Das Elektroauto – ein Provisorium

Nicht nur Marek Reichman, „Chief Creative Officer“ von Aston Martin, hält die Elektromobilität für eine Übergangslösung.

Während man in Europa noch glaubt, die Tendenz gehe eindeutig, immer schneller und unaufhaltsam in Richtung E-Auto, ist das Ende des Verbrennungsmotors fast im gesamten Rest der Welt kein Thema. Und wo weder eine aktuelle Marketingkampagne zu begleiten ist noch Verhandlungen über die nächste Runde staatlicher Subventionen bevorstehen, da trauen sich inzwischen immer mehr Entscheider der Industrie aus der Deckung und sagen offen ihre Meinung. So auch Marek Reichman, „Chief Creative Officer“ von Aston Martin, in einem Gespräch mit dem australischen Magazin „Drive:

Die Elektrifizierung des Autos hält er keineswegs für “die Lösung”. Er sieht darin nur einen evolutionären Zwischenschritt auf dem Weg zu “Null-Kraftstoffen” wie Biokraftstoff und Wasserstoff. Es gebe eine Reihe von Hürden, die verhindern, dass der Elektroantrieb mit dem über hundert Jahre bewährten Verbrennungsmotor konkurrieren kann:

  • Eine Aufladung in zwei Minuten, wie von Tankstellen gewohnt, werde es nie geben.
  • Woher sollen die Rohstoffe für Millionen Batterien kommen? Und das jedes Jahr?
  • Die nationalen Stromnetze und die elektrische Infrastruktur seien für diesen neuen Verbraucher ungeeignet; daran könnten innerhalb der bestehenden Netze weder Ladestationen noch die Aufladung in der heimischen Garage etwas ändern.

Reichman zufolge bieten PtG und PtL (Biokraftstoffe, E-Fuels und Wasserstoff) das größere Potenzial, sich zu einer langfristigen Energiequelle für den Verkehr zu entwickeln. Noch werde der Verbrennungsmotor geschmäht, aber das werde sich ändern, sobald Null-Emissions-Kraftstoffe verfügbar sind.

Reichman steht mit dieser Einschätzung nicht allein. Praktisch alle Automanager teilen seine Meinung. Was sie hingegen den Journalisten erzählen, hängt vorrangig davon ab, ob gewisse von ihnen zu verantwortende Investitionen in Milliardenhöhe sich innerhalb der Laufzeit ihrer Zielvereinbarungen rentieren müssen.
Tatsächlich dient die große Transformation der Autoindustrie einzig dem Zweck, Strafzahlungen zu entgehen und Subventionen einzustreichen. Im Grunde erwarten alle Hersteller, dass der Markthochlauf scheitern und es nicht zu einer Ablösung des Verbrenners kommen wird. *

Dafür wird es mehrere Gründe geben:

  • Die Kaufverweigerung der Kunden:
    Immer mehr Interessenten haben verstanden, dass praxistaugliche Reichweiten zu erschwinglichen Preisen ebenso wie die Aufladung in zwei bis drei Minuten ein Traum bleiben werden. Die Skepsis nimmt zu, wie die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau zu ihrem eigenen Erstaunen vor kurzem feststellen musste.
  • Das Haushaltsdefizit des Staats:
    Eine Energiewende, welche die Verschrottung fast der gesamten Infrastruktur plant, wird Knappheiten an Ressourcen aller Art auslösen. Es wird an Personal, Rohstoffen, Zeit und Geld mangeln. Die Subventionen für E-Autos werden daher eher früher als später entfallen müssen.
  • Der zukünftige Konsens der wissenschaftlichen Veröffentlichungen:
    Wissenschaftler werden ihre Fähnchen dann erneut nach dem Wind ausrichten und fortan in einer Vielzahl staatlich geförderter Auftragsgutachten die verheerende Ineffizenz der Elektromobilität als Mittel zur Senkung der Treibhausgasemissionen bestätigen.

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Dieser Beitrag ist etwas ausführlicher auch auf dem Blog des Autors erschienen.


* Tesla dürfte dies nicht unbedingt erwarten, aber gewiss befürchten. Manager von Toyota, Mazda und Stellantis haben sich ähnlich skeptisch geäußert. BMW pocht immerhin auf Technologieoffenheit.

Bildquelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/thumb/8/84/Aston_Martin.svg/640px-Aston_Martin.svg.png

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6 thoughts on “Das Elektroauto – ein Provisorium”

  1. Immer, wenn ich den Begriff “Übergangstechnologie” lese, stelle ich die Frage: “Übergang wohin?” Offenbar gemäss Autor in diesem Fall zu Wasserstoff und/oder Synfuels.
    Ein Wasserstoffauto ist ein Elektroauto. Allerdings eines, das den Strom “on board” erzeugt. Aus Wasserstoff. Woher kommt der Wasserstoff? Man muss ihn herstellen – mit Strom. Also ein teurer Umweg – eine Energievergeudung.
    Synfuels sind noch schlimmer. Bei ihrer Synthese gehen mehr als 50% der ursprünglichen Energie verloren. Und wenn das Synthesebenzin endlich im Tank ist,
    muss es erst in Fahrleistung umgewandelt werden. Dabei gehen, wie beim alten Benzin nochmals 75 bis 80% verloren.
    Strom aus modernen Kernkraftwerken direkt in die Feststoffbaterie (ja, die Lithiumbatterie, das IST eine Übergangslösung) ist die eleganteste, günstigste und nachhaltigste Art, ein Fahrzeug anzutreiben. Die Vorteile sind so gross, dass der Nachteil der Ladedauer überhaupt nicht ins Gewicht fällt. Ich rede aus Erfahrung: Ich fahre seit 12 Jahren ausschliesslich elektrisch.

    1. In der Verwendung von Wasserstoff als Motoren-Kraftstoff kann auch ich in Europa keinen Sinn erkennen.
      Bei Synfuels jedoch liegt der Fall ganz anders. Mehr dazu dort:

      Politisch gewollte Irreführung zur Wirtschaftlichkeit von Synfuels
      Der langfristig knappe Ökostrom wird für notwendige Anwendungen reserviert werden. Die Energie für zusätzliche Luxusverbraucher wie E-Autos wird v.a. aus der Rückverstromung von Synfuels stammen. Damit entfällt der Effizienzvorteil der Elektromobilität.
      https://derelektroautoschwindel.wordpress.com/2022/03/20/politisch-gewollte-irrefuhrung-zur-wirtschaftlichkeit-von-synfuels/

    2. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, verfügen Sie über eine 12-jährige Erfahrung im Umgang mit E-Autos, welche mit Lithium-Batterien ausgerüstet waren, und welche keineswegs mit Strom aus modernen Kernkraftwerken , sondern jeweils mit Fossilstrom (=Grenzstrom) geladen wurden. Es wird im nächsten Jahrzehnt in der Schweiz weder moderne Kernkraftwerke noch taugliche Feststoffbatterien geben. Schon aufgrund Ihres Jahrgangs werden Sie also keine diesbezüglichen Erfahrungen mehr machen können, weil Ihre Fahrtauglichkeit dannzumal nicht mehr gegeben sein wird. Vielleicht werden wir beide es aber noch erleben, dass die derzeit grassierende Carbophobie zusammenbricht wie ein vom Wind verwehtes Kartenhaus.

  2. Ein interessanter Beitrag – vielen Dank Kai Ruhsert. Wie Simon Aegerter Nachhaltigkeit definiert, wäre interessant zu wissen. Oder wie sich seiner Meinung nach die Batterien verbessern sollen. Wie auch immer, fliessen in dieses Systeme so viele endliche Rohstoffe ein, dass m.E. von Nachhaltigkeit nicht die Rede sein kann. Wenn an den CO2-Reduktionszielen festgehalten werden soll, werden wir auf Dauer nur noch autofahren, wenn ein technologischer Quantensprung erfolgt – ob im Batteriewesen oder im Synfuelwesen. Und ohne Nuklearstrom können wir es sowieso vergessen.

    Aber wirklich wichtig ist die Grenzstromsache. Heute werden Milliardensubventionen ausgerichtet, die unweigerlich den Verbrauch von Kohle- und Gasstrom ankurbeln… Was ist denn eigentlich mit dem Ingenieurwesen los, dass man nicht in der Lage scheint, Ursachen und Wirkungen mit Kalkül statt mit Gefühl zu erfassen?

    1. Für mich ohne jeden Zweifel wäre ein schneller Ausbau der Kernenergie der mit großem Abstand umwelt- und ressourcenschonendste Weg, um die Energieversorgung zu sichern.
      Der Anteil der Kernkraftwerke an der gesamten globalen Energieversorgung bewegt sich indes im unteren einstelligen Prozentbereich. Das wird man also schon noch mit anderen Energiewandlern kombinieren müssen (sofern man an der hohen Priorität der CO2-Emissionsvermeidung festhalten will).

      Bei PV und Wind ist zu bedenken, dass identische Anlagen an fernen Standorten mit mehr Wind oder Sonne zwei- bis dreifache Erträge erbringen – siehe z.B. diese Arbeit von Frontier Economics: https://www.frontier-economics.com/media/4297/rpt-frontier-uniti_mwv_effizienz-antriebssysteme_26-10-2020-stc.pdf
      Zitat daraus: „Der Betrieb eines Pkw mit grünem PtL erfordert rechnerisch eine PV-Kapazität von 6 kW in Nordafrika, ein Pkw mit Batterie mit 5,7 kW fast ebenso viel in Deutschland.“

  3. Der Schein trügt: Dass das Ingenieurwesen durchaus in der Lage ist, Ursachen und Wirkungen mit Kalkül statt mit Gefühl zu erfassen, zeigen beispielsweise die Blogbeiträge der Herren Ferroni, Höhener und Ruhset: Ingenieure denken nicht nur logisch, sondern auch analytisch! Kenntnisse in Mess-& Regeltechnik UND ein Gefühl für Grössenordnungen sind dabei besonders hilfreich.

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