Energiepolitik: Abstruser geht es nicht!

Mein Leserbrief in den Glarner Nachrichten (Südostschweiz Region) vom 29. Dezember 2022:

Abstruser geht es nicht!

Wie viele Hunderte Millionen von Subventionen müssen noch in die abstruse und grundfalsche Energiestrategie 2050 hineingebuttert werden, bis der letzte Politiker merkt, dass nachts die Sonne auch auf 2000 m ü.M. nicht scheint und die Schweiz kein Windland ist. Es ist zwar gut, dass kurzfristig die Zeiten ohne Sonne und ohne Wind mit dreckigen Reserve-Gaskraftwerken in Birr (AG) überbrückt werden können. Problematisch nur: Damit laufen nochmals Kosten von mindestens 500 Millionen Franken plus Ölkosten – neben der Wasserkraftreserve von 300 Millionen – auf. Problematischer noch: Gute Energiepolitik wäre eigentlich langfristig ausgerichtet! Unsere Staumauern und Grosskraftwerke wurden im letzten Jahrhundert gebaut. Längerfristig werden Datencenters, Wärmepumpen, E-Autos und der  Ersatz von Öl und Gas mindestens 50 Prozent (entspricht 30 Milliarden Kilowattstunden) mehr Strom als heute benötigen.

Unverzeihbar nur: Solche Mengen an Strom durch Erneuerbare oder Sparen oder Importe oder zusätzliche Öl/Gaskraftwerke (ohne das Netto-Null-Ziel weit zu verfehlen) hervorzuzaubern, geht nicht. Noch unverzeihbarer: Auch mehrere zusätzliche Speicherseen können mit mehreren Milliarden Subventionen (um Sommer-Stromüberschuss in den Winter zu verlagern) nicht schnell genug gebaut werden. Dazu kommt, dass zum Beispiel von Deutschland seit Jahren erneuerbarer Überschuss-Strom im Sommer gratis oder zu negativen Preisen importiert werden kann. Schlecht nur, dass deshalb im Sommer unsere Schweizer Wasserkraft noch unrentabler wird. Noch schlechter: Wir tragen dazu mit mehr subventionierten Erneuerbaren im Inland kräftig bei. Natürlich könnten wir mit Zuschüssen und Verlusten aus Strom Gas herstellen, Gasspeicher bauen und im Winter wieder in Strom umwandeln. Unerwünscht ist nur: Das ist ineffizient. Noch unerwünschter: So lässt sich das Subventions-Karussell beliebig weiter drehen. Leider wird es bei der Strom- und Gasrechnung nicht stoppen.  Die abstruse Energiestrategie 2050 gibt keine Versorgungssicherheit und ist unbezahlbar.

Die einzig praktikable Lösung sind neue Kernkraftwerke (KKW). Deren Planung muss sofort beginnen. In Abu Dhabi wurden vier KKW à 1400 Megawatt innert 12 Jahren für total etwa 20 Milliarden Franken gebaut. KKW liefern langfristig (einige KKW in den USA haben Betriebslizenzen für 80 Jahre), rund um die Uhr, wetterunabhängigen Strom. KKW brauchen deshalb keine teuren landschaftsschädigenden Speicher für den Winter. Der Bundesrat hat den technischen Sicherheits-Nachweis für geologische Tiefenlager vor fast 20 Jahren genehmigt. Das ist perfekte Nachhaltigkeit. Statt weiterhin über Jahrzehnte mit Solarpanels mindestens doppelt so viel CO2 pro Kilowattstunde in die Luft zu pusten wie mit KKW.

Als Bürgerin und Bürger können Sie die Initiative «Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)», blackout-stoppen.ch, unterzeichnen und damit eine echt nachhaltige Energiewende einleiten!

Hans Achermann aus Mollis


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13 thoughts on “Energiepolitik: Abstruser geht es nicht!”

  1. Für Windanlagen sind vom Bundesrat noch 4.3 Milliarden Franken KEV Förderbeiträge geplant (Antwort auf 2 Interpellationen)!
    Und das alles für Flatterstrom ohne Berücksichtigung von Backup-Kraftwerken oder Speicher.

  2. Wann endlich geht dem Deutsch sprachigen Teil der Welt die Augen auf? Weltweit sind über 40 Kraftwerke der Generation 3 und 3+ am Netz, über 40 im Bau und über 80 in Planung. Die sind inherent, eine Kernschmelze ist also schon verfahrenstechnisch ausgeschlossen. Mit den im Paul Scherrer Institut eingelagerten zu 5% abgebrannten Kernbrennstäbe hat die Schweiz mit den Reaktortypen der Generation 4, eine Energie Reserve von mehreren Hundert Jahren im eigenen Land. Und wir leisten uns ein Technologieverbot und sammeln für Milliarden von Franken die dünnste, nicht dümmste, Energieform, wie Sonnen- und Windenergie ein. Vielleicht ist eine stromlose Zeit für das Schweizervolk die heilsamste Methode wieder den gesunden Menschenverstand zurück zu gewinnen. Die Augen gehen uns, wie den Kartoffeln, erst auf, wenn wir im Dreck ( Dunkeln) stecken.

  3. Man gewinnt den Eindruck, dass sowohl die Mehrheit der Politiker wie das Volk veraltete Vorstellungen von Atomkraftwerken hat. Neueste Generationen von sicheren Kernkraftwerken mit weniger Abfall sind bereits am Markt erhältlich und könnten in wenigen Jahren installiert werden; weitere nutzbare Kernbrennstäbe sind ebenfalls vorhanden; aber das Umdenken basierend auf Fakten nicht auf grünen unrealistischen Wunschbildern muss zuerst mal auf breiter Front stattfinden!

  4. Man darf effektiv gespannt sein, ob die Politik und die Bevölkerung in den nächsten 5 Jahren einsehen werden, dass eine Energiewende, sprich der Ersatz von Öl, Erdgas und Uran durch andere Quellen, in der Schweiz allein mit Sonne und ein bisschen Wind kaum zu bewerkstelligen ist. Erstaunlich ist, dass sogar Axpo und Alpiq diese Politik weiterhin unterstützen. Die einzige Erklärung ist vermutlich, dass in der Geschäftsleitung dieser Firmen vor allem Betriebswirtschaftler und Juristen mit einem Planungshorizont von 5 bis maximum 10 Jahren das Sagen haben. Im heutigen liberalisierten Strommarkt, wo die Erneuerbaren priorisiert werden und andere Produktionsarten hinten anstehen müssen, fehlt z. B. ein Premium für Kraftwerke, welche gesicherte Leistung liefern können. Die EU überlegt zurzeit, ob der Marktdesign nicht angepasst werden sollte, damit diese offensichtlichen Designfehler korrigiert werden. Kluge Regierungen in Frankreich, in den Niederlanden und in GB haben aber in der Zwischenzeit verstanden, dass im heutigen europäischen Strommarktdesign eine Energiewende ohne staatliche Förderung der Kernenergie illusorisch bleiben wird.

    1. Völlig einverstanden, Herr Huber, nur haben Sie schon wieder ein Problem mit dem “liberalisierten Strommarkt”. Dabei wäre eine Förderung und Priorisierung der unterlegenen Technologien Sonne und Wind in einem liberalen Markt ja gar nicht möglich. It’s the state, stupid!

      1. So einfach ist es leider nicht! Im heutigen Strommarktdesign mit dem Merit Order haben die Erneuerbaren wie Sonne und Wind die tiefsten Grenzkosten und die Kernkraftwerke, wenn sie nicht als Grundlast wie vor der Marktöffnung priorisiert werden, wesentlich höhere Produktionskosten! It’s not only the state stupid, but maybe not all liberal economists are able to understand what it needs to ensure a secure electrical supply in the real physical world …

        1. Nein, die kurzfristigen Grenzkosten der Kernkraft sind praktisch Null. Diejenigen von Wind und Sonne auch, doch liefern die ein ganz anderes Gut. Dass dem so ist, haben wir in diesem Blog schon zur Genüge erläutert. Würden Sie am Day-ahead Markt für den nächsten Tag Sonne und Wind einkaufen wollen, wenn sie Tausende Haushalte beliefern müssten? Wohl kaum! Nur wer durch die Regulierung genötigt wird, priorisiert Sonne und Wind… und muss dann noch diverse (und teure) Massnahmen treffen, um trotzdem eine stetige Lieferung den Endkunden garantieren zu können. Das alles hat mir Markt und Liberalisierung rein nichts zu tun.

          1. Im Day-ahead Market beschaffen oder verkaufen die Marktakteure, sprich die Bilanzgruppen, nur den Strom den sie zusätzlich benötigen, um eine ausgeglichene Energiebilanz für jede Stunde am folgenden Tag zu gewährleisten. Diesen Strom können KKW nicht liefern, weil sie dafür zu wenig flexibel sind. Die Abweichungen innerhalb der Stunde muss dann Swissgrid mit Regelenergie ausgleichen, das geht auch nur mit flexiblen Regelkraftwerken, was KKW per Defintion nicht sind. Ohne Priorisierung im heutigen Energy Only Market sind KKW nicht konkurrenzfähig, weil sie im Merit Order kaum günstigere Produktionskosten als Kohle- und Gaskraftwerke aufweisen, wenn sie nicht rund um die Uhr laufen.

  5. Ein Pessimist müsste im Sinne von Hans Rentschs Beitrag (https://www.c-c-netzwerk.ch/2023/01/03/der-neue-moraladel-praegt-unsere-illusionaere-klimapolitik/) befürchten, dass diese abstruse – oder sagen wir sogar: sozial-masochistische – Energiepolitik noch solange die Oberhand behält als wir den Moraladel noch durchfüttern oder überfüttern. Das tun wir insbesondere mit überbezahlten Verwaltungsstellen bei Bund, Kantonen und Gemeinden, von denen es gerade mit dieser maximal interventionistischen Politik immer mehr gibt – ein Teufelskreis!

    Machen wir so weiter, bis uns das Futter auch für den Moraladel ausgeht? Oder kann ich als Optimist darauf hoffen, dass uns ein paar einsichtige und führungsstarke Politikerinnen oder Politiker wie Rösti, Wasserfallen, Dobler, Imark, Martullo-Blocher u.s.w. (?) noch rechtzeitig retten?

    1. Ich habe Mitleid für Ihre Verzweiflung Herr Saurer, und das vor allem weil Sie nicht bereit sind sachlich eine Diskussion weiter zu führen, siehe oben ….

  6. Die totale Tragik an der Geschichte ist wohl, dass offensichtlich kein einziger Schweizer Politiker die Grösse aufbringen kann zuzugeben, dass er mit der Unterstützung der bisher getroffenen Massnahmen völlig falsch liegt und dadurch die gewählte und dauernd modifizierte Energiestrategie mit Sicherheit zum grössten flop im Land seit Menschengedenken führen dürfte und damit zu katastrophalen wirtschaftlichen Schäden. Die finanziellen Folgen von Covid wären im Vergleich dazu ein klax. Erst wenn die entstandenen Schäden einmal für ALLE sicht- und fühlbar werden und damit leider viel zu spät, werden möglicherweise öffentliche Schuldzuweisungen und das entsprechende “fingerpointing” folgen. Den allermeisten Leuten fehlt erfahrungsgemäss zudem jede auch nur einigermassen realistische Vorstellung über den mittelfristig benötigten Strombedarf. Sie leben in “Fantasyland”und haben bereits vor Jahren ausgesprochene Warnungen geflissentlich ignoriert. Ich denke, dass die frappante Unfähigkeit der meisten Politiker in der Energiepolitik richtig zu handeln unter anderem der Tatsache geschuldet ist, dass in einem kleinen Land wie der Schweiz, wo praktisch jeder Politiker jeden kennt, niemand wagt, den Namen der wahren Verantwortlichen für die angerichtete “mess” in der Öffentlichkeit auszusprechen, weil er dann ein Opfer von “Retourkutschen” werden würde. Also jederzeit den Mund halten ist die Devise.

  7. Wahrscheinlich haben sich nur wenige Politiker INTENSIV mit Energiepolitik befasst. Meistens wird das rezitiert, was die Mitglieder der eigenen Partei in den Kommissionen beantragt haben.
    Eine Jagd nach Sündenböcken wäre kaum zielführend, davon gibt es zu viele. Ein mea culpa ist in der Schweizer Politik tatsächlich nicht üblich, eher ein “ich nicht, der andere auch”.
    Mir scheint aber weder das eine noch das andere nötig. Der typische helvetische Ausweg besteht meistens darin, dass man sich auf NEUE ERKENNTNISSE beruft (auch wenn diese schon Jahrzehnte alt sind), etwa nach dem Motto: früher dachte jedemann, dass A gut sei, aber neueste Erkenntnisse haben gezeigt, dass man das Ziel mit B besser erreichen kann. Da sich niemand neuen Erkenntnissen verschliessen will, sind dann alle für B (insbesondere dann, wenn sie gemerkt haben, dass A in die Sackgasse führt).

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