Economiesuisse Präsident will energiepolitisches Kriegsbeil mit ungesunder Friedenspfeife ersetzen

NZZ am Sonntag, 30. April 2023

Dem derzeitigen Präsidenten von Economiesuisse Christoph Mäder kann man zwar nicht vorwerfen, dass sein Verband seinerzeit die verfehlte Energiepolitik von alt Bundesrätin Doris Leuthard unterstützt hat. Mäder war damals noch nicht im Amt. Gut möglich, dass er eine andere Position durchgesetzt hätte. Aber Economiesuisse hat sich leider diese Verantwortung aufgeladen.

In seinem Gastkommentar/Der externe Standpunkt in der NZZ am Sonntag (s. Bild) wünscht nun Mäder der Schweiz, dass im Kampf zwischen «Solarturbos», «Atombaronen», «Wasserkraftfreunden» und «Windpäpsten» endlich das «Kriegsbeil» begraben werde. Denn wie in Deutschland zeichne sich ab, «dass der eingeschlagene Weg uns in die dreckigen Arme der fossilen Energien treibt, wie die Energiepolitiker Martin Bäumle und Roger Nordmann kürzlich in einem vielbeachteten Artikel beschreiben.» Dass Mäder ausgerechnet diese beiden Chefideologen der totalversagenden schweizerischen Energiepolitik zitiert, wollen wir einmal als Witz oder Satire verstehen…

Für Mäder ist nun aber klar, dass wir für die künftige Versorgungssicherheit und die Dekarbonisierung die Stromproduktion massiv ausbauen müssen.

Nebenbei erwähnt, wäre dies auch anlässlich der Volksabstimmung im Jahr 2017 zur Energie«strategie» 2050 (EnG) schon völlig klar gewesen. Schon damals war nämlich ebenso klar, dass die Schweiz das Pariser Abkommen zur Dekarbonisierung («Netto-Null») ratifizieren würde. Leuthards Vorlage enthielt den Grundlagenirrtum, dass der Stromkonsum leicht abnehmen würde. Im Grunde genommen müsste die Volksabstimmung aufgrund dieses Irrtums oder dieser Irreführung für ungültig erklärt werden!

Wie auch immer, sieht nun Mäder für diesen nötigen massiven Ausbau der Produktion die Frage nach der geeigneten Technologie als «Gretchenfrage», die sich «gar nicht mehr stellt»: «Wir brauchen jetzt viel von allen klimaneutralen Stromquellen. Wir brauchen Wasser-, Solar-, Wind- und Kernenergie und wohl auch neue Technologien wie Geothermie oder Fusionskraft obendrauf, sollten diese einst die Marktreife erlangen.»

Gut, dass Mäder nicht noch gleich anfügt: «Koste, was es wolle». Nein, er verlangt vielmehr eine leistungsorientierte und technologieneutrale Vergabe von Fördermitteln – zumal eine «effiziente Ausrichtung auf den dringend benötigten Winterstrom.»

«Mehr von allem» ist falsch

Aber falsch ist diese «Mehr von allem-Mentalität» trotzdem. Sie führt offensichtlich zu einem ineffizienten Produktionsmix. Da die Schweiz aus verschiedenen technisch-ökonomischen und institutionellen Gründen weder ein Wind- noch ein Solarland ist, besteht die

dominierende Versorgungsstrategie
klar in einem Mix aus Wasser- und Kernkraft.

Genauso wie es noch vor Fukushima nach langer Debatte Konsens geworden war. Daran hat bei eingehender Analyse weder Fukushima noch das Pariser Abkommen etwas verändert. Den neuen erneuerbaren Energien, die aufgrund ihres exorbitanten relativen Ressourcenbedarfs effektiv alles andere als erneuerbar oder nachhaltig sind, bleibt bestenfalls eine Nischenfunktion – etwa der Betrieb einer Melkmaschine mit Solarenergie und Batterie auf einer entlegenen Alp und dgl. mehr.

Der neue UVEK-Chef Bundesrat Rösti lässt leider auch schon die «Mehr von allem- Mentalität» durchschimmern, wie auch das Parlament mit seinen unreflektierten Ausbau-Beschleunigungsinitiativen (z.B. für hochalpine Solaranlagen, bei denen es allein um die Zeit zu gehen scheint – Kosten spielen keine Rolle, und Berechnungen von energetischen Erntefaktoren oder Treibhausgasbilanzen wurden noch keine vorgelegt).

Das Ganze Halt!

Wir müssen uns jetzt die Zeit nehmen, um die dominierende Strategie der mittel- bis langfristigen Versorgung und Dekarbonisierung zu verifizieren. Dann und erst dann sind wir in der Lage, das institutionelle Setting zu entwickeln, dass die Schweiz auf den ökonomisch wie ökologisch effizienten Pfad führt.

Daraus folgt selbstverständlich auch, dass das Klimaschutzgesetz am 18. Juni abgelehnt werden muss.

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21 thoughts on “Economiesuisse Präsident will energiepolitisches Kriegsbeil mit ungesunder Friedenspfeife ersetzen”

  1. Sie haben schon recht, aber mit dem Kopf durch die Wand werden wir wahrscheinlich das Ziel, die Aufhebung des AKW – Verbotsartikel nicht erreichen. Das ist die Grundvoraussetzung um der Kernkraft in der Schweiz wieder Auftrieb zu geben. Bundesrat Rösti denkt wahrscheinlich auch so. Wie heisst es doch so schön: Man muss die „Märe“ tätscheln und zum Fohlen zu kommen!

    1. Nun, ich fordere ja gerade ein reflektierteres Vorgehen. Für mich geht mit dem Kopf durch die Wand, wer jetzt einfach alles fördern will, was noch irgend eine kWh beitragen kann. Wenn nur noch die Zeit zum Markt (time to market) eine Rolle spielt, kommt es in langfristigen Anlagen sicher nicht gut.

    2. Genau, nur so kann man Mehrheiten für neue KKW wieder bilden. Wir müssen auch die nächsten 20 Jahre überbrücken, sonst werden wir wirklich früher oder später kalt duschen müssen …

      1. Die Erneuerbaren liefern netto so wenig, und ihr Ausbau dauert so lange, dass wir mit ihnen keine Lücken überbrücken können. Dazu brauchen wir wohl jetzt Gaskraftwerke. Wären wir nach Fukushima bei der alten Nuklearstrategie geblieben, drohten uns keine Versorgungslücken.

        Mit den hochalpinen Landschaftsverschandelungen werden wir nichts erreichen, eben ausser Landschaftsverschandelungen. Mit Windrädern werden wir auch nichts erreichen. Mit PV-Anlagen auf Gebäuden und in den Flächen der Niederungen werden wir nur zur Überproduktion im Sommer und zu den Preisirritationen an den Märkten (negative Preise) beitragen. Sofern wir überhaupt Leitungen haben, um den Strom abzuführen.

        Die Dekarbonisierung des Verkehrs und der Heizungen muss unverzüglich gestoppt werden.

        1. Das ist Wunschdenken, kontraproduktiv und nicht mehrheitsfähig! Autobatterien können wenn die Sonne scheint tagsüber geladen werden, Wasser und Wohnungen kann man dann auch aufwärmen. Für neue KKW gibt es zurzeit keine Mehrheiten in der Schweiz, ohne Gaskraftwerke wird es sowieso nicht gehen. Das ist Realpolitik!

    3. In den letzten beiden Monaten habe ich an mehreren Standaktionen zur Unterschriftensammlung für die Initiative «Blackout stoppen» teilgenommen. In zahllosen Gesprächen habe ich den Eindruck gewonnen, dass in der Bevölkerung das Umdenken zugunsten der Kernenergie bereits weit fortgeschritten ist. Das zeigte auch die Umfrage von Sotomo im Auftrag von Ringier. Lediglich in der Politik scheint dieser Wandel noch nicht angekommen zu sein. Falls die kommenden Wahlen ein repräsentativeres Parlament hervorbringen, könnte ein forscheres Vorgehen durchaus Erfolg haben.

  2. “Kosten spielen keine Rolle, und Berechnungen von energetischen Erntefaktoren oder Treibhausgasbilanzen wurden noch keine vorgelegt).”
    Auch fehlen die Netzausbaukosten, Angaben über die durch die Allgemeinheit zu finanzierenden Subventionen und natürlich auch die Rückbaukosten (nach der 20 – 25 Jahre dauernden Lebenserwartung bei Wind- und Solarenergie).
    Offenbar braucht es nach der Economiesuisse bei öffentlichen Vorhaben weder Kostenplanungen noch ein Rechnungswesen.

  3. NEIN zum CO2 Gesetz 18.Juni 2023.
    Jährlich sollen bis 9’556’000 Tonnen Verbrauch von Ölprodukten, Benzin, Diesel, Heizöl, Gas gesenkt werden, bis 2050 auf Netto-Null CO2 Emissionen.
    👉ERSATZ vermutlich mit Strom, Elektromobilität, Wärmepumpen udgl.
    DER STROMVERBRAUCH KANN UNMÖGLICH GRÖSSER SEIN ALS DESSEN PRODUKTION

    1. Geschäft mit dem Unwissen.
      Gemäss Werbung, könnten x-tausend Haushalte mit Wind- und Solarstrom versorgt werden. Aber es ist nicht bekannt, dass wegen Dunkelheit und Windstille x-tausend Stunden und Momente pro Jahr kein Strom produziert wird, ablesbar an allen Solar und Wind Anlagen. Der Verbrauch kann unmöglich grösser sein als die Produktion. Der Strom kann dann also nur aus Kraftwerken und Speichern mit anpassbarer Leistung geliefert werden, mit KKW?

  4. Schon seit vielen Jahren macht es mir Mühe mit Exponenten für “erneuerbare” Energien zu diskutieren. Ich bin zum Schluss gekommen, dass nicht sachliche Erwägungen, sondern destruktive Ideologisierung die Hauptmotivation darstellen. What ever it takes! Dieses pathologische Verhalten nenne ich “Pandemische klimatisch-energetische Enzephalopathie”. Was zuerst in den deutschsprachigen Ländern endemisch begonnen hat, ist nun leider zur Pandemie ausgewachsen.

  5. Ich mache die gleichen Erfahrungen wie Herr Spörri. Meine Medizin für die “Genesung” der Exponenten: Halbvolle Stauseen im nächsten Herbst, kalter Winter und als F0lge einige europaweiten Stromausfälle. Nach dem alten Sprichwort “Aus Schaden wird man klug” werden wir darnach einen Meinungsumschwung haben.

  6. Herr Erne scheint nicht zu realisieren, dass die Energieexperten völlig versagt haben. Sie sind es die den mehrheitlich völlig inkompetenten Politikern in die Hand gespielt und das Volk dabei vergessen haben. Sie sind deshalb für den aktuellen Notstand verantwortlich. Bleibt nur zu hoffen, dass die dummen Laien es ohne Experten in den Abstimmungen doch noch hinkriegen.

    1. Das sehe ich auch so. Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE begann sich nach Fukushima erst gegen die Leuthard’sche Politik zu wehren. Michael Frank, der Verbandsdirektor, erschien an einem Whitboard und erklärte grafisch, warum diese Politik über kurz oder lang ins Verderben führen würde. Das wurde auch in VSE-Studien belegt. Aber Leuthard begann, wie wild mit Subventionen und Forschungsaufträgen/-geldern um sich zu werfen und hat sie alle sozusagen gekauft, die Branche, die ETH, Universitäten. Die Medien waren schon von sich aus blöd genug, wurden von Leuthard bei Bedarf aber auch gemassregelt…

      Vom mir aus stehen sie nun alle in der Verantwortung – erst recht diejenigen, die sich von Leuthard vereinnahmen oder gar kaufen liessen.

  7. Je ne crois pas que l’on va bientôt enterrer la hache de guerre et fumer le calumet de la paix!
    Dans les «Szenariorahmen für Stromnetzplanung 2030/2040» (https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/news-und-medien/medienmitteilungen/mm-test.msg-id-91846.html) où le Conseil fédéral a implicitement prévu 24 GWp de photovoltaïque en 2040!
    On calcule que, sur les 17 ans qui nous en séparent (avec les 4 GWp déjà installés), il faudra mettre en service chaque jour ouvrable en Suisse 4,52 MWp, soit l’équivalent de 452 installations PV domestiques de 10 kWp. Qui peut croire cela? Il faut rester réaliste.
    Rappelons l’effet que feraient ces 24 GW de PV soudain totalement actif en plein midi d’été sur un réseau électrique qui n’est pas dimensionné, et de loin, pour encaisser une telle puissance (demande moyenne de 7 GW, minimale de 4 GW et maximale de 12 GW), même pour transmettre toute cette surabondance d’énergie dans de futures installations de stockage.

    1. Ja, es wird überall gross geschwatzt und fabuliert (bavardé et fabulé), ohne dass man sich mit den möglichen Grenzen und anderen limitationalen Fakten beschäftigt. Dass das die Politiker machen, lässt sich wohl nicht vermeiden. Aber die Leute des UVEK, des BFE und des BAFU tun es – diese muss man deshalb endlich ersetzen.

    2. Comptons environ 20’000 MW de pointe par beau temps, cela permettra de recharger les batteries d’un million de voitures électriques avec 20 kW de puissance de charge. Voilà pourquoi nous aurons besoin de tant de puissance à l’avenir. Quand il fait beau, on prendra le vélo ou on ira faire une promenade à pied et recharger entretemps sa voiture soit à la maison, soit au travail. Si l’on a installé des panneaux solaires sur son toit, c’est idéal. En hiver quand le soleil ne brille pas, on reste à la maison ou on prend le train ou le bus à la place de la voiture. Ou est le problème?

      1. Un futur parc de 4,5 millions de voitures électriques (VEL), avec des batteries d’une capacité de 100 kWh, est capable de stocker au total 450 GWh d’énergie.
        Oui, bien sûr, on peut stocker, disons, 170 GWh, soit l’équivalent de 20 GW x 8,5 h, dans des batteries de VEL. Cela du seul point de vue de l’énergie nécessaire pour 1,7 millions de VEL.
        Mais vous oubliez la puissance totale en jeu nécessaire : ces 20 GW, soit 11,76 kW par VEL, simultanément demandés, sont bien plus élevés que le maximum de 12 GW actuel.
        Même en petites dizaines de kW ici ou là, il faut que ce total passe par des lignes électriques. Le réseau suisse, depuis la haute tension jusqu’en basse tension, n’est pas prévu pour gérer une telle puissance. Comme déjà dit, la demande moyenne est de 7 GW, allant de 4 à 12 GW. Ces 20 GW sont ingérables avec le réseau actuel.

  8. N’ayez crainte / fürchtet Euch nicht!
    Es gibt auch einige tröstliche Nachrichten:
    so schnell wie es die Solarturbos wollen, können zusätzliche Solarpanels gar nicht montiert werden, da es nicht nur an Panels, sondern auch an ausgebildeten Monteuren fehlt.
    Aehnliches gilt für Wärmepumpen.
    Alpine Gross-Solaranlagen werden aufgrund der vom BFE laufend aufgebauten Hindernisse (insbesondere Termine) kaum je gebaut werden.
    Wenn die ganze EU E-Autos kauft, wird es auch dort zu immer grössern Liefer-Engpässen kommen (Batterien!). Das dürfte dazu führen, dass alte Benziner immer und immer wieder repariert werden. Kuba hat uns vorgemacht, wie das geht.

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