Klimawissenschaftler schaut besser in den Spiegel als auf den Meeresspiegel.

In welchem politischen Programm steht nicht der Hinweis, dass man das Klima schützen muss, um dem steigenden Meeresspiegel entgegenzuwirken?  Der stereotype Hinweis zu steigenden Meeresspiegeln ist die wohl am wenigsten stichhaltige aller Klimadrohungen.  Haben Sie je in den Medien oder in einer politischen Diskussion eine sachliche Auseinandersetzung darüber gehört, was ein Klimaschutzprogramm zur Änderung der Küstenlinien bewirken könnte? Haben wir bei allem Wissenszuwachs der letzten Jahrzehnten aufgehört, Behauptungen zu hinterfragen? Und was sagt eigentlich «die Wissenschaft» dazu? Sind die Sprachrohre «der Wissenschaft» überhaupt bereit darüber zu informieren?

Für Geologen ist es einigermassen klar, dass der Verlauf von Küstenlinien einer komplexen und vielschichtigen Dynamik unterliegt. Der globale Meeresspiegelanstieg beträgt gegenwärtig rund 4 Millimeter pro Jahr, ist aber nur einer von mehreren Faktoren, die den Küstenverlauf bestimmen. 

Im Folgenden zähle ich Prozesse auf, die einen direkten Einfluss auf den Verlauf von Küstenlinien haben und versuche diese etwas einzuordnen. Ich enthalte mich bewusst einer Bewertung dieser Prozesse. Das ist eine Aufgaben, welcher sich unvoreingenommene und ergebnisoffene Umweltforscher widmen müssen. Es wäre an den Medien, dass deren Resultate der Öffentlichkeit genauso zugänglich gemacht werden, wie die Warnungen der allzu bekannten Klimaforscher und Aktivisten. Die Aufzählung ist nicht vollständig. Nicht vergessen werden darf, dass die  erwähnten Prozesse nicht isoliert wirken, sondern sich gegenseitig verstärken oder abschwächen können. 

Endogene Prozesse

Darunter versteht man Prozesse, die durch interne Kräfte der Erde getrieben werden, also durch die immanente Wärmeenergie des Erdinnern.  Diese Wärmequelle ist der Motor der Plattentektonik, ein fortwährender dynamischer Prozess der die Kontinentalplatten laufend verschiebt. So steigen zum Beispiel die Alpen oder das Himalaya-Gebirge durch die Kollision von Kontinentalplatten weiter an. Ein Absenken von Kontinentalplatten erfolgt an Subduktionszonen in Tiefseegräben, wo sich ozeanische Kruste unter kontinentale Kruste schiebt. 

Das sind langsam wirkende, aber messbare Prozesse, die sich vertikal immerhin in der gleichen Grössenordnung wie der globale Meeresspiegelanstieg abspielen, nämlich im Millimeterbereich pro Jahr.

Exogene Prozesse

Neben endogenen Kräften wirken exogene Kräfte, das sind Kräfte die in erster Linie auf die Strahlung der Sonne zurückzuführen sind. Dazu zählen sämtliche Wetterphänomene, die Hauptursache von Erosion, biologische Prozesse und Gezeiten. Diese Kräfte dominieren Ablagerungen und Erosion entlang der Küsten. Ein einzelner Sturm kann innerhalb weniger Stunden über einen Meter Sand abtragen. Laterale Meeresströmungen lagern laufend Sandmassen um und schütten Strände wieder auf. Flüsse transportieren Sediment ins Meer und bauen Delten auf. Korallen bauen Riffe auf, Mangroven verfestigen Schwemmebenen, alles hochdynamische Prozesse, welche Küstenlinien laufend verändern, und zwar um eine bis zwei Grössenordnungen schneller als ein klimabedingter Meeresanstieg. 

Das Aufsteigen des kanadischen und des skandinavischen Schildes ist etwas speziell. Es ist eine endogene Reaktion (Isostasie, der Kontinentalmassen), hat aber eine exogene Ursache, nämlich das  Abschmelzen des Eispanzers der letzten Eiszeit. Erwähnenswert ist das, weil es sich um einen Hebungsprozess handelt  der mit 6 -10 Millimeter pro Jahr rund doppelt so schnell abläuft wie der klimabedingte Meeresspiegelanstieg. 

Der mit Abstand grösste Einfluss auf Landverlust in Deltagebieten ist jedoch menschengemacht und hat mit Klimawandel nichts zu tun: der Grundwasserentzug. Das ist relevant, denn bei den Deltagebieten handelt es sich um sehr fruchtbare Landflächen, die genau deswegen seit je her dicht besiedelt sind. Wenn in den Medien von bis zu 600 Millionen Menschen die Rede ist, die durch den Meeresspiegelanstieg bedroht sein sollen, sind damit genau die Bevölkerungen dieser Deltagebiete gemeint. 

Durch den Entzug von Grundwasser, vor allem zur Bewässerung landwirtschaftlicher Kulturen, kompaktieren locker abgelagerte Sedimente und lassen das Land absinken. So beträgt die maximale Landabsenkung im Java Delta um Jakarta bis zu 25 Zentimeter pro Jahr. Dasselbe ist  zu beobachten in Bangladesch in Ganges-Brahmaputra Delta oder um Bangkok im Chao-Phraya-Delta. Das Jangtse-Delta mit Shanghai hat sich im letzten Jahrhundert um über 2 Meter abgesenkt.

Eines muss uns bewusst sein. Selbst wenn die gesamte Menschheit ab heute aufhört CO2 zu emittieren, hätte das auf die Küsten dieser Welt nicht den geringsten Einfluss, auch nicht in hundert Jahren.

Es geht hier nicht darum negative Auswirkungen des Klimawandels klein zu reden. Es geht hier darum gewisse Klimaforscher und Aktivisten bloss zu legen, die mit ihren monokausalen Warnungen keineswegs wissenschaftlich  argumentieren. Seriöse Wissenschaft bedeutet eine Erkenntnis immer in Relation zu ähnlichen Prozessen zu stellen und dies auch so zu kommunizieren. Das ist bei wohlbekannten Professoren unserer Hochschulen nicht der Fall.

Und es geht um die Wirkung politisch verordneter Massnahmen: Sobald in einem Klimaschutzprogramm das Stichwort Meeresspiegel auftaucht, muss man wissen, dass es sich um nutzlose Geldverschleuderung handelt. Wann lernt die Politik, nicht moralisch vermeintlich gut, sondern wirksam zu handeln? Ehrliche Wissenschaftler könnten da Beihilfe leisten.

Es würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen nachzurechnen wieviel Steuergelder aufgrund aktivistischer Behauptungen bisher wirkungslos verschleudert wurden. 

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Dies ist ein Blog von Autoren, deren Meinungen nicht mit denen von CCN übereinstimmen müssen.

7 thoughts on “Klimawissenschaftler schaut besser in den Spiegel als auf den Meeresspiegel.”

  1. Sehr guter Beitrag, danke! Mit der mono-kausalen CO2-Theorie gehören die Klima Aktivisten für mich btw zu den Flacherdlern mit der Dimension NULL! 😉

    1. “mit der Dimension NULL! ”
      Ist an vielen Stellen zu beobachten: Diejenigen, die keine Ahnung haben, wissen alles am Besten.

      1. Rein mono-kausale Zusammenhänge sind in den Naturwissenschaften kaum zu finden. Zu erwähnen wäre da der radiokative Zerfall. Ursache liegt hauptsächlich in der Instabilität des Kerns. Externe Einflüsse spielen prakt. keine Rolle. Für die Photosynthese ist Licht eine notwendige Bedingung, aber nicht die einzige Ursache. In offenen Systemen hat es Mono-Kausalität generell noch schwerer! – Der Marxismus kommt übrigens mono-kausal daher! Die ökonomischen Produktionsverhältnisse sollen den gesellschaftlichen Überbau bestimmen! Zu einem Teil stimmt das sogar! Beim Sozialismus und Kommunismus kommt es nämlich unweigerlich zum Niedergang! 😉

  2. Die Zunahme der CO2-Konzentration hat vielfältige Auswirkungen. Die vom CO2 bedingte Zunahme des Meeresspiegels ist nur eine davon. Herr Häring beschreiben Sie erst mal den Treibhauseffekt aus Ihrer Sicht – erst wenn Sie den verstanden haben, hat es Sinn über einzelne Auswirkungen zu schreiben.

  3. ‘Selbst wenn die gesamte Menschheit ab heute aufhört[e,] CO2 zu emittieren, hätte das auf die Küsten dieser Welt nicht den geringsten Einfluss, auch nicht in hundert Jahren.’ Der durchschnittliche Anstieg beträgt 4 mm/Jahr. Man hat nun gelernt, dass andere als Klimagas-bezogene lokale Ursachen bestehen. Wie gross ist denn letztere? Der Einfluss wäre praktisch ‘nicht geringst’, falls weniger als geschätzte 20 cm in 100 Jahren.

  4. Bravo dem Autor. Zur Landabsenkung wegen Grundwasserentzug: Gerade in Siedlungsgebieten wird / wurde das Grundwasser auch absichtlich abgesenkt, um aus Sumpfgelände trockenen Baugrund zu gewinnen. In der Schweiz kennt man das Phänomen aus dem Grossen Moos, wo offensichtlich nicht der Klimawandel schuld ist, sondern die Grundwasserregulierung den Boden absinken lässt. Oft stehen Städte auf Schwemmland in Meeresnähe, wie New Orleans, Jakarta, Tokio, u.v.a. Dem Klimawandel die Schuld dafür zu geben, dass der lokale Grund unter Meeresniveau sinkt, ist ein billiges Vertuschungsmanöver für ungenügende lokale Planung und Schutzmassnahmen.

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