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Eine kritische Sicht auf das apokalyptische Klimanarrativ

Es ist das Markenzeichen von Judith Curry, die Übersicht zu behalten. Dies ist ihr auch diesmal gelungen mit einem Übersichtsaufsatz, welchen sie zusammen mit Harry DeAngelo (USC Los Angeles) vor einigen Tagen publiziert hat (siehe https://doi.org/10.1111/jacf.12665).

Zusammenfassend sagen die Autoren: Der Klimawandel ist real, aber nicht das Ende der Welt. Eine kluge Klimapolitik braucht keine Panik, sondern Innovation, wirtschaftliche Vernunft und einen offenen Blick für die vielen Möglichkeiten, wie sich Menschen an veränderte Bedingungen anpassen können.

Für Leser in Zeitnot, hier ein kurzer Überblick. 


Die Autoren argumentieren, dass viele aktuelle Klimadebatten von einem übertriebenen und alarmierenden Narrativ geprägt sind: Die Erde steuere auf eine Klima-Apokalypse zu, wenn wir nicht sofort und radikal unsere Nutzung fossiler Brennstoffe stoppen. Dieses Narrativ wird von Umweltaktivisten, Politikern und Institutionen wie den Vereinten Nationen verbreitet. Solche Erzählungen haben Macht: Sie beeinflussen Politik und öffentliche Meinung. Doch wenn sie übertrieben oder einseitig sind, können sie schwerwiegende negative Folgen haben – wie z. B. politische Massnahmen, die unbeabsichtigt mehr Schaden als Nutzen anrichten.

Seit dem späten 19. Jahrhundert ist die durchschnittliche Temperatur auf der Erde um etwa 1.3 ° C gestiegen. Der Meeresspiegel ist um 20–23 cm gestiegen. Trotzdem hat sich in diesem Zeitraum die Menschheit in nahezu allen Lebensbereichen verbessert: (i) Die Weltbevölkerung ist von 1.6 auf über 8 Mrd. gestiegen; (ii) die durchschnittliche Lebenserwartung stieg von 34 auf 73 Jahre; (iii) die landwirtschaftliche Produktivität hat sich vervierfacht.

Auch klimabedingte Todesfälle wie etwa durch Stürme oder Dürren sind drastisch gesunken – um etwa 98%. Der Grund: mehr Wohlstand, bessere Infrastruktur und Technologien (z. B. Frühwarnsysteme). Zwar gibt es heute höhere finanzielle Schäden durch Wetterkatastrophen – aber das liegt hauptsächlich daran, dass mehr Menschen und Werte in gefährdeten Gebieten leben. Es gibt keinen Beweis, dass der Klimawandel diese Schäden nennenswert verstärkt hat. Frühere Schätzungen rechneten mit bis zu 5 ° C Erwärmung – heute gilt das als übertrieben. Die aktuelle Prognose liegt bei etwa 2.5 ° C bis 2100. Davon haben wir bereits mehr als die Hälfte erlebt – und dennoch leben wir besser denn je.

Angesichts dieser Ausgangslage verstehen die beiden Autoren die ganze Hektik rund um Nettonull nicht. Die Nutzung fossiler Brennstoffe ist die Grundlage vieler moderner Technologien und Produkte, so für die Herstellung von Stahl, Zement, Düngemitteln und Kunststoffen bzw. für Energieversorgung, Verkehr, Kommunikation, Medizin oder Nahrungsmittelproduktion. Fossile Brennstoffe sind im Moment unverzichtbar und Nettonull bis 2050 ein teurer Wunschtraum. Die Autoren schlagen neun Prinzipien für eine vernünftige Klimapolitik vor:

  • Keine Selbstschädigung: Massnahmen gegen den Klimawandel dürfen nicht mehr Schaden als Nutzen verursachen.
  • Keine voreilige Abkehr: Fossile Brennstoffe dürfen erst ersetzt werden, wenn echte Alternativen existieren.
  • Förderung statt Bestrafung: Investitionen in Forschung, Innovation und Anpassung an das Klima fördern – statt Verbote oder Zwang.
  • Keine Symbolpolitik: Verbote wie von Gasherden oder Fleisch bringen nichts, wenn der Effekt auf das Klima gleich null ist.
  • Vielfalt statt Einseitigkeit: Eine breite Palette zuverlässiger Energiequellen schafft Sicherheit und Flexibilität.
  • Atomkraft fördern: Moderne Kernenergie ist sicherer als Öl und Kohle und sollte neu belebt werden.
  • Skepsis gegenüber Wind und Solar: Diese Technologien haben grosse Nachteile (z. B. Flächenbedarf, Unzuverlässigkeit, Umweltbelastung).
  • Keine indirekten Verbote durch Behörden: Weder Notenbank noch die Börsenaufsicht sollten Klimapolitik betreiben.
  • Entwicklungshilfe nicht behindern: Entwicklungsländer dürfen nicht durch Klimakredite gezwungen werden, auf fossile Energie zu verzichten.

Die Autoren befürworten weder Untätigkeit noch Leugnung des Klimawandels. Sie plädieren für eine rationale, technologieoffene Energiepolitik, die Innovation belohnt, Armut reduziert, Risiken ernst nimmt – aber Übertreibungen und blinden Aktionismus vermeidet.


DeAngelo H, Curry JA (2025) A critique of the apocalyptic climate narrative. J Appl Corporate Fin 37: 8 p. (Vorabdruck)

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Dies ist ein Blog von Autoren, deren Meinungen nicht mit denen von CCN übereinstimmen müssen.

5 thoughts on “Eine kritische Sicht auf das apokalyptische Klimanarrativ”

  1. Geschätzter Herr Hostettler
    Vielen Dank für die Zusammenfassung.
    Mit besten Grüssen
    Simon Niffenegger

  2. Noch etwas zu “Keine voreilige Abkehr”: Ich habe schon mehrmals betont, hier und anderswo, dass die Dekarbonisierung der Energieproduktion sowie auch diejenige des Energieverbrauchs, zunächst eines erfordert: Eine Ersetzung oder Umrüstung eines grossen Teils des weltweiten Parks an Maschinen und Immobilien. Dazu braucht es einen enormen Energieeinsatz, der zu 80% nur aus fossilen Quellen stammen kann.

    Daraus folgt: Wenn wir heute die fossilen Energien ausbremsen, dann bremsen wir damit die Dekarbonisierung aus.

    Tönt paradox – ist es aber nicht.

  3. Als einer der ersten Klimawarner (1979: “Palmenstrand am Limmatquai?” in der Weltwoche) kann ich diesen Artikel Wort für Wort unterschreiben.

  4. Invasive Palmen sind im Tessin nun verboten. Liegt das an den Zürchern?

    Wenn die Erwärmung so schnell voranschreitet, wie die Alarmisten behaupten, werden die Massnahmen zur Dekarbonisierung zu spät kommen, nämlich erst, wenn wir schon gekocht sind. Daher müssen Anpassungsmssnahmen sukzessive umgesetzt werden, damit wir uns nicht vorzeitig ruinieren.
    Und wenn die Erwärmung langsamer oder sogar sehr langsam voranschreitet, sind Massnahmen zur Dekarbonisierung, e.g., Elekrifizierung en masse, nicht dringend und haben daher keine Priorität. Die Anstrengungen müssen auf die Erforschung und Entwicklung wirksamer, effizienter und erschwinglicher Lösungen ausgerichtet sein (was die sogenannten erneuerbaren Energien derzeit überhaupt nicht sind). Bis dahin werden die Windräder und Solarzellen, die heute mit grossem Eifer und ohne Klimanutzen installiert werden, längst überholt sein.

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