Windige Träume

Duplik zu Rudolf Rechsteiners Replik in der NNZ aSo vom 5. Jan. 2022: Solar- und Windstrom sind effizienter

Rechsteiner singt das hohe Lied der Fortschritte, welche besonders bezüglich Windturbinen- Technik in den vergangenen Jahren gemacht wurden: So wird argumentiert, dass vor „25 Jahren eine grosse Windturbine mit einem Gewicht von 150 Tonnen eine Leistung von 500 kW hatte und Strom für 500 Haushalte lieferte. Heute liefert eine off-shore Windturbine mit 1‘300 Tonnen Gewicht und 10‘000 kW Leistung und einem Rotordurchmesser von 164 m Strom für 10‘000 Haushalte – eine Verbesserung um Faktor fünf“.

Wie man mit diesen Zahlen auf einen Faktor fünf (5) kommt, bleibt wohl Rechsteiner’s Rechen- Geheimnis.

Rechsteiner blendet in seinem Artikel die Realität vollkommen aus. In Europa (inkl. offshore) warteten 2019 Windkraftanlagen mit im Mittel nominell 198 GW auf Wind. Betrachten wir die EU weite Windproduktion im Zeitraum Januar – Februar 2019 (gemäss ENTSO-e).  Die Lastdiagramme über Europa zeigen, dass die in der Summe maximal ins Netz eingespeiste Leistung etwa 50% betrug, dies allerdings nur während einer sehr kurzen Zeitperiode (Abbildung 1). Im Durchschnitt betrug das Leistungsmanko der Windturbinen 75% und während rund 25% der Zeit etwa 88%. 

bbildung 1A

Auch wenn man die Europäische Windproduktion über ganze Jahr 2020 betrachtet (Abbildung 2), so erkennt man leicht, dass die akkumulierten Leistungsspitzen nur für sehr kurze Zeit die 50% Marke erreichen und über das ganze Jahr verteilt etwa 80% der installierten Leistung fehlen. Und während etwa 20% der Zeit fehlen über 90%. 

Abbildung 2: Installierter Wind-Leistung- Jahres Mittelwert  212.4 GW

Herr Rechsteiner müsste einmal konkret erklären, wie er die Produktionslücken füllen will und wie er die Ineffizienz des Systems erklären will, wenn man für 100% investieren soll – nicht nur in Turbinen, sondern eben auch in die unverzichtbaren Systemkomponenten, wie Netz und Speicher – und am Ende im Mittel bestenfalls 25% der Erwartungen als Ertrag anfallen. 

Solche Ineffizienz ist systembedingt, unbesehen davon wie gross, fortschrittlich und allenfalls auch kostengünstig Windturbinen neuester Technologie sind. 

Auch zeigen die Diagramme, was von der immer wieder vorgebrachten Aussage zu halten ist, dass eine Windturbine für so und so viele Haushalte Strom liefere. Das ist eine statistische Aussage, aber eine unsinnige. Sie hat mit der Realität nichts zu tun. Der individuelle Haushalt hat ein Strombedarf der sich nicht nach dem Wind richtet. Ein Haushalt kann weder mit einer Flaute noch mit einem Überfluss etwas anfangen. Das müsste einem Ökonomen eigentlich auch klar sein.

Facebooktwitterlinkedinmail

8 thoughts on “Windige Träume”

  1. Die Erkärungen von Herrn Höhener erscheinen mir – als technisch nicht ausgebildeter Laie – plausibel. Die Volatilität der Windkraft ist wohl jedem einigermassen geschulten Menschen klar. Die Graphiken zeigen dies zudem anschaulich. Was mich immer wieder erstaunt ist die Tatsache, dass unsere weltweit bekannte Spitzenschule für technologische Forschung – die ETHZ/EPUL – in diesen im Rahmen der Energiewende wichtigen Fragen keine Stellungnahme bekannt gibt, wie sie zur Information der Politik und der Bürger eigentlich unerlässlich wäre.

  2. Es ist sogar verheerend wie viele Ökonomen einfach die kWh Kosten der PV und der Windenergie mit den kWh Kosten von flexiblen und schnell verfügbaren Kraftwerken vergleichen. Das kann man höchstens tun, solange die Summe der Produktion dieser Erneuerbaren tiefer als die Last (Stromverbrauch) in der Region, wo sie ins Netz einspeisen, liegt. Das wird mit der Zunahme der Erneuerbaren in Zukunft immer weniger der Fall sein. Die überschüssige Produktion der Erneuerbaren ist effektiv wertlos, wenn sie nicht kostengünstig zwischengespeichert werden kann. Ich nehme immer wieder teil an Webinars von ACER (Verband der europäischen Regulatoren) und muss immer wieder feststellen wie die vielen Juristen und Ökonomen, die dort prominent vertreten sind, wenig von der Komplexität der elektrischen Energieversorgung verstehen. Die Strommarktliberalisierung vor 20 Jahren hat die Verantwortlichkeiten für die Stromversorgung grundlegend verändert und dazu geführt, dass die gesicherten Leistungsreserven, welche entscheidend für eine sichere Stromversorgung sind, ständig abgebaut wurden. Richtige ökonomische Anreize für einen Erhalt dieser Reserven fehlen aber gänzlich im heutigen Marktdesign.

    1. Gemach – diese Überlegungen bezüglich der Systemkosten gehören ja wohl zuallererst angewendet auf die Atomkraft. Da sind sehr viele Systemkosten (Versicherungsdeckung von Grossschäden, aber wohl auch Entsorgungskosten und Terrorfolgen) keinesfalls berücksichtigt in den KWh. Und selbst wenn Sie die heutigen Kosten von Wind- und Solarstrom mit einem Systemzuschlag belegen (Sie schreiben selbst, dass das vorderhand bei Photovoltaik gar noch nicht aktuell ist), sind diese Erzeugungsarten immer noch günstiger als Atomstrom aus neuen AKW!

      1. Es ist erschreckend wie anscheinend ordentlich ausgebildete Leute wie Herr Rehsche faktenresistent am Thema vorbei schreiben und geradezu unheimlich, elementarste Logik, ja simples 1 x 1, einfach ausblenden können.

        Sogar die unverdächtige Agora Energiewende Denkfabrik in Deutschland errechnet für 2040 mit 86 % EE mit einer Residuallast von bis zu 60 % , also Defizit, wenn die Erneuerbare Erzeugung nicht ausreicht. Das soll gedeckt werden durch Importe (woher?), Speicher (erforderliche Dimension reine Utopie) und regelbare Kraftwerke. Also doch Klartext: Gas, Kohle (anstatt saubere AKW’s!). https://tinyurl.com/bdhht23s

        Was die Schweiz betrifft wurden wir 2017 durch Leuthardt ‘versegglet’, wir haben mit nutzlosen Studien über Studien, peniblen Basteleien, Wind, Sonne Irrwegen wertvolle Zeit vergeudet und dabei unsere sichere, weltweit beste Stromversorgung richtiggehend verludert.

        Jetzt wo endlich fast überall realisiert wird, dass wir elektrisch an die Wand fahren, möchte man sagen: koste es was es wolle, wir müssen sofort die grösste Bedrohung, Strommangel (offiziell, BABS) von unserem Land fernhalten sonst drohen uns nicht nur hunderte von Milliarden Schäden sondern totaler Zusammenbruch der Wirtschaft, Verteilungskämpfe, soziale Unruhen. Covid ist ein Spaziergang dagegen.

        Anstatt Rappen spalten muss jetzt ein kompetenter Krisenstab her. Subito!

        1. Nach den üblichen persönlichen Angriffen bleiben Sie jedes Argument auf meine Intervention schuldig. Ich bleibe dabei: auch die Atomkraft erzeugt Systemkosten, die in Ihren Kostenberechnungen unberücksichtigt bleiben. Kommt nun noch dazu, dass Ihr Verweis auf die deutsche Agora auf schwachen Füssen steht, denn Deutschland hat nicht, worüber die Schweiz in doch ganz erheblichem Ausmass verfügt – die Wasserkraft und deren Speicherfähigkeit. Der kürzliche 10vor10-Beitrag trägt ein übriges dazu bei, den Weg über die Solarkraft als für die Schweiz erfolgversprechend anzusehen. Und da bin ich ja beiliebe nicht der Einzige und auch nicht der Erfnder dieser Argumentation. Ich erlaube mir hier nur, den Gottesdienst der Atomapologeten mit Argumenten zu stören, die in einer grossen Zahl und von vielen Fachleuten vertreten werden – und nicht zuletzt nun auch von der Stromindustrie (siehe Axpo und Alpiq).

          1. Herr Rehsche, ausreichend zusätzliche Wasserkraft zu Speicherzwecken können wir in nötiger Frist nicht erstellen. Und wenn wir die vorhandene Wasserkraft dazu umfunktionieren wollen, müssen wir nicht nur die AKW, sondern auch noch die Wasserkraft mit NEE ersetzen… also nicht nur rund 40, sondern praktisch 100 Prozent. Den steigenden Strombedarf für Mobilität und Wärme noch nicht eingerechnet…

            Geht nicht. Bei uns ebenso wenig wie in Deutschland.

  3. Herr Emanuel Höhener hat hier einen sehr guten und wichtigen Artikel geschrieben. Die Bürgerinnen und Bürger brauchen ideologiefreie, verständliche, kompetente und ehrliche Information. Ein aufrichtiges Kompliment an Herrn Höhener!
    Ich erlaube mir noch einige Ergänzungen:
    1. Ein Windgenerator hat in der Schweiz zirka 1500 Volllastunden. Das heisst, dass
    1 kW installierter Leistung jährlich im Mittel zirka 1500 kWh Elektrizität produziert.
    2. Eine Fotovoltaikanlage hat in der Schweiz je nach Region 800-1000 Volllaststunden. Das heisst, dass 1 kW installierter Leistung jährlich je nach Region 800-1000 kWh Elektrizität produziert. Davon zirka 2/3 – 3/4 von April bis Oktober.
    3. Ein Jahr hat 8760 Stunden. Ein Kernkraftwerk hat zirka 8000 Volllasstunden. Das heisst, dass 1 kW installierter Leistung jährlich zirka 8000 kWh Elektrizität prododuziert. Zuverlässige Bandenergie!
    4. Es geht mir nicht darum, die erneuerbaren Energien gegenüber der Kernenergie zu erniedrigen oder zu demütigen. Es geht um Physik, um Wahrheit, um Information. Die Menschheit braucht inskünftig beides: erneuerbarbare Energien und Kernenergie. Diese Technologien ergänzen sich perfekt. Man muss alle sinnvoll, verantwortlich und effizient einsetzen.
    5. In der Schweiz hat selbstverständlich die Wasserkraft (eine erneuerbare Energie!) auch inskünftig das Schwergewicht. Die Wasserkraft wäre mit Priorität noch weiter auszubauen. Das umweltverträgliche Potential ist vorhanden.
    6. Mit Ideologie, Hass, Hysterie, Fanatismus, Angst, Lügen und Abzockerei lösen wir die Energie- und Umweltprobleme nicht. Ohne genügend Energie gibt es keine Lebensqualität!

  4. Zudem wird der Flatterstrom von unseren 200 m hohen Wind-Industrie-Anlagen von der Windkraft-Lobby im BFE extrem unterstützt, trotzdem sie beim typischen Wind von 5 m/s nur ca. 10 % der Leistung liefern.
    Die KEV Förderbeiträge sind seit vielen Jahren mit 23 Rp. /kWh viel zu hoch, trotzdem die Investitionskosten weit unter 10 Rp. /kWh gefallen sind, das kann es ja nicht sein!
    (🇩🇪 mit Ausschreibungen unter 6 Euro Cents pro kWh)

Schreiben Sie einen Kommentar zu Guntram Rehsche Antworten abbrechen

Bitte beachten Sie: Kommentare sind auf 2000 Zeichen begrenzt.