Prof. Eichenberger grüsst bereits aus der Zukunft

Der folgende futuristische Beitrag von Prof. Reiner Eichenberger erschien heute, 13. April 2023, in der Nr. 2 des neuen Weltwoche-Sonderhefts “Weltwoche grün”. Er wurde dem CCN von der Redaktion und vom Autor freundlicherweise zum Abdruck im Blog zur Verfügung gestellt.

Ich habe danach ersucht, weil Eichenbergers kurze Zukunftsbetrachtung vermutlich mehr zutreffende Energie- und Politökonomik enthält als die gesamten offiziellen energiepolitischen Planungsunterlagen der Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden und ihrer Berater seit Fukushima. 😉


Grüsse aus der Zukunft:
Und die Energieflut riss alles mit

Prädikat: sehr empfehlenswert!

In den 2020er Jahren versprachen die Regierungen mehr Wohlstand bei weniger Energieverbrauch. Ersteres trat ein. Die Weltwirtschaft wuchs, aber nicht wegen der Regierungen, sondern dank allgemeinem technologischem Fortschritt. Und der Energieverbrauch? Er hätte locker sinken können. Denn mit mehr Wohlstand und besserer Technologie kann man sich nicht nur mehr Energie leisten, sondern auch mehr Energieeffizienz und somit weniger Energieverbrauch.

Aber entgegen den schönen Regierungsversprechen brachte die Entwicklung nach 2023 einen allgemeinen Energierausch. Die westlichen Länder haben die sogenannten erneuerbaren Energien massivst subventioniert. Durch die Kosten verlangsamte sich zwar das Wirtschaftswachstum. Aber wenn die Energieproduktion subventioniert wird, muss das letztlich zu höherem Energieverbrauch führen. Der Mechanismus funktionierte im Detail so:

Um die fossilen Energieträger auch im Winter zu ersetzen, mussten die Erneuerbaren auf ein Vielfaches des durchschnittlichen Bedarfs ausgebaut werden. So herrschten zu den meisten Zeiten im Jahr totaler Stromüberfluss und Tiefstpreise – und deshalb Verbrauchswut. Die Bürger schafften sich viele stromfressende Geräte und Autos an. Weil sie aber diese auch dann nutzen wollten, wenn es keinen Wind und keine Sonne gab, drohten oft Blackouts. Um diese zu verhindern, wurde mit schnell zuschaltbaren Gaskraftwerken Notstrom hergestellt – ab 2035 angeblich klimaneutral, denn die Emissionen wurden durch DACCS, also «Direct Air Carbon Capture and Storage», wieder aus der Luft gefiltert. Natürlich war dies extrem energieintensiv. Deshalb wurde es in Länder ausgelagert, wo die Sonnen- und Windenergie für DACCS ausreichte, wo aber dann halt dafür der normale lokale Energieverbrauch mit Kern- und Kohlekraftwerken gedeckt wurde.

Schwellenländer tickten anders

Da die Subventions- und Regulierungsorgie im Westen einen massiven Rückgang der Nachfrage nach fossilen Energieträgern brachte, fielen deren Preise. Deshalb explodierte ihr Verbrauch in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Dort wollte sich einfach keine ernsthafte Besorgnis um den Klimawandel einstellen. Vielmehr dominierte das Gefühl, dass – falls dereinst doch noch schwere Probleme infolge des Klimawandels auftreten sollten – ja dank DACCS die Emissionen einfach kompensiert werden könnten. Auch argumentierten immer mehr Regierungen, dass sie nicht den vom Westen vorgespurten Weg der Defossilisierung gehen wollten. Das sei für sie viel zu teuer, und sie würden die knappen Ressourcen lieber einsetzen für den Schutz vor den für sie sowieso vorhandenen, viel gravierenderen Umweltrisiken durch Kälte, Hitze, Sturm, Hochwasser, Erdbeben et cetera, was zugleich auch die beste Vorbeugung gegen Klimaschäden sei.

Schliesslich lief der Energieverbrauch noch gänzlich aus dem Ruder, als sich immer mehr Länder entschieden, den Ersatz ihrer alten Kohlekraftwerke sowie den steigenden Energiebedarf nicht durch Flatterstrom aus Solar- und Windkraftwerken zu decken, sondern durch Kernkraft. Denn sie verstanden, was noch 2023 viele nicht verstanden hatten: Kernkraft braucht lange Bewilligungsverfahren – aber viel kürzere als Windkraft.

Denn entscheidend für die effiziente Energieversorgung ist nicht die Bewilligungs- und Bauzeit pro Kraftwerk, sondern diejenige pro werthaltige Kilowattstunde. Und dabei ist Kernkraft unschlagbar. So ergab sich dann, was schon 2023 prognostizierbar gewesen wäre: Die Energiestrategie der zwanziger Jahre versank in einer Flut aus Flatterstrom und Kernkraft.


Reiner Eichenberger ist Professor für Theorie der Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Universität Fribourg und Forschungsdirektor des CREMA.


Lesen Sie auch von Reiner Eichenberger und Markus Saurer den folgenden Beitrag – oder noch besser gleich die gesamte NZZ-Verlagsbeilage:

Infrastruktur — ob Verkehr, Energie oder Daten: gefragt ist echte Kostenwahrheit
(Reiner Eichenberger, Markus Saurer, NZZ-Verlagsbeilage, Erfolgreich und liberal –Reformideen für die Schweiz, 24. Dezember 2021, S. 12)


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18 thoughts on “Prof. Eichenberger grüsst bereits aus der Zukunft”

  1. Ich würde sagen: Träumt mal schön – der Eichenberger war ja schon immer ein irregeleiteter Fantast. Und nicht vergessen: Am Samstag ist Festtag – Deutschland stellt seine letzten 3 AKW endgültig ab!

    1. Sie scheinen ja zu den Klimaleugnern übergetreten zu sein, wenn das ein Fest wird für Sie. Aber ich danke Ihnen schon mal, dass Sie mit dieser Bemerkung bestimmt die Kommentierer animieren… 😉

    2. Fantasten sind diejenigen, die glauben eine Industrienation könne ihren Energiebedarf mit Sonnen- und Windenergie decken. Sogar bei ZDF und ARD hat man mitlerweile entdeckt, das das Abschalten der drei Kernkraftwerke absolut närrisch ist.

    3. Ausgerechnet die Abschaltung der ressourcenschonendsten und emissionsärmsten Kraftwerke im deutschen Arsenal bejubeln, auf die Idee muss man erstmal kommen.
      “Klimaschutz” ist die “Energiewende” jedenfalls nicht. Nach über 20 Jahren und hunderten von Milliarden Subventionen für wetterabhängige Energieerzeuger geringer Ergiebigkeit steht der deutsche Pro-Kopf-Ausstoss an CO2 immer noch doppelt so hoch wie in Ländern mit starkem Kernenergiestandbein wie Frankreich, Schweden oder die Schweiz.

        1. @Rehsche: Hatten Sie gehofft, es werde schon niemand so genau hinschauen und auch den darauffolgenden Absatz der Meldung der AG Energiebilanzen lesen?

          Dort steht zu lesen: “Im Bereich der Strom- und Wärmeerzeugung sind die CO₂-Emissionen vermutlich um rund 4,8 Prozent oder 9 Mio. t gestiegen. Rückgänge bei der Stromerzeugung aus Kernkraft und Erdgas wurden durch einen erhöhten Einsatz von Stein- und Braunkohle ausgeglichen, was zu einem Anstieg der CO₂-Intensivät in diesem Sektor führte. Die erhöhte Bereitstellung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen konnte diesen Effekt nicht ausgleichen.”

          Etwas weiter vorne findet sich der Grund, warum die Emissionen absolut sanken: Weil weniger Energie verbraucht wurde, und zwar “5,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Energieverbrauch fiel damit auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung … Der Stopp russischer Gasimporte, der Anstieg der Energiepreise, Maßnahmen zur Bekämpfung einer drohenden Energiekrise und Gasmangellage hatten einschneidende Auswirkungen auf die Versorgung und den Verbrauch von Energieträgern in Deutschland, ….”

          Die von Ihnen genannte Quelle stellt explizit fest, dass der Verzicht auf Kernenergie die Emissionen in die Höhe treibt. Haben Sie das nicht verstanden? Oder haben Sie ernsthaft geglaubt, dieses Publikum täuschen zu können?

        2. Ich habe mir diesen Bericht angesehen – quer, das reicht. Es reicht um zu sehen, dass der Verlauf der CO2-Emissionen in Deutschland mit dem Gesamtenergieverbrauch zu und abnimmt. Hingegen ist von einer Substitutionswirkung, dass also zunehmender Einsatz von Wind und Sonne die CO2-Belastung senken würde, nichts zu sehen.

          1. Dann versuchen wir es mal mit diesem Bericht – und sehen oder hören uns wieder im nächsten Jahr…. :
            GLOBALER STROM-MIX SO EMISSIONSARM WIE NIE
            Die Erzeugung einer Kilowattstunde Strom verursachte 2022 im globalen Durchschnitt CO2-Emissionen in Höhe von 436 Gramm – so wenig wie nie zuvor. Das geht aus dem Global Electricity Review 2023 von Ember hervor. Als wichtigsten Grund nennt der britische Think Tanks den Ausbau der Solar- und Windenergie, deren Anteil am weltweiten Strommix von zehn auf zwölf Prozent stieg. Die Erzeugung von Solarstrom nahm 2022 um 18 Prozent zu, die von Windstrom um 17 Prozent > pv-magazine.de 15.4.23 – https://www.pv-magazine.de/2023/04/12/globaler-strommix-war-2022-so-emissionsarm-wie-nie-zuvor/

    4. DER Jahrhundertfehler. Eine Tragödie. Viel mehr kann man zu dieser Dummheit Deutschlands gar nicht mehr sagen.

    5. Ach Herr Resche, schauen Sie doch einmal in den Spiegel, dann sehen Sie den grössten, irregeleiteten Fantasten, welcher sich regelmässig mit hohlen Kommentaren im CNN Blog meldet.
      Zudem – Samstag ist Festtag – welcher die Doppelbödigkeit der D-Energiepolitik zeigt. Man ist weiterhin Mitbesitzer von Kernkraftwerken in Schweden und wird ab 15. April 2023 auch noch mehr abhängig von den Kernkraftwerken in Frankreich.

    6. Es ist ein Fest der irregeleiteten Fantasten, die zum Glück in Deutschland inzwischen klar in der Minderheit sind. Die Umfragen der letzten ca. 12 Monaten in verschiedenen Medien zeigen konstant eine Mehrheit von ca. 70 % von AKW-Befürwortern! Siehe Civey.com, die Plattform, welche deutsche Umfragen zusammenführt. Die aktuelle Regierung missbraucht ihre Macht, wenn sie unter diesen Umständen an der Ausstiegspolitik festhält. Hoffentlich bekommen die betreffenden Parteien bei den nächsten Wahlen einen tüchtigen Denkzettel. Ebenfalls zu hoffen ist, dass die AKWs nicht rückgebaut, sondern solange eingemottet werden, bis eine volksnähere Regierung ans Ruder kommt.

    7. Weil eine schrumpfende Gruppe einfältiger Eingeborener ihr Seelenheil in überlieferten Anti-AKW-Ritualen sucht, schaltet Deutschland am Sonnabend emissionsarme Stromerzeugung ab. Die Welt außerhalb der DACH-Länder schaut kopfschüttelnd zu.

  2. Ich freue mich über die Aussage: Kernkraft braucht lange Bewilligungsverfahren, aber viel Kürzere als Wind! Ich möchte noch anfügen auch viel Kürzere als der Ausbau der Hochspanungsleitungen! Wir müssen endlich mit der Planung von SMRs in der Schweiz anfangen

  3. Leider scheint nur in SVP Kreisen klar geworden zu sein, dass mit einem Verzicht auf KKW die zukünftige Stromversorgung viel komplexer und teurer sein wird. Vermutlich müssen die Strompreise massiv weiter steigen und Stromabschaltungen im Winter endlich stattfinden, damit die Bevölkerung am morgen kalt duschen muss, und es ein Erwachen gibt!

    1. Oder die Strompreise steigen nicht – dank der im Überfluss vorhandenen Erneuerbaren Energien, die seit Jahren angedrohten Stromabschaltungen finden nie statt (Blackout ist ja eine alte Geschichte) und niemand duscht kalt. M.a.W. all das SVP-Gedöns trifft eben nicht ein und auch der Philipp Huber sieht sich eines Tages eines besseren belehrt….

      1. Realsatire? Das deutsche Gejammer über weltweit die höchsten Strompreise ist frei erfunden. Die Industrieverlagerung findet nicht statt. Die deutschen Stromimporte werden durch die AKW-Abschaltung nicht hochschnellen. Mit zunehmendem Versorgungsanteil der NEE in Deutschland hat dort die CO2-Belastung des Stromsektors nicht zugenommen. Der Aufruf der Deutschen an ganz Europa, Gas zu sparen, damit die deutschen Gasspeicher für den Winter aufgefüllt werden können, war keine energiewirtschaftliche Notwendigkeit, sondern nur ein Test der europäischen Solidarität für alle Fälle.

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