Glücklich sein mit Marktwirtschaft?

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Eine Marktwirtschaft braucht einen staatlichen Rahmen, der die individuelle Freiheit und private Eigentumsrechte sowie die Durchsetzung rechtskräftiger Verträge sicherstellt. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen lässt sich jeder Vertragspartner von seinen eigenen Interessen leiten, wobei dieses nicht eng als selbstsüchtig oder gar gierig-geizig gesehen werden darf.

Das Eigeninteresse geht weit über den Egoismus hinaus und schliesst ethische Prinzipien wie Empathie oder Verantwortung für andere Menschen mit ein. Kooperativ oder gar (gezielt) altruistisch zu handeln, liegt durchaus im eigenen langfristigen Interesse.

Ehrliche, zuverlässige und respektierte Menschen entwickeln nicht nur bessere persönliche Beziehungen, sondern auch wertvollere geschäftliche Verbindungen als Lügner, Betrüger oder auch bloss Geizhälse oder Opportunisten. Die Bedeutung von Vertrauen wurde von Adam Smith in seinen «Moral Sentiments» immer wieder betont, ging aber in der zu eindimensionalen Neo-Klassik unter. Beim marktwirtschaftlichen Tausch muss jede Transaktion freiwillig und für beide Seiten vorteilhaft sein. Nach jeder freiwilligen Transaktion sind alle Beteiligten bessergestellt als vorher.

Der Markt ist ein Positiv-Summenspiel im krassen Gegensatz zu den beliebten, aber parasitären Lottomillionären. Freiwilliger Tausch schliesst Erpressung oder Bedrohung aus, aber setzt Knappheit der Ressourcen voraus. Weil unsere Bedürfnisse schneller wachsen als der Wohlstand, reduziert sich die Knappheit bei vielen alltäglichen Gütern, aber steigt bei gehobenen Bedürfnissen.

Die Marktwirtschaft macht die Menschen sicher nicht per se glücklich, aber sie erlaubt – wie es in der US-Verfassung so schön formuliert ist – «the pursuit of happiness», also das individuelle Streben nach Glück. Man muss hier und heute leider schon von der «happiness of pursuit» sprechen, also dem Glück, überhaupt noch frei denken, entscheiden und handeln zu dürfen. Das Gewicht liegt jedoch klar auf dem individuellen Glücksstreben und eben nicht auf dem messbaren kollektiven Glückszustand. Die Suche nach dem eigenen Glück beschert uns kein Paradies auf Erden, aber immerhin die berechtigte Hoffnung auf ein besseres Diesseits.

Dieses Ideal einer freien und effizienten Wettbewerbs-Gesellschaft hat natürlich ihre Zweifler und Kritiker. Diese wollen das selbstverantwortliche Individuum durch den edlen Gutmenschen ersetzen oder den zweiseitigen freiwilligen Tausch durch staatliche Zwangszuteilung nach der Verteilungs- und Bedarfsgerechtigkeit. Beides endet in einer totalitären Diktatur mit wirtschaftlichem Niedergang. Der erste Fünfjahresplan von Stalin in der UdSSR oder der grosse Sprung von Mao in China haben Millionen von Leben gekostet – durch Hunger und Terror.

Meine These lautet: Fast alle geben heute vor, «liberal» zu sein, aber anti-liberale Fehlregulierungen, Marktverzerrungen und Freiheitsbeschränkungen sind wie nie zuvor auf dem Vormarsch. Es wimmelt nur so von Bindestrich-Liberalen, wie grün-liberalen, sozial-liberalen, links-liberalen, die sich vor allem durch die Vorsilbe auszeichnen. Und die wenigen klassischen Liberalen werden als ordo- oder neo-liberal in eine extremistische Ecke gestellt. Aber echt Liberale waren und bleiben eine Minderheit.

Dieser Beitrag ist zuerst in der “Basler Zeitung” vom 4. Januar 2018 erschienen.

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