​Amadeus und die schweizerische Energiepolitik

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„Amerika strebt nach Energie-Dominanz”, so ein Titel in der NZZ vom letzten Samstag. Die Regierung Trump wolle die Exporte von Öl, Gas und Kohle erhöhen und auch die Atomkraft neu beleben. Vorbei seien die Diskussionen über “Peak Energy” oder die Abhängigkeit von fremden Energiemächten. Wenn man sich vergegenwärtigt, wie die Entwicklung der Shale Gas Vorkommen angegangen wurde – was die USA innerhalb von 10 Jahren vom grössten Öl- und Gas Importeur zum Selbstversorger wandelte – oder welcher “Drive” in Nuklearentwicklungen wie „Transatomic Power” steckt, dann ahnt man, wo die Gravitationspunkte der weltweiten Energiezukunft liegen werden.

Vor kurzem hat ein junger chinesischer Post Grad Student der ETH, der auch am PSI tätig ist und zuvor am Institute of Nuclear and New Energy Technology (INET) gearbeitet hatte, über die Forschung an ebendiesem Institut berichtet – dies dem chinesischen Charakter entsprechend mit grosser Bescheidenheit, jedoch mit spürbarer Begeisterung für das schon Erreichte und für das Neue, an dem immer noch mit grossem Einsatz gearbeitet wird. Inhaltlich fokussierte sich seinen Vortrag auf die Entwicklung des heliumgekühlten Hochtemperaturreaktors vom Typ HTR-PM, dessen erste kommerzielle Anlage plangemäss im kommenden Oktober 2017 ans Netz gehen soll.

Da ich seit 2005 in engem Arbeitskontakt mit INET war, kenne ich diese Entwicklung und weiss ihr grosses technisches (Effizienz, Sicherheit) und kommerzielles Potential (Kosten) zu werten. China hätte grosses Interesse an einer Zusammenarbeit mit Schweizerischen Institutionen und Unternehmen der F&E und der Wirtschaft gehabt. Entsprechende Vertragsentwürfe lagen bereits vor – für eine Technologieentwicklung und -umsetzung mit globalem Zukunftspotential. Und Perspektiven mit Begeisterungspotential!

Hochsubventionierte Montage von Metallrahmen auf Dächern und Feldern.

High Tech?

Aber was tut die Schweiz, wie entscheidet sie?

Sie setzt Verbote für Technologien mit den höchsten Energiedichten und Effizienzpotentialen. Sie behindert oder verhindert die vielversprechende wissenschaftliche Forschung, über die der junge Chinese enthusiastisch berichtete, und fördert stattdessen die Montage von Metallrahmen auf Dächern und Feldern mit enormen finanziellen und ideellen Mitteln. Diese Montage (!) wird quasi zur neuen, amtlich approbierten “High Tech” deklariert.

Das soll ein Vorbild sein? Für wen denn?

Rund 320 Millionen Amerikaner und 1’350 Millionen Chinesen haben sich für einen anderen Weg entschieden. Weitere Schwergewichte wie Indien, Indonesien, Japan sind offensichtlich daran, sich dieser Liga anzuschliessen. Ein Gebot ihrer Vernunft!

Was hat das mit Amadeus zu tun?

Im grossartigen gleichnamigen Film von Miloŝ Forman gibt es die phantastische Szene, wo der junge Mozart am Hofe des Erzbischofs von Salzburg (dessen Angestellter er zu dieser Zeit ist) unter einem angerichteten Bankett-Tisch mit einem jungem Mädchen flirtet und ihr das Rückwärtssprechen beibringt. Dabei erklärt er, dass in dieser Welt – am Erzbischöflichen Hof – eben alles rückwärts gehe. „Die gehen rückwärts, reden rückwärts und denken auch rückwärts.”

Die Parallelen zur CH Energiepolitik mit den Bücklingen der Branche vor Bundesbern in Erwartung von grossem Geldsegen sind klar. Mit “vorwärts” – Aufbruch und Fortschritt in neue Technologien der Zukunft – hat diese Politik nichts zu tun. Wie lange werden wir uns leisten wollen (oder können!?), eine Nation im energietechnischen Rückwärtsgang zu sein?

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4 thoughts on “​Amadeus und die schweizerische Energiepolitik”

  1. Das BFE hat bei der Kernenergie nur die Rolle einer Auskunftsstelle. Ein Verbot für neue Kernkraftwerke gibt es im neuen Energiegesetz nur für Kraftwerke der heutigen Generation.
    Auch bei der ETHZ gibt es weiterhin ein Laboratory of Nuclear Energy Systems. Nur für den Rückbau der bestehenden Kernkraftwerke und die Entsorgung der Nuklearabfälle wird die Schweiz noch mindestens 10 Milliarden CHF erwirtschaften müssen. Die Kosten für den späteren Rückbau der PV-Anlagen werden hingegen die Investoren selber stemmen müssen und nicht die Stromkonsumenten oder die Steuerzahler ….

  2. sämtliche Kosten direkt oder indirekt auf die Stromkonsumenten oder Steuerzahler zurückfallen werden, egal um welche Produktionstechnologie es sich handelt?

  3. Tatsächlich hat die Energiewende nach Schweizer Muster vermutlich mehr mit China gemein als man prima vista denken könnte. Die ES 2050 ist so etwas wie der “grosse Sprung nach vorne” gemischt mit Elementen der “Kulturrevolution”. So wie Mao es völlig richtig fand, chinesische Studenten als Landarbeiter einzusetzen, so wird heute Ineffizienz mit Subventionen gefördert. Aber das Marketing funktioniert – man verkauft das Ganze als “High Tech”. Aber wir bei Maos grossem Sprung wird man auch in der Schweiz nach einer verlorenen Dekade vielleicht schlauer. Und die Historiker streiten sich dann um die Bedeutung der “Energiewende”.

  4. Herr Huber,
    In den Erläuterungen zum Energiegesetz war folgendes zu lesen:
    Der Bau neuer Kernkraftwerke wird verboten: Die bestehenden Kraftw erke dürfen in Betrieb bleiben, solange sie sicher sind. Sie dürfen nach ihrer Abschaltung aber nicht ersetzt werden.
    Und weiter steht in der Änderung zum Kernenergiegesetz (als Teil des Energiegesetzes (resp. Teil der Mogelpackung):
    Art. 12a Verbot des Erteilens der Rahmenbewilligung für Kernkraftwerke Rahmenbewilligungen für die Erstellung von Kernkraftwerken dürfen nicht erteilt werden.
    Somit ist das Technologieverbot vorerst ohne wenn und aber besiegelt.
    Zudem: Am PSI ist es genau eine Person, welche sich noch mit dem Thema MSR Technologie befasst (molten salt reactor). in China und den USA sind hunderte von Wissenschaftern damit beschäftigt. Die von Ihnen genannte Professur an der ETH wurde grossenteils von einem Wirtschaftsverband finanziert, der sich kürzlich selbst aufgelöst hat. Wie das nun weitergeht ist möglicherweise offen. Mit anderen Worten. Was diesbezüglich in der Schweiz noch läuft ist zum sterben (noch) Zuviel, zum überleben jedoch viel zu wenig,
    Emanuel Höhener

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