Wissenschaftliche Erkenntnis ist nie abschliessend

Die Corona-Pandemie zeigt es. Auch Epidemiologen und Virologen verfügen bei einer Pandemie nicht über das vollständig notwendige Wissen. Nicht nur das, sie können bisweilen sogar falsch liegen. Erst im Nachhinein ist es möglich ihre Empfehlungen zu beurteilen, man kann sie deswegen nicht verurteilen. Fehlerhafte Einschätzungen können zwar schlimme Folgen haben, solange sie nicht gegen besseres Wissen erfolgten, sind sie aber nicht strafbar. Fehler liegen in der Natur des nie vollständigen Wissens. Die sorgfältige Analyse danach führt hingegen zu erweitertem Wissen. Das ist das Wesen der Wissenschaft. Wissenschaftliche Erkenntnis ist nie abschliessend.

Experten können selbst in ihrem Gebiet nie allein über das relevante Wissen verfügen. Schon gar nicht was mutmassliche Folgen ihrer Expertise betrifft. Für jeden Entscheidungsträger, im vorliegenden Falle der Bundesrat, wäre es deshalb fatal, sich nur auf die Meinung medizinischer Experten abzustützen. Die Pandemie ist eine Sache, die wirtschaftlichen und die gesellschaftlichen Folgen eine Andere. Das Abschätzen dieser Folgen fällt definitiv nicht mehr in die Kompetenz dieser Experten. 

Die reale Welt ist weit komplexer als jede Modellierung erlaubt. Vermutlich ist das für alle eine der positiven Lehren aus der Pandemie. Es ist erfreulich, wie offen und streitbar die Diskussion zu pro und contra von Massnahmen in den Medien zurzeit noch geführt wird. Leider werden aber nun auch hier zunehmend Tendenzen erkennbar, unliebsame Skeptiker schnell als Verschwörungstheoretiker abzustempeln. Leider schiessen auch abstruse Ideen ins Kraut und machen die Sache nicht einfacher. Sachliche Einwände sollten jedoch immer ernst genommen werden. Vermutungen zu düsteren Masterplänen hingegen nicht. Transparenz über die Quellen der Information kann unqualifizierte Meinungen eindämmen. Transparenz ist eine alte und zentrale Forderung der Aufklärung. 

In der Klimadebatte ist der sachliche Disput durch die starke Emotionalisierung des Themas zum Erliegen gekommen. Das Dogma lautet Netto-Null CO2-Emissionen. Wer nach den Kausalzusammenhängen und möglichen Kollateralschäden fragt, wird unzimperlich als Klimaleugner diffamiert. Experten verschanzen sich hinter Rechenmodellen und lassen sich ihre Deutungshoheit nicht anfechten

Noch blockierter ist die Diskussion um die Kernenergie. Hier sind es nicht einmal die anerkannten Experten, welche die Diskussion abwürgen, sondern die Selbsternannten. Unter Physikern ist es unbestritten, dass mittels Fission (Kernspaltung) und Fusion (Kernverschmelzung) Energien freigesetzt werden, welche diejenige der Verbrennung fossiler Brennstoffe um Grössenordnungen übersteigen. In voller Anerkennung aller verfahrenstechnischer Schwierigkeiten, betriebswirtschaftlicher Herausforderungen und den höchsten Ansprüchen an die Sicherheit, hat Kernenergie aus physikalischer Sicht das Potential fossile Energie zu substituieren. 

Im Gegensatz zu allen Erneuerbaren – inklusive der Wasserkraft – hat Kernenergie das Potential, den problematischen, aber unvermeidbaren Eingriff des Menschen in die Natur substanziell zu reduzieren. Das geht wesentlich tiefer als nur die Reduktion von Treibhausgasen.  

Diese Diskussion muss unbefangen, vorurteilslos und in gesitteter Form endlich wieder aufgenommen werden, auch wenn sie schwierig sein wird. Was ist aus dem kritischen Rationalismus von Karl Popper geworden? Er beschreibt, dass jeder eingestehen sollte, dass er sich in seiner eigenen Meinung irren kann, der andere recht haben kann und erst zusammen vielleicht die Wahrheit gefunden werden kann. Wir erleben aktuell, wie unvollständig Expertise sein kann, wenn sie nur aus einer Richtung kommt und nicht das ganze Spektrum des Wissens einbezieht.

Wenn uns also die Corona-Pandemie etwas lernen kann, ist es das ständige Hinterfragen einseitigen Expertenwissens. Wir müssen dringend wieder lernen echte Dispute zu führen, so unterschiedlich die Meinungen sein mögen. Und das ohne Ausgrenzungen und Inanspruchnahme alleiniger Deutungshoheit. Die Welt ist komplex. Mit pauschalen Vereinfachungen wird sie nicht besser.

Facebooktwitterlinkedinmail

1 thought on “Wissenschaftliche Erkenntnis ist nie abschliessend”

  1. Gute Worte in jedermanns Ohr!

    Fakt ist auch, wie Gates einmal sagte: ‘We screwed up our priorities’. Nichts Verschwörung. Tatsache.

    Klima: Ganze Welt in Schrecken versetzen, Millionen mobilisieren, Billionen ausgeben, ein politisches und mediales Getöse sondergleichen, fanatische Proteste, nur wegen wobbligen Modellen, ein lebensnotwendiges Molekül ‘bekämpfen’ (von dem wir, nota bene, 40’000 ppm bei jedem Seufzer in die Umwelt blasen, bei 4000 ppm in einem schlecht gelüfteten Schulzimmer überleben).

    Pandemie: Wegen – sowieso nicht kontrollierbarem – Klima sind wir mit Weltuntergangshysterien beschäftigt. Dabei wird eine tödliche Virenausbreitung in China nicht als Gefahr für uns wahrgenommen. Einfachste Vorsichtsmassnahmen werden verschlampt, trotz gutem Plan https://tinyurl.com/y93884u2 . Dann aber plötzlich panisch die Wirtschaft, das soziale Leben abmurksen und dabei immensen psychischen und materiellen Schaden anrichten.

    Auch den borniertesten Friday Aktivist*innen sollte ein Licht aufgehen: Wegen einem CO2 Molekül muss niemand in die Intensivstation, wegen einem CO Virus schon.

    Die nächste Pandemie kommt bestimmt. Um hier und jetzt Leben zu retten, müssen wir Prioritäten setzen – auch wenn es dabei ein paar Grad wärmer wird. Überleben tun wir das ganz bestimmt.

Schreiben Sie einen Kommentar

Bitte beachten Sie: Kommentare sind auf 2000 Zeichen begrenzt.