Leserfrage: Panikmache oder real?

Diese Frage erreichte uns heute aufgrund des jüngsten Klimabeitrags im Spiegel vom 13. Juli 2020 mit dem Titel: “Die Welt steuert auf den höchsten CO2-Wert in der Luft seit 3.3 Millionen Jahren zu – schon 2025.”

Kurze Antwort:

Das mit dem höchsten CO2-Wert ist real und trotzdem Panikmache. Heisst aber nicht, dass wir deshalb Öl weiter sorglos verbrennen sollten.

Etwas ausführlichere Antwort:

Zunächst ist festzustellen, dass im Bericht des Spiegels erdgeschichtlich ein paar Dinge durcheinander geraten sind. In der Antarktis gab es vor rund 100 – 70 Millionen Jahren Wälder. Sie vereiste vor rund 30 Millionen und ist seither eisbedeckt. Die Arktis begann vor rund 10 Millionen Jahren zu vereisen und war auch vor 3.3 Millionen Jahren vereist.

Tatsächlich war das Erdklima vor 3.3 Millionen Jahren wärmer als heute, erdgeschichtlich gesehen aber schon eine relative Kaltzeit. Die CO2-Konzentration lag zu jenem Erdalter über 400 ppm und sank danach bis unter 280 ppm, den ungefähren Wert den wir auch für die letzten paar hunderttausend Jahre kennen. Das entspricht einer Kaltzeit. In diese Zeit fällt die Geschichte des Homo sapiens.

Bei der Spiegelgeschichte muss man sich zwangsläufig die Frage stellen: Weshalb war es damals so warm? Wegen des CO2? Oder war die hohe CO2-Konzentration eine Folge des warmen Klimas? Für das Erdalter des Pliozän trifft auf jeden Fall letzteres zu. Warme Ozeane können weniger CO2-speichern, also erhöht sich die Konzentration in der Atmosphäre, was wiederum von der Biosphäre aufgenommen wird. Deshalb sind erdgeschichtlich Warmzeiten Blütezeiten des Lebens und der Biodiversität. In der Erdgeschichte war CO2 nie der Klimatreiber, immer die Folge des Klimas. Man kann es nie genug wiederholen: Korrelation und Kausalität sind nicht dasselbe.

Heute ist allerdings schon etwas anders: Die hohe CO2-Konzentration ist die Folge der Verbrennung fossiler Brennstoffe. Eine solch hohe CO2-Konzentration gab es zu Kaltzeiten nie, auf jeden Fall gibt es keine Hinweise dazu. CO2 ist eine, aber nicht die dominierende Steuerschraube des Klimas. Dominierendes Klimagas ist der Wasserdampf. Dazu kommen noch andere wichtige Effekte wie Albedo und Aerosole, welche die Klimasteuerung nicht einfacher machen. Nicht vergessen: Die Gletscherschmelze, also der aktuelle Erwärmungstrend hat bereits im vorletzten Jahrhundert begonnen, bevor Erdöl im grossen Stil verbrannt wurde. Die Regelmechanismen des Klimas sind wesentlich komplexer und lassen sich nicht einfach mit einem einzigen Spurengas steuern.

Und vor allem: Wenn heute, genau jetzt, die ganze Menschheit aufhört zu atmen und zu konsumieren, also Brutto-Null-Emissionen ab heute, würde sich das Klima noch bis weit über das Ende des Jahrhunderts weiter erwärmen. Der Supertanker Klima ist nicht in Jahren zu steuern, sondern in Jahrhunderten. In dieser Zeit haben hoffentlich noch ein paar gescheitere Innovationen Platz als nur Windräder und chemische Batterien.

Dass bei +1.5 Grad irgendwelche Kippunkte erreicht würden, ist reine Spekulation. Das hat keine wissenschaftliche Basis und darf als BS klassifiziert werden. Und doch ist das kein Freipass beliebig Fossile zu verbrennen. Von denen müssen wir über kurz oder lang weg. Aber dann bitte mit etwas Effizienterem und nicht mit einer Materialschlacht und Ressourcenverschleiss. Zum Wirtschaftswachstum als Motor der Ressourcenschonung lesen Sie am besten den ausgezeichneten Beitrag von Christoph Eisenring in der NZZ vom 14. Juli.

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1 thought on “Leserfrage: Panikmache oder real?”

  1. Merci für den Artikel. Gesünderen Menschenverstand kann man kaum erwarten – leider rarer als rare Erde.

    Klimasektierer übertönen diese ‘voices of reason’. Niemand bei unseren ‘mainstream’ Medien scheint er zu stören, der Humbug, den diese Hysteriker herumposaunen: “100 months to save the world – Climate change – the final countdown – we have only 100 months to avoid disaster”.

    Nur ein Beispiel von der willigen Plattform für extremen Klimaschmarren, The Guardian. Am 1. August 2008…
    https://www.theguardian.com/environment/2008/aug/01/climatechange.carbonemissions

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