture hätte die Entwicklungslabore eigentlich noch lange nicht verlassen, gäbe es da nicht das Marketing, auch ineffiziente Technologien mit Heilsversprechen zu bewerben. Und anscheinend viel billiges Geld, mit denen solche Ideen trotzdem realisiert werden. Leider fehlen dann diese Mittel für die Finanzierung von effizienten Lösungen. Aber da ist eben die Sehnsucht nach einfachen Antworten.

  3. Schon Paracelsus schrieb 1538 lautet: “Wenn ihr jedes Gift wollt recht auslegen, was ist, das nit Gift ist? Alle Ding sind Gift und nichts ohn Gift. Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.”

    Genau so ist es mit dem CO2. Natürlich wird das CO2 gebraucht für die Photosynthese und die meisten Pflanzen haben eine genetische Entwicklung dafür durchlaufen (es gibt einige, die mit höherer CO2- Konzentration besser wachsen). Das ist die eine Dosisfolge. Die zweite Dosisfolge ist die Auswirkung auf das Klima – und da sind Warnungen notwendig.

  4. Climeworks macht nichts Falsches! Sie folgen lediglich dem Geschäftsmodell „Es stehen jeden Tag dumme Leute auf, man muss sie nur finden.“
    Die gleiche Philosophie vertreten schliesslich auch die zahllosen sogenannten Klima-Spezialisten, die die Welt retten wollen in dem sie das Energieproblem mit erneuerbarem Flatterstrom lösen wollen. Für Windräder und PV-Anlagen gibt es in der Schweiz nur 1 Primärenergie und die heisst „Subventionen“. Aber auch das ist legal, wenn man die Dummen findet.

  5. Man könnte CO2 auch als Rohstoff für E-Fuel einsetzen.
    Die TU Berlin (www.tu.berlin) entwickelt ein entsprechendes Verfahren (H2 wird dabei direkt aus Wasser bezogen), siehe
    “CO2 als nachhaltiger Rohstoff” – TU Berlin stellt Tandem-Elektrolyseur für eine Kreislaufwirt-schaft mit Kohlendioxid vor 13.05.2024
    publiziert in der Schweizer Fachzeitschrift Chemiextra 7-8/2024

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