Wettbewerbspolitik.org: Erfolgsaussichten einer Effizienzverteidigung

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von Adrian Raass

Nachdem das Bundesgericht entschieden hat, dass die Vermutungstatbestände von Art. 5 Abs. 3 und 4 KG den Wettbewerb zumindest (ausser in noch zu definierenden Bagatellfällen) erheblich beeinträchtigen, sind die in den genannten Bestimmungen erfassten Abreden unzulässig, sofern sie sich nicht durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz rechtfertigen lassen (Art. 5 Abs. 2 KG). 

Reblog aus dem Blog Wettbewerbspolitik.org

Soll das Urteil des Bundesgerichts nicht ein faktisches per se Verbot der erwähnten Abreden zur Folge haben, dürfen an den Nachweis solcher Rechtfertigungsgründe keine übertriebenen Ansprüche gestellt werden. Die so genannte Effizienzverteidigung muss eine reale Möglichkeit bleiben. 

Daran bestehen leider Zweifel. 

Im Fall “Saiteninstrumente (Gitarren und Bässe) und Zubehör” (vgl. RPW 2016/3, S. 722 ff.) machte die WEKO Mindestpreisvorgaben der Musik Olar AG, Generalimporteurin und Grosshändlerin von Produkten der Musikbranche, an ihre Händler aus. Damit lag ein Tatbestand nach Art. 5 Abs. 4 KG vor. Die WEKO konnte zwar eine Beseitigung des wirksamen Wettbewerbs ausschliessen (“funktionierender Interbrand-Wettbewerb [ist] zu bejahen”; Rz. 127; minimale geschätzte Marktanteile von [0 – 10%]; Rz. 141), fand aber eine erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist daran wohl nichts auszusetzen. 

Zu rechtfertigen waren die Mindestpreisvorgaben der Musik Olar somit nur noch durch Effizienzgründe. Die WEKO anerkannte zwar, dass die bei Preisvorgaben vermuteten Effizienzgründe – Trittbrettfahrerproblematik, Sicherung der Einheitlichkeit und Qualität der Vertragsprodukte – im konkreten Fall vorliegen könnten. Kritisch zu beurteilen ist jedoch, dass die WEKO danach behauptete, dies hätte mit milderen Mitteln ebensogut erreicht werden können. Diese Behauptung wurde weder durch ein fachmännisches Gutachten gestützt noch können sich die Mitglieder der WEKO oder ihres Sekretariats auf eigene praktische Erfahrung im Produkteverkauf berufen. Die Vorbringen der Musik Olar wurden also mit theoretischen Bemerkungen weggewischt. 

Die Praxis in Europa ist leider dieselbe. So hat das Bundeskartellamt (BKartA) soeben Bussgelder wegen vertikaler Preisbindung gegen Möbelhändler verhängt (vgl. hier). Im Fallbericht zur Sache sucht man vergeblich nach einer Diskussion möglicher Effizienzgründe für diese Preisvorgaben. Im den Hinweisen des BKartA zum Preisbindungsverbot im Lebensmitteleinzelhandel anerkennt das BKartA zwar Effizienzgründe für Preisbindungen, meint indes gleich wie die WEKO, dass solche effizienzsteigernden Massnahmen regelmässig über weniger weitreichende Beschränkungen möglich seien (vgl. hier). 

Die Erfolgsaussichten für eine Effizienzverteidigung sind damit eher düster.

Vergleichen Sie dazu auch den Originalbeitrag von Raass in Wettbewerbspolitik.org.

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