Die Pflicht, die Atomdebatte neu zu beleben

Nach einer Durststrecke infolge der Emotionen im Zusammenhang mit dem Unfall in Fukushima und der Erkenntnis, dass die zum Zweck der Dekarbonisierung der menschlichen Aktivitäten angeordnete allgemeine Elektrifizierung einer stabilen und vorhersehbaren Produktionsbasis bedarf, sah sich die Politik gezwungen, ihre Feigheit gegenüber den Aufforderungen der Atomkraftgegner zu überdenken. Man mag es mögen oder nicht, aber die Debatte ist nun neu entfacht.

So plant Frankreich jetzt, seinen Reaktorpark zu erneuern und auszubauen, obwohl es zuvor den Fehler nicht vermieden hat, das AKW Fessenheim zu schliessen. Trotz gegenteiliger Forderungen Deutschlands wurde die Kerntechnologie nicht aus der Europäischen Union verbannt. In der Schweiz beschloss der Bundesrat kürzlich – sieben Jahre nach der Annahme eines Gesetzes durch das Volk, das den Bau neuer Kernkraftwerke verbietet, und unter dem Eindruck einer von Kernkraftbefürwortern eingereichten Verfassungsinitiative –, die nukleare Frage erneut zu prüfen.

An ihrer Delegiertenversammlung am 19. Oktober in Herisau stellte sich die Partei «Die Grünen» gegen diese Aufgeschlossenheit. Sie drohte, jede Änderung des Atomgesetzes mit einem Referendum zu bekämpfen, und würde in der Tat keine Schwierigkeiten haben, die dazu erforderlichen 50’000 Unterschriften zusammenzubringen.

Man verspürt grosse Lust, dem Bundesrat zuzurufen: «Hopp, los!»

Der Bundesrat und das Parlament sollen das Verbot des Baus neuer Atomkraftwerke und der Wiederaufbereitung von Abfällen aufheben, und die Grünen sollen ihr Referendum dagegen ergreifen. Dies würde endlich zu einer echten, ehrlichen und massiven Debatte über das Hauptthema führen statt über Ablenkungsmanöver in Regulierungs-Boutiquen oder befristete Moratorien, deren Frist nie abläuft. Ist es nicht genau das, wozu unsere demokratischen Institutionen, so unvollkommen sie auch sein mögen, dienen sollten?

Man glaubt, die Argumente der einen oder anderen Seite in- und auswendig zu kennen, weshalb ein solches Referendum morgen stattfinden könnte. Doch ist das wirklich der Fall?

Für die Anti-Nuk-Fraktion scheint es einfach zu sein: Kernkraft ist unnötig, weil ausreichend andere Produktionsmittel zur Verfügung stehen, ihre Risiken zu hoch sind, ihre Abfallfrage unlösbar bleibt, ihre Abhängigkeit von wenig respektablen Brennstofflieferanten vermieden werden muss, sie zu viel Zeit erfordert und zu teuer ist.

Für die Pro-Nuk-Fraktion ist die Bedürfnisklausel offensichtlich erfüllt. Die Technologie ist eine der sichersten; das einzige Risiko, das von einem modernen Kernkraftwerk ausgeht, bleibt auf das Innere des Kraftwerks beschränkt. Die Abfälle können dauerhaft und sicher vergraben werden; sie könnten sogar aufbereitet und in schnellen Brüterkraftwerken wiederverwendet werden. Die Versorgung mit Brennstoff ist kein geopolitisches Problem, da es mehrere Lieferanten gibt und zudem grosse Vorräte zu niedrigen Preisen beschafft und platzsparend angelegt werden können. Die Produktionskosten sind gering, da die Investitionen sehr langlebig sind. Die Kosten für den Rückbau und die Abfallbehandlung sind bereits einkalkuliert, was übrigens bei anderen Technologien nicht der Fall ist.

Es fällt auf, dass die Anti-Nuk-Argumente direkt und plakativ sind, während die Pro-Nuk Erklärungen darüber abgeben müssen, warum was wie vorgeht. Es wäre nämlich unzulässig, genauso krude wie die Gegner zu antworten, dass die Kernenergie notwendig, sicher, sauber und billig sei – obwohl das alles zutrifft. Diese argumentative Asymmetrie ist jedoch nicht überraschend, da eine unnuancierte Anklage leichter zu formulieren ist als deren Punkt-für-Punkt-Widerlegung.

Doch an sich wurde bereits alles gesagt und durch ständige Wiederholungen sowie sibyllinische und durch und durch voreingenommene Studien, für deren Lektüre sich niemand mehr Zeit nimmt, belegt. Es gibt nichts mehr hinzuzufügen, wir sollten unverzüglich zur Abstimmung schreiten. Meine Naivität geht jedoch nicht so weit zu glauben, dass das politische Leben so einfach ist.

Der eilige Leser dürfte hier aufhören. Die Fortsetzung ist weder einfach noch kurz, aber von grosser Bedeutung.

Weder technisch noch wirtschaftlich noch politisch

Die Adjektive in dieser Überschrift sind keineswegs das Wesentliche, auch wenn sie behandelt werden sollen. Auch wenn ich sämtliche Verschwörungstheorien verabscheue, stelle ich fest, dass noch andere Kräfte im Spiel sind, gemeine und edle.

Bei Ersteren sind Partikularinteressen, korporatistische Interessen oder Boutiqueninteressen nachvollziehbar. Es geht darum, sich möglichst Vorteile anzueignen und Nachteile zu vermeiden. In dieser Hinsicht erscheinen die Akteure der Stromwirtschaft als besonders verachtenswert. Die Eigentümer der drei Kernkraftwerke in der Schweiz (die Unternehmen Alpiq, Axpo und weitere – alle mehrheitlich in staatlicher Hand) und das Verteilerkartell aus etwa 600 lokalen Monopolen zeigen eher den Charakter von Rentenjägern («rentseekers») als denjenigen von Unternehmern. Unisono sprechen sie sich für die Strategie des Bundesrates und eine Energiewende aus, die ihnen eine deutliche Erhöhung ihrer Tarife ermöglicht hat und sie mit Subventionen und anderen Privilegien versorgt. Ihr Interesse besteht darin, die bestehenden Kernkraftwerke so lange wie möglich und zu möglichst geringen Kosten in Betrieb zu halten, aber keines von ihnen denkt daran, sich dafür einzusetzen, dass wieder neue Kernkraftwerke gebaut werden können. Fürchten sie, zuzugeben, dass sie dazu unfähig sind?

Um den Mangel an lokalen Versorgungsquellen auszugleichen, nutzen sie bereits die Vorteile des Auslandshandels, der ihnen Importe zu den höchsten Kosten sichert. Ja, wenn Sie ein Gut weiterverkaufen, ohne dem Wettbewerb ausgesetzt zu sein und ohne einen anderen Wert als den des Transports hinzuzufügen, ist es in Ihrem Interesse, dies zu den höchstmöglichen Kosten zu tun; dies widerspricht dem gesunden wirtschaftlichen Menschenverstand, aber es erhöht mühelos den Einfluss und die Macht dieser Akteure. Der Zugang zum Grosshandelsmarkt für starke Verbraucher ändert daran nicht viel. Deshalb sind alle für ein Abkommen mit der Europäischen Union, egal welcher Art, solange es ihnen Zugang zum sogenannten freien Strommarkt verschafft. All das verdient keine weitere Aufmerksamkeit. Nichts deutet darauf hin, dass unsere Politiker und ihre Apparatschiks in der Verwaltung und bei den Kartellen ihren fehlenden Kurs ändern werden.

Nachdem die Gemeinheit beseitigt ist, wenden wir uns nun den edlen Anliegen zu.

Der Ökologismus ist eine solcher Anliegen, der sich der Rationalität widersetzt, so wie auch der Kollektivismus, den er impliziert und der das Gegenteil des geistigen Ungebunden-Seins ist. Im Grunde genommen akzeptiert der Ökologismus nicht, dass die Menschheit den Garten Eden ohne Hoffnung auf Rückkehr verlassen hat. Jegliche Einschnitte in die Natur sind für Anhänger dieser Ideologie inakzeptabel oder müssen – für deren weniger unrealistische Vertreter – auf ein absolutes Minimum beschränkt werden. Die eigenen Widersprüche, die es ihnen ermöglichen, alle modernen Technologien zu nutzen, um ebendiese Technologien wiederum zu bekämpfen, sind für sie unwichtig, denn sie handeln in einer philosophischen Haltung. Die Natur hat Vorrang und menschliches Handeln darf sich nur dann in sie einfügen, wenn es auf Dauer ohne nennenswerte Auswirkungen bleibt. Diese Subordination unter die Nachhaltigkeit sollte freiwillig akzeptiert und von selbstverwalteten sozialen Strukturen gelebt werden, die so genügsam wie möglich sind und ihren besonderen Ökosystemen gerecht werden. Der Mensch wäre der Arzt im Dienste der Natur, er muss einen Eid ablegen, die Natur nicht zu schädigen, sich von allem Bösen und Ungerechten fernzuhalten.

Die ideologische Gegenposition formuliert eine andere Beziehung, die der Mensch je nach seinem persönlichen Leben mit der Natur unterhält. Keiner von uns hat beschlossen, geboren zu werden, und es gibt keinen Vertrag, der uns mit der Natur verbindet. Jeder von uns ist nicht nur allen Risiken ausgesetzt, sondern stellt seinerseits auch ein hohes Risiko für seine soziale und natürliche Umgebung dar, und das muss angenommen werden. Ausserdem ist die einzige Gewissheit, dass unser Leben immer vorzeitig mit dem Tod endet. Zwar haben sich im Laufe der Geschichte Gesellschaftsverträge herausgebildet, die uns binden, erziehen, stärken und solidarisch machen, aber diese sind nur dann akzeptabel, wenn sie ohne Versklavung oder Zwang bleiben, es sei denn, letztere würden freiwillig eingegangen. Dies garantieren auf jeden Fall die Menschenrechte, dieser grundlegende Pakt, den nur unsere Spezies mit sich selbst schliessen kann. In dieser Hinsicht kann nichts und niemand beanspruchen, unser Glück zu definieren, weder individuell noch kollektiv.

Homo faber ist handlungsorientiert und muss als verantwortungsbewusster Mensch handeln, sowohl für sich selbst als auch für andere. Er ist nicht einfach nur ein Ingenieur oder ein Ökonom, der Risiken und Nutzen abwägt und den Weg wählt, der am günstigsten erscheint, ohne dass dabei eine Spiritualität eine Rolle spielt. Freudige oder traurige Leidenschaften treiben ihn an und machen die Würze seines Lebens aus. Wenn ein Mensch alt wird, erinnert er sich mit Nostalgie und Dankbarkeit daran: geliebt zu haben, geleibt worden zu sein, seine Neugier befriedigt zu haben, das Unwahrscheinliche erreicht zu haben, seltene und privilegierte Momente genossen zu haben, Schönheit, Komik und Tragik erlebt zu haben und immer noch zu erleben. Daran ist nichts Materialistisches, ausser dass man sich durch gut beherrschte Techniken und akzeptable Risiken von den Unwägbarkeiten befreien kann, die das Streben nach einem guten Leben bremsen. Das ist nicht umsonst, es zwingt einen dazu, Entscheidungen zu treffen und sich manchmal einem Dilemma zu stellen.

Im Grunde ist es also ein kultureller und philosophischer Kampf zwischen denjenigen, die ein Ideal verteidigen, das immer im Vordergrund der Moral steht, und denjenigen, die sich auf die praktische Vernunft berufen und ihr Urteil erst nach einer Untersuchung fällen. Auch wenn die reale Welt nicht so binär aufgeteilt ist, sind dies die Schlüsselelemente einer unausweichlichen Konfrontation. In dieser Hinsicht ist die Frage der Atomkraft emblematisch, obwohl sie angesichts dessen, was auf dem Spiel steht, anekdotisch ist.

Es gibt ein Paradoxon: Der Materialismus ist auf der Seite der Ideologen, die alles regulieren, begrenzen und standardisieren wollen; alles muss festgelegt werden. Sie können nur intolerant sein, unempfindlich gegenüber jeder anderen Sensibilität, die sie stören würde; daher ist etwa Humor nicht ihre Stärke. Diese grundlegende Debilität verleiht ihnen jedoch eine rhetorische Stärke, denn niemand wagt es, sich ihnen mit diesen Begriffen zu widersetzen. Für viele Mitläufer und andere nützliche Idioten ist es auch ein Faulheitskissen, sich auf der richtigen Seite des Gutmenschentums zu wähnen, ohne immer wieder widerlegbare Argumente vorbringen zu müssen; es genügt ihnen, den Parolen der Gedankenführer zu gehorchen.

Noch wichtiger als diese sehr menschlichen Schwächen ist ein Mangel an Verantwortungsbewusstsein, der diesen Fundamentalismus kennzeichnet. Die Pflicht, sich ihre Lebensgrundlage zu schaffen, verpflichtet sie nicht, denn andere werden sich darum kümmern und an ihrer Stelle die Umwelt verschmutzen. Die vorgeschlagenen Lösungen sind illusorisch, denn die Welt, die sie angeblich anstreben – eine alternative, vollkommen egalitäre und demokratische Welt, die in eine vorrangig geschützte Natur eingebettet ist – ist die schlimmste aller Utopien, die man sich nur bei null Grad Kelvin vorstellen kann, wo alles gleichwertig ist, d. h. wertlos. Für Erwachsene ist der Glaube an Märchen nicht nur unverantwortlich, sondern letztlich sogar kriminell, da er zu Fehlern verleitet. Da es unwahrscheinlich ist, dass derartige Kindereien die Intelligenz dieser Leute in Anspruch nehmen, muss man auch in Betracht ziehen, dass sie bewusste Strategien zur Machteroberung verfolgen, weshalb sie sich eindeutig mit den radikalen und marxistischen Linken verbünden. Nur die absolute Macht zählt, wie es eine bedeutende Fraktion der grünen Parlamentarier zum Ausdruck bringt, die sich gegen einen Einzug ihrer Partei in den Bundesrat ausspricht, solange sie dort in der Minderheit bleibt. Es sei jedoch angemerkt, dass dies in den kantonalen und städtischen Exekutiven nicht der Fall ist, wo einige von ihnen offenbar lernen, sich mit den Realitäten auseinanderzusetzen.

Die Nicht-Grünen und Nicht-Roten sind ihrerseits immer noch in der absoluten Mehrheit, wissen aber wohl nicht so recht, warum; sie haben es deshalb verdient, ebenfalls auf die Schippe genommen zu werden.

Nach und nach wurde ihr Unverständnis für das Risikomanagement durch ein moralisches Gebot der Nachhaltigkeit, also der Risikofreiheit, kompensiert. Ob aus Opportunismus oder Überzeugung – die sogenannten bürgerlichen Parteien liessen sich grün einfärben. Meines Wissens war dies mit keiner sauber ausgearbeiteten Strategie verbunden. Das Hauptmerkmal ihres Denkens in diesem Bereich ist die Weichheit. Natürlich haben nicht alle diesen Makel, aber alle sind mehr oder weniger davon betroffen. Wie die Bevölkerung im Allgemeinen, die sich leicht von den Medien aufhetzen lässt, lassen sie sich von jeder harmlosen oder tragischen Anekdote beleidigen, deren Ursache automatisch auf den anthropogenen Klimawandel oder andere Umweltschäden durch den Menschen zurückgeführt wird. Selbst wenn sie den Betrug ahnen, trauen sie sich nicht, ihn anzuzeigen, da sie wahrscheinlich den Pranger fürchten. Die Risikotoleranz ist gleich null geworden, auch wenn jeder belehrend sagt, dass es kein Nullrisiko gibt.   

Es ist jedoch an der Zeit, aufzuwachen und sich nicht zu schämen, das Offensichtliche zu behaupten:

  • Ja, die Gesundheit der Menschen und ihre Lebenserwartung waren noch nie besser.
  • Ja, die Saison des Fortschritts bleibt immer die nächste; und wenn auch Fehler wichtig sind, dann deshalb, weil man aus ihnen lernt.
  • Ja, menschliche Aktivitäten haben einen störenden Einfluss auf die Natur, das ist eine Tatsache unserer Natur.
  • Und ja, auch das verursacht Kosten, die nur bei Wohlergehen gedeckt werden können und die, das sei ebenfalls angemerkt, Chancen für Kreativität, Innovation und die Entwicklung neuer Aktivitäten bieten.
  • Nein, es gibt keinen Grund, sich über all das zu grämen, so unvollkommen es auch sein mag.

Nachdem die Dualität “fundi-realo” erneut erläutert wurde, wird klar, dass es keinen objektiven Grund gibt, auf eine Atomtechnologie oder jede andere Technologie, deren Nutzen erwiesen ist, zu verzichten, und zwar auch dann nicht, wenn sie mit praktischen und vernünftigen Vorsichtsmassnahmen umrahmt werden muss. Im Falle der Kernenergie hatte ich die Gelegenheit, das Kernkraftwerk Gösgen zu besuchen und mich mit Fachleuten auf diesem Gebiet zu unterhalten. Unabhängig davon, ob man mir als Chemieingenieur zugutehält, dass ich weiss, was industrielle Sicherheit bedeutet, kann ich bezeugen, dass ich grosse Achtung vor der Geisteshaltung und den Bedingungen habe, unter denen diese Leute arbeiten. Es wird viel von Unternehmenskultur gesprochen; diese ist tief verwurzelt. Es gibt strenge Prozeduren, aber auch ein Design, das ständig hinterfragt und auf den neuesten Stand gebracht wird, Katastrophenszenarien, die immer auf das schlimmste vorstellbare Szenario aktualisiert werden, und es gibt unabhängige Inspektionen durch die Aufsichtsbehörde oder kritische Besuche von Peers (Kollegen aus anderen Ländern). Dies ist der Öffentlichkeit nicht bewusst, da man dazu die Begriffe und das Ausmass verstehen muss.

Die Umstände der Nicht-Debatte

Es ist festzustellen, dass es keine Pro-Nuk-Lobby gibt. Wie wir gesehen haben, hat die Stromwirtschaft nicht nur eine entsprechende Position aufgegeben, sondern arbeitet sogar dagegen. Nur die grünen und roten Parteien fantasieren von der Existenz einer Atomlobby; dass sie dies immer wiederholen, macht es noch lange nicht zur Wahrheit. Es gibt durchaus Vereinigungen, die sich für die Atomkraft einsetzen, die aber vor allem aus alten Hasen, Physikern und Ingenieuren im Ruhestand bestehen, auch wenn es dort einige frische Kräfte gibt. Das macht sie aber nur zu einer schwachen Interessenvereinigung ohne grosse Durchschlagskraft – von Lobby kann da noch keine Rede sein. Die Finanzwelt ihrerseits versteht nichts davon, um sich dort zu engagieren, und kann sich in der Schweiz nicht mehr auf echte Unternehmer im Energiebereich verlassen, da es dort fast nur noch Verwalter, Boutiquiers und Rentenjäger gibt.

Im Gegensatz dazu gibt es eine starke Anti-Atomkraft-Lobby, die durch den sehr starken internationalen militanten Ökologismus föderiert wird. Die Partei “Die Grünen” ist ein Ableger davon. Swisssolar, swisseole und alle Zertifizierungsstellen und Verkäufer von dekarbonisierten Ablassbriefen gehören auch dazu. Der Bund subventioniert einige ihrer Umwelt- oder Klimaaktionen. Die Medien neigen dazu, die Argumente dieser Lobby zu bevorzugen, ohne jemals auf ihre offensichtlichen Interessenkonflikte hinzuweisen.

Ich für meinen Teil, auch ein alter Knacker, aber noch nicht allzu ausgetrocknet, habe keinerlei Verbindung zur oder Abhängigkeit von der Energiebranche, auch wenn meine industriellen Aktivitäten viel Energie verbraucht haben. Ich bin ein einfacher Privatkunde, der einem Kartell und einer Energiepolitik unterworfen ist, die meiner Meinung nach vor die Hunde geht und nicht meine Zustimmung findet. Ich habe meine eigenen Einschätzungen vorgenommen und dabei das Problem berücksichtigt, das durch die unstete Produktion von Solarpanels und Windturbinen, die Niederschlagsmenge und die Notwendigkeit der Elektrifizierung von Aktivitäten, die derzeit fossile Brennstoffe verbrauchen, entsteht. Ohne eine stabile Grundlage, die nur die Kernenergie bieten kann, wird die Abhängigkeit von Importen zu einer Entfremdung führen. Ich habe darüber einen Bericht verfasst, der ebenso umfangreich wie schwer zu lesen ist, der es mir aber ermöglicht, die Schlussfolgerungen, die ich daraus ziehe, zu bekräftigen und zu bestätigen. Es hat sich kein einziger Widerspruch gemeldet.

Es geht nicht mehr darum, die Kernenergie zu “verteidigen”, sondern vielmehr darum, den Kulturkampf zu führen, in dem technische Aspekte nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die Anti-Atomkraft-Bewegung muss für die Schwäche ihrer Argumente, ihre Faulheit und ihr mangelndes Verantwortungsbewusstsein gerügt werden. Man muss verstehen, dass es inakzeptabel ist, sich den Bedenken dieser Kleinmütigen zu beugen, die keine praktikable Lösung für die Energieversorgung unseres Landes anbieten. Auch wenn es stimmt, dass dies einige Zeit dauern wird, ist es daher notwendig, so schnell wie möglich die Wiederbelebung einer unverzichtbaren Technologie einzuleiten.

All dies ist im allgemeineren Kontext der Beziehung unserer menschlichen Gesellschaft zu unserer natürlichen Umwelt zu sehen: Ein Prinzip der Verantwortung zwingt uns, Entscheidungen zu treffen, ohne uns in Aufschieberitis und Vorsorgemassnahmen aus Prinzip zu flüchten.

Le texte original en français de cet article a été publié sur le blog de l’auteur:
Le devoir de relancer le débat sur le nucléaire
Avec mes remerciements à Markus Saurer pour son assistance à la traduction.

Facebooktwitterlinkedinmail

9 thoughts on “Die Pflicht, die Atomdebatte neu zu beleben”

  1. Das ist alles richtig und klug argumentiert. Nun beim Energie Science Center der ETHZ argumentiert man immer noch, dass es mit Millionen von PV-Anlagen und Importen von Windenergie im Winter geht. Und mehrere Gastkraftwerke als Reserve nur vielleicht benötigt, alles auf Grundlage von wissenschaftlichen Marktmodellen. Und Axpo sagt dasselbe, siehe was Ch. Brand kürzlich auf linkedin gepostet hat … , ebenfalls auf Grundlagen von technisch-ökonomischen Modellen. Solange wir im Winter warm duschen können und die alten KKW laufen, bleiben kluge und sachliche Argumente leider unwirksam.

      1. Das dauert noch eine Ewigkeit bis es soweit ist, auch beim CCN ist man nicht überzeugt, das es notwendig ist! Das Problem ist, dass sogar bei der ETHZ die Bedeutung der KKW für eine sichere Stromversorgung im Winter nicht verstanden wird. Das weitere grössere Problem ist, dass der Strommarkt, sowohl in Europa wie in der Schweiz, nicht die richtigen Anreize liefert, damit neue Bandkraftwerke gebaut werden. Deswegen ist der Bau von neuen KKW für Axpo und Alpiq kein Thema. Weil heute Ökonomen und Juristen diese Firmen leiten und Ingenieure kaum noch was zu sagen haben. Die Ökonomen verstehen alles besser, sie haben ihre tollen Modelle und Verantwortung für die Zukunft müssen sie nicht tragen. Es zählt nur noch was heute und morgen verdient werden kann, und nicht ob es übermorgen Probleme geben könnte.

        1. “Das Problem ist, dass sogar bei der ETHZ die Bedeutung der KKW für eine sichere Stromversorgung im Winter nicht verstanden wird.”
          Martin Schlumpf hat das kürzlich und meisterhaft bewiesen :
          “Wer glaubt, Solarstrom könnte die Schweiz im Winter versorgen, irrt. Um nur ein einziges Kernkraftwerk [z.B., EPR Olkiluoto mit 1,6 GWe] im Winter zu ersetzen, müsste man die Alpen mit 5000 Solaranlagen [z.B., Alpinsolar mit 2,2 MWp] zupflastern.”
          https://www.schlumpf-argumente.ch/atomstrom-ist-billiger-als-solarstrom-2/
          https://weltwoche.ch/story/atomstrom-ist-billiger-als-solarstrom/
          und auf Französisch :
          https://clubenergie2051.ch/2024/11/19/lenergie-nucleaire-est-moins-chere-que-lenergie-solaire-un-article-de-martin-schlumpf/

  2. Das ist ein sehr guter Beitrag. Schade, dass an der COP29 in Baku die moderne Kernenergie nicht die geringste Aufmerksamkeit findet!

  3. Hervorragend, Michel!
    Und da ist noch das Faktum, dass links- grüne Ideologen (“anti Nuklear Lobby”) zu Begriffen wie “Atomlobby”, “Klimaleugner” und ähnlichem greift, wenn oder weil ihnen Sachargumente fehlen.
    Man muss sich in dieser Debatte auch immer wieder an folgendes erinnern:
    * Die Orwell’schen Thesen im Buch “1984”, da besonders an den Begriff “Newspeak”. Schönreden ohne Substanz und verdrehen von Begriffen hat Hochkultur in der Terminologie der links- grünen Bewegung.
    * Und an Brandolini (2013): “The amount of energy needed to refute bullshit is an order of magnitude bigger than to produce it” (Das wiederlegen von Schwachsinn [“Bocksmist”] erfordert eine Grössenordnung mehr Energie als dessen Produktion).

  4. Die Pro-Kernkraft-Seite sollte durchaus plakativ argumentieren.

    Jedem “Aber der Abfall” ein “Entsorgung ist gelöst” entgegensetzen. Jedem “Gefährlich!” Ein “Sicher, wie Fukushima paradox gezeigt hat”.

    Es gibt immer wieder neue Mitleser, und die kann man mit einzelnen Aussagen informieren.

  5. Michel de Rougemont schreibt: “Deshalb sind alle für ein Abkommen mit der Europäischen Union, egal welcher Art, solange es ihnen Zugang zum sogenannten freien Strommarkt verschafft. All das verdient keine weitere Aufmerksamkeit. ”
    Leider sind alle für ein Abkommen mit der EU, egal welcher Art. Es geht nicht an, dass wir z.B. wegen eines schlechten Stromabkommens, die Bilateralen III, inkl. die dynamische EU-Rechtsübernahme und die fremden Richter (EUGH) akzeptieren müssen. Dieser gesamtheitlichen Thematik und deren breitgefächerte, langfristige, negative Folgen müssen wir unsere grösste Aufmerksamkeit schenken. Lieber gar kein Stromabkommen als eine ganzheitliche Abhängigkeit von der EU.

  6. Alles richtig. Ergänzend dazu kann man auf Tele Z am Mittwoch und Freitag 20. und 22. November auch das hervorragende 43minütige Inteview mit Irene und Simon Aegerter anschauen.

    Die Manipulation der Sprache ist über ein Jahrhundert lang Bestandteil der linken Trickkiste: untaugliche marxistische Ideen aus dem Papierkorb der Weltgeschichte sind “progressiv”, Unterdrückung heisst “Revolution” und Aufstand dagegen ist “Konterrevolution”, Kämpfer gegen die linke Mafia sind “reaktionär”, und jeder der eine andere Meinung hat, ist ein “Faschist”. Und wenn man gar nicht mehr weiter weiss, erfindet man noch die “Bankenlobby”, die “Börsenlobby”, die “Hauseigentümerlobby”, die “Versicherungslobby”, die “Atomlobby”….. und nicht genug damit, will man das Kulturgut deutsche Sprache mit Wortverballhornungen und einem star war bis zur Unkenntlichkeit massakrieren.

    Man will den Leuten die Sprache nehmen, so wie man ihnen die Geschichte nehmen will: Tell und Rütli darf es nicht mehr geben, de Pury and Escher werden als Sklavenhändler verschrien (mit der Anmerkung, der letztere sei noch viel schlimmer gewesen: er habe die Kreditanstalt gegründet), während der Held der finnischen Armee gegen den sowjetischen Agressionskrieg, General Karl L. Oesch aus Schwarzenegg BE, als Nazi verkauft wird.

    Die Anhänger dieses links-grünen Terrors können kaum innert nützlicher Frist bekehrt werden. Umso dingender ist es, die bürgerlichen Kreise vom Unsinn der heutigen Energiepolitik zu überzeugen. Nicht bloss die Herren Imark und Burkard, sondern jeden vernünftig denkenden Menschen. Argumente gibt es mehr als genug. Wichtig wäre jetzt, diese süffig zu vermarkten. “Auf so einfache Art, dass es sogar ein Bundesrat versteht”, wie Willy Ritschard jeweils zu sagen pflegte.

Schreiben Sie einen Kommentar

Bitte beachten Sie: Kommentare sind auf 2000 Zeichen begrenzt.