Frauenförderung

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Ich bestreite nicht, dass es früher einmal eine primär geschlechterbezogene Diskriminierung der Frauen gegeben hat, die aber jetzt überwunden ist. Das Wahl- und Stimmrecht haben Frauen bei uns zu spät erhalten. Aber die Schweiz ist andererseits das einzige Land, das in einer reinen Männer-Volksabstimmung die Privilegierung der Männer abgeschafft hat.

Auch wirtschaftlich ist die Benachteiligung keine primär geschlechtsspezifische mehr, sondern in erster Linie familienbedingt. Berufstätige Frauen mit Kindern sind eingeschränkt, weil sie häufig nur Teilzeit arbeiten und dadurch (wie Männer auch) in der Karriere behindert werden. Auch mehrjährige Unterbrüche gerade in gehobenen Positionen können entscheidende Aufstiegschancen verbauen. Ich rede aus Erfahrung, denn gerade so um die 40 herum musste ich alles auf den Beruf beziehungsweise die Berufung konzentrieren und die Kinderbetreuung meiner Gattin überlassen. Doppelverdienende Familien mit Kindern werden auch finanziell stärker belastet, indem Krippenplätze einkommensabhängig finanziert werden und so einen Grossteil des Verdienstes der Frauen wegfressen. Aber wenn die Kids schulpflichtig werden, ist ja dann alles im Butter.

Leider nicht – im Gegenteil. Ich stütze mich auf einen mir sehr gut bekannten, weil nahe verwandten Fall aus Basel-Stadt. Es handelt sich um ein Mädchen im Kindergarten und drei Buben zwischen 9 und 13 in öffentlichen Schulen. Alle haben an drei Standorten ganz verschiedene Stundenpläne mit unterschiedlichen Mittagspausen und freien Nachmittagen. Es gibt keinen einzigen Nachmittag, an dem alle frei haben, aber auch keinen, an dem alle in der Schule sind. Die Mittagspausen beginnen um 12.00, 12.15 und 12.30 Uhr. Am Nachmittag geht es entweder um 13.30 oder 14.00 Uhr weiter, aber das Ende liegt bei 15.05, 15.45, 16.00, 16.15, 16.30, 16.50 oder 17.40 Uhr. Am Morgen ist der Beginn für alle um 8.00 Uhr. Die einzige für die Mutter frei planbare Zeit ist somit an Werktagen zwischen 8.30 und 11.30 Uhr. Sonst hat sie kaum eine Chance, das Haus zu verlassen.

Die Stundenpläne scheinen sich nach den Lehrkräften zu richten und nicht den erwerbstätigen Familien. Wie viele freie Nachmittage haben die Lehrer im Durchschnitt? Kürzlich las ich eine Überschrift: «Tagesschulen machen die Schüler nicht klüger.» Schulen machen an sich die Kinder nicht klüger, sondern wecken Interesse am selber Lernen und schaffen produktive Strukturen dafür. Tagesschulen sind aber sicher die beste und billigste Familienförderung. Praktisch auf der ganzen Welt sind Schüler unter der Woche von 9 bis 16 Uhr in der Schule, wo sie zu Mittag essen, aber auch einen Grossteil ihrer Hausaufgaben erledigen oder ihre Hobbys pflegen. Ich war vor mehr als 50 Jahren im hinterwäldlerischen Nebraska in einer Schule, die von 9 bis 15 Uhr unterrichtete und dann Raum und Zeit für individuelle Weiterbildung, Sport oder Musik anbot. Wir waren somit tagsüber von 9 bis 17 Uhr sicher und planbar versorgt. Statt Tagesschulen einzurichten, erfinden wir eine Lohnpolizei oder flexiblere Arbeitsbedingungen. Erstere ist ein bürokratisches Monster, Letzteres ist nötig, aber ohne standardisierte und obligatorische Schulzeiten kaum zielführend. Die freiwilligen Tagesstrukturen sind eine zaghafte und intransparente Verlegenheitslösung und für die 14 Wochen Ferien gar keine. Ich hatte zehn Tage Heuferien und sieben Wochen Herbstferien, die arbeitend auf dem Feld verbracht wurden. Aber die Herbst- und Frühlingsferien haben überlebt.

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