Windenergie versus intakte Landschaft? Eine objektive Annäherung

Mein Blog soll Ausgangspunkt für eine ganze Reihe von Beiträgen zum Umweltschutz werden, wobei – soviel kann ich bereits sagen– meine fünf Schwerpunkte und Anliegen für viele Leserinnen und Leser auf den ersten Blick eher unkonventionell sein dürften: Anarchie, Informationsverarbeitung, Optimismus, Subjektivität, Unternehmer. Dabei will ich gleichzeitig das Erbe von fünf grossen Ökonomen hochhalten: Ronald Coase, Friedrich Hayek, Julian Simon, Carl Menger und Joseph Schumpeter. Soviel als Einleitung und damit komme ich gleich zur Sache und beginne mit einem Gedanken über Subjektivität.

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Im Umwelt-Komitee gegen das Energiegesetz engagieren sich Fachleute wie Philippe Roch, der frühere Chef des Bundesamts für Umwelt, Prof. Dr. Urs Glutz von Blotzheim, ein Ornithologe erster Güte, oder Hans Weiss, die Ikone des Landschaftsschutzes gemeinhin. Aber auch im Wissenschaftskomitee für die Energiestrategie 2050 haben sich gegen die 60 Professoren zusammengeschlossen, um für das neue Energiegesetz zu kämpfen, darunter namhafte Physiker, Ökologen und Ökonomen. Rein von der Anzahl der engagierten Wissenschaftler müsste man am kommenden Wochenende ein Ja in die Urne einlegen. Doch ist es wirklich so einfach, sich eine Meinung zu bilden?

Ich bin der Auffassung, dass es noch viel einfacher ist und quasi eine objektive Annäherung an den Streitgegenstand gibt. Sie besteht darin, sich selber die Frage zu stellen, was einem wichtiger ist: Strom aus Windenergie zu unterstützen und Ja zu stimmen oder an der heutigen Landschaft ohne Windränder festzuhalten und Nein zu stimmen?

Ich will damit sagen, dass jede und jeder von uns seine eigene Meinung hat und jede Meinung, das gleiche Gewicht hat. So gibt es zum Beispiel Menschen, die wollen unbedingt die Landschaft im heutigen Zustand erhalten oder gar verbessern. Anderen Menschen ist Landschaft und Umwelt ziemlich egal. Für sie ist es jedoch wichtig, dass sie schnell und billig von A nach B kommen (vielleicht, um ein ihnen nahestehendes Familienmitglied zu pflegen). Andere wiederum sind der Auffassung, dass wir unseren Nachkommen keinesfalls ein wärmeres Klima hinterlassen dürfen. Und nochmals andere sehen überhaupt nicht ein, weshalb sie Energie sparen oder gar die Umwelt schützen sollen – schliesslich bezahlen sie ja dafür. Soweit die Ausgangslage und eben: Jede Meinung zählt gleichviel – ob Plattenleger, Pfleger oder Professor. Daher besteht die objektive Annäherung an den Streit um Windräder darin, verschiedene Meinungen zuzulassen. Wenn ein Klimaaktivist die Landschaft nicht vor Windräder schützen will, so ist dies sein gutes Recht. Es gibt keine objektiven, sondern nur subjektive Argumente, die Landschaft zu schützen.

Mit dem Klimaschutz verhält es sich nicht anders. Natürlich gibt es wissenschaftliche Belege dafür, dass der Mensch das Klima verändert hat und noch mehr verändern wird. Inwiefern das nun aber schlecht, gut oder noch nicht relevant ist, muss jeder für sich selber abwägen. Es wird nie ein wissenschaftliches Argument geben können, welches Massnahmen gegen Klimaveränderung zwingend notwendig macht. Ob Energiesparen, Klimaschutz oder Landschaftsschutz. Es handelt sich einzig um subjektive Überzeugungen, denen man zustimmen kann oder auch nicht.

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6 thoughts on “Windenergie versus intakte Landschaft? Eine objektive Annäherung”

  1. Die Abstimmungskonstellation ist extrem viel komplexer als in diesem Beitrag suggeriert wird. Es geht ja nicht um eine einfache Schwarz-Weiss-Frage: “Wollt ihr 1000 Windräder auf den Jurahöhen oder gar keine?” Es geht um eines der kompliziertesten Massnahmenpakete der Referendumsgeschichte mit zahllosen Interdependenzen. Und es gibt die Metaebene der manipulierten öffentlichen Meinung durch das Übergewisht des staatlichen Ressourceneinsatzes. Dass es Gaskraftwerke brauchen wird und mehr Importe, wird von Leuthard & Co. einfach unter den Teppich gekehrt. Die Forschung ist politisch gekauft. und die meisten Medien rezyklieren alle oberflächlichen Vorurteile über Win- und Solarstrom, die das Publikum hören will.

  2. Zu diesem Beitrag möchte ich hinzufügen, dass es bei Wind- und Solarenergie nicht nur um Meinungen, sondern auch um naturgesetzliche Zusammenhänge geht. Die Naturgesetze scheren sich nicht um menschliche Meinungen oder Wünsche. Wer der Meinung ist, er brauche sich um Schwerkraft nicht zu scheren, darf sich nicht wundern, wenn ihm ein Stein auf den Fuss fällt.
    Auch unsere Energieversorgung ist den Naturgesetzen, nämlich jenen der Physik, unterworfen. Wer sie ignoriert, wird scheitern. Wechselstromnetze sind von Natur aus sehr labil und können in Sekundenbruchteilen zusammenbrechen. Um sie stabil zu halten, ist ein ständiger und beachtlicher Regelaufwand erforderlich. Das ist unseren Ingenieuren so gut gelungen, dass die Netze selbst vergleichsweise starke Störungen noch abfangen können, ohne in die Knie zu gehen. Nimmt man jedoch die stabilisierenden Faktoren (Bandenergie von Kernkraftwerken) komplett heraus und versucht, diese durch destabilisierende Faktoren (“Stotterstrom” von nicht regelbaren Wind- und Solaranlagen) – zu ersetzen, dann wird man irgendwann einen Kipppunkt überschreiten, ab dem der Ausgleich nicht mehr möglich ist. Dann geht alles in Augenblicken den Bach hinab.
    Mfg

  3. ……… nur habe ich nicht über die kommende Abstimmung, sondern über Subjektivität im Umweltschutz geschrieben.

  4. Lieber Martin

    Du weisst, dass ich dir hier im Sinne des methodologischen Individualismus’ im Prinzip zustimme. Der Titel ist damit nur scheinbar paradox. Der Einwand von Hans Rentsch ist aber trotzdem nicht ganz ohne, warum?

    Wenn ich mich zwischen Windstrom und intakter Landschaft entscheiden will, muss ich für mich diese Opportunitäten auch bewerten. Ich muss meine individuelle Opportunitätskostenrechnung aufstellen. Für mich persönlich ist diese Rechnung schnell gemacht: Windmühlen ergeben im Verhältnis zu unserem höchst knappen Boden und knappen schönen Landschaften viel, viel zu wenig.

    Wer aber noch viele andere Interessen mit Windrädern erfüllt sieht, kann individuell zu einer anderen Einschätzung kommen. So z.B. Frau Leuthard (bei ihr geht es um Gesichtswahrung) oder Landbesitzer (die für die schöne Landschaft weniger entschädigt werden als für Windräder). Dass Frau Leuthard den Leuten aber sogar einreden will, Windräder seien elegant und eigentliche eine Bereicherun für die Landschaft, ist bestenfalls ein ganz schlechter Witz!

  5. Individuelle bzw. subjektive Kosten sind die Ursache, weshalb Menschen zu unterschiedlichen Güterabwägungen kommen. Daran ändert auch nicht die Tatsache, dass in der Realität Güterabwägungen wesentlich komplexer sind, als von mir illustriert. Trotzdem, sie bleibt individuell und subjektiv. Was ich zwischen den Zeilen angedeutet habe: Jegliches Verhalten persönliche Güterabwägungen als objektive (wissenschaftliche) Darstellungen zu verkaufen, ist Propaganda und Teil der politischen Auseinandersetzung.

  6. ok. Es gibt eine Ausnahme, in der Güterabwägungen objektiv wissenschaftlich entschieden werden können, obwohl der Nutzen individuell und interpersonell nicht vergleichbar ist. Es ist möglich, dass eine Option im Vergleich zur anderen Option Pareto-superior ist. Zugegeben, ein sehr theoretischer Fall, der in der Praxis auch kaum ermittelt werden könnte (dazu wäre eine ausgeklügelte Discrete Choice Analyse ev. nötig).

    Abgesehen davon freut es mich, wenn auf unserem Blog auch etwas theoretisiert werden darf! Tinu: vielen Dank!

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