Versorgungssicherheit ist die wichtigste Maxime – eine Replik

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Fragwürdige Fotovoltaik – eine Replik auf den Artikel «Solarenergie macht das Rennen»

Versorgungssicherheit ist die wichtigste Maxime

Gemäss einem BaZ-Artikel von Antoine Millioud, Geschäftsführer der Aventron AG (BaZ vom 30.12.2017), werden in Europa jährlich 200 000 Megawatt an neuer Wind- und Fotovoltaik-Leistung (PV) zugebaut. Nur sagt diese Zahl für sich so gut wie nichts aus. Würden diese neuen erneuerbaren Produktionsanlagen nicht massiv subventioniert und mit Einspeisevorrang gefördert, lägen sie nahe bei null. Die Lastgänge in Deutschland im August und Dezember 2017 illustrieren die Problematik von flatterhaft produzierenden Anlagen. Obwohl die installierte Wind- und PV-Leistung in Deutschland bereits rund 20 Prozent über derjenigen konventioneller Kraftwerke liegt, sind es Letztere, die den überwiegenden Teil der Produktion erbringen und die Versorgungssicherheit gewährleisten.

Hohe Investitionskosten

Übers Jahr gemittelt, liegt der Lastfaktor bei der PV bei etwa 9, beim Wind bei 16 Prozent. Zum Ausgleich müssen planbar produzierende Kraftwerkstypen einspringen. So stellt sich die Frage, warum überhaupt in PV-Anlagen investiert werden soll, wenn so oder so praktisch 100 Prozent des Bedarfs parallel durch andere Produktionsmethoden bereitstehen muss.

Diese unverzichtbare Einsatzbereitschaft erfordert faktisch die Verdoppelung von Kapazitäten und Kosten. Die tatsächlich ständig sinkenden Betriebskosten von PV- und Wind-Anlagen sind gesamtwirtschaftlich fast irrelevant, weil mit steigendem Anteil von Flatterstrom die Kosten auf der Netzebene stark ansteigen. Dies ist in Deutschland schon deutlich sichtbar. Jeder weitere Zubau von Wind- und PV-Kapazität bewirkt vor allem noch grössere Amplitudenausschläge, die zu füllenden Lücken bleiben praktisch konstant. Ständige hohe und unerwartete Produktion bei viel Wind und Sonne führen zu negativen Strompreisen auf Grosshandelsebene und belasten die Netze über Gebühr. Für PV-Energie muss selbst bei bestem Wetter eine Batterie zur Verfügung stehen, um einen Tagesbedarf abzudecken, ansonsten müssen konventionelle Anlagen einspringen. In unseren Breitengraden fallen rund zwei Drittel der PV-Jahresproduktion im Sommerhalbjahr an, während es sich beim Verbrauch umgekehrt verhält.

Soll nun durch PV Nuklearstrom ersetzt werden, muss dieser in vergleichbarer Qualität geliefert werden können. Das wäre nur mit einer saisonalen Speicherung des PV-Stroms möglich – am effizientesten mit Pumpspeicheranlagen. Entsprechende saisonale Hydrospeicher gibt es in der Schweiz jedoch nicht. Sehr hohe Investitions- und Betriebskosten würden anfallen, um die Qualität des PV-Stroms verbrauchergerecht aufzuwerten. Auch muss bedacht werden, dass zum Ersatz der eliminierten Nuklear-Kapazitäten die PV-Leistung im Verhältnis zu den unterschiedlichen Lastfaktoren und unter Berücksichtigung von Speicherverlusten etwa um den Faktor 12 höher sein müssen.

Gaskraftwerke und Importe

Wenn wir auf 100 Prozent PV und Wind setzen würden, müssten wir jederzeit in der Lage sein, deren witterungs- und saisonal bedingte Produktionsausfälle aus Speichern zu ersetzen. Genügen diese Speicher nicht, bleiben nur noch Gaskraftwerke und Importe. Sämtliche systemischen Zusatzkosten (Speicher, Netzausbauten, Gaswerke, Importe) müssen dem Flatterstrom zugeordnet werden. Das ist der Grund, dass die sinkenden reinen Gestehungskosten von PV- oder auch von Windanlagen kaum ins Gewicht fallen.

Selbst bei billigsten Solarmodulen benötigt eine 50-Megawatt-PV-Anlage eine Fläche von 40 Fussballfeldern. Gerechnet mit einem Landpreis von 50 Franken pro Quadratmeter, könnte man dafür ein Gaskombikraftwerk von 60 Megawatt erstellen. Die PV-Anlage würde jährlich bei flatterhafter Produktion rund 40 000 Megawattstunden Energie liefern, das Gaskombiwerk hingegen verlässlich einsetzbar gut elf Mal mehr. Ein Vergleich der reinen Gestehungskosten von Gaskraftwerken und PV erübrigt sich, dies gilt erst recht, wenn noch berücksichtigt wird, dass der PV-Strom mittels teurer Speicher- und Netzanlagen immer noch aufgearbeitet werden muss.

Faktisches Technologieverbot

Kommenden Generationen sollte ein effizientes und verlässliches Stromversorgungssystem hinterlassen werden, wie es in der Schweiz in rund 140 Jahren aufgebaut wurde. Versorgungssicherheit und Erschwinglichkeit sind die wichtigsten Maximen. Mit den Zielsetzungen der Energiestrategie 2050 ist das hochgradig gefährdet. Die Förderung von Techniken, welche genau dies nicht sicherstellen können, und ein faktisches Verbot von Technologien, die ein riesiges Entwicklungspotenzial haben, sind der falsche Weg. Nationen, in denen über die Hälfte der Erdbevölkerung lebt, haben dies erkannt und die Weichen entsprechend gestellt.

Diese Replik ist in der “Basler Zeitung” vom 11. Januar 2018 erschienen.

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3 thoughts on “Versorgungssicherheit ist die wichtigste Maxime – eine Replik”

  1. Die Darstellung einer Energieversorgung mit Wind und Sonne von Dipl. Ing. ETH Emanuel Höhener zeugt von mangelndem Verständnis – oder dem Unwillen, sich dieses Verständnis zu erarbeiten. Es kann an dieser Stelle nicht detailliert auf seine Argumente eingegangen sein, nur so als Anregungen: Die Schweiz würde in einem System rein erneuerbarer Energien eben gerade nicht nur auf Wind und Sonne setzen, sondern (wie bisher) auch auf die Wasserkraft. Viele der angeführten Problemspitzen sind in der Schweiz entsprechend gar keine. Sodann haben Wind- und Sonne die gute Eigenschaft sich zu ergänzen. Die Sonne scheint im Sommer, der Wind bläst vor allem im Winterr und auch häufig in der Nacht. Heute bereits entwickelte Energiemanagementsystem im grossen wie im kleinen weisen darauf hin, dass in gegenseitiger Abstimmung in vielen Staaten eine Vollversorgung mit Erneueren möglich ist – wobei die Schweiz eben dank der Wasserkraft über besonders gute Voraussetzungen verfügt. Und dann noch das: Hierzulande spricht niemand von der Errichtung eines 50-Megawatt-Solarkraftwerks. Die geeigneten Dachflächen hierzulande (rund 200 km2) genügen vollauf, um einen Strombeitrag der Sonne von 20-30% an die Gesamtstromversorgung des Landes zu generieren.

  2. Lieber Hr. Rehsche,
    Sie kommen ja ziemlich nassforsch daher mit Ihrer Behauptung, Hr. Höhener habe zuwenig Kenntnisse über unsere Stromversorgungssysteme. Wlche Kenntnisse haben Sie denn? Strom muss jede 20 Millisekunden exakt nach Bedarf ins Netz gespeist werden, sonst gibt es Probleme. Das können weder Wind- noch Solarstrom leisten, die sind den Launen des Wetters ausgesetzt. Die Wasserkraft hat im Winter Kapazitätsprobleme, weil der Regen als Schnee in der Landschaft liegenbleibt. Sobald man dann auch noch die Kernkraft abschaltet, wird es eng werden. Vor allem nach 2022, wenn auch der grosse Kanton im Norden seine Kernkraftwerke stillgesetzt hat.
    Und was tun wir dann, Hr. Rehsche?
    Mfg

  3. Herr Rehsche,
    Es ist leider bereits mehrfach erfahrene Taktik der Strom-Wende Enthusiasten, kritischen Stimmen Inkompetenz und mangelnde Lernfähigkeit zu unterstellen. Hat dies damit zu tun, dass es eigentlich keine Sachargumente, welche für die Attraktivität der dargebotenen “neuen” technischen Lösungen sprechen sollten, gar nicht gibt?
    Verständnis hat mit Bildung und mehr noch Erfahrung zu tun, Erfahrung auch im Umgang mit Fehlentwicklungen. Erfahrungen sinnvoll zu verwerten, setzt den Willen zum rollenden Dazulernen voraus. Zumindest folgendes kann ich Ihnen versichern: Ich habe mich seit meiner frühesten Ausbildung und bis heute intensiv mit der Thematik der Entwicklung und Anwendung von nutzenergieerzeugenden Systemen auseinandergesetzt. Auch hatte ich die Gelegenheit, zu diesen Themen weltweit meine breiten technischen und kommerziellen Erfahrungen zu gewinnen und aus beobachteten und auch eigenen Fehlern zu lernen. Da Sie den Ball wirklich hoch werfen, steht die Frage im Raum, wie ist das mit Ihnen?
    Zu den von Ihnen angesprochenen Sachthemen noch folgendes: Bereits in der Vergangenheit, d.h. vor der Energiewende, konnte sich Europa – der UCTE- Raum – glücklich schätzen, ein sehr zuverlässiges (Versorgungssicherheit) Stromversorgungs-System aufgebaut zu haben. So gut, dass die breite Bevölkerung dies als “der Strom kommt so oder so aus der Steckdose” wahrnimmt. Eine breit abgestützte Erfahrung sagt uns, dass man solch zuverlässige Systeme niemals ohne Not durch etwas ersetzen soll, dessen Zuverlässigkeit völlig offen ist und vor allem als Ganzes völlig unerprobt ist. Womit ich unter anderem die neu angepriesenen “Energiemanagement-Systeme” (Sie meinen wohl Smart Grid und ähnliches) anspreche. Eine Risikoanalyse dazu liesse einige Warnleuchten aufblincken.
    Zudem, die heute zur Verfügung stehenden Wasserkraftanlagen in der Schweiz sind technisch und kapazitätsmässig völlig ungeeignet, die nicht kontrollierbaren Energieflüsse aus PV- und Windanlagen in verbrauchergerechte Qualität auszugleichen. Um dies zu verstehen, reichen Simulationsmodelle eben nicht aus, sondern es braucht noch das vertiefte Verständnis für die Konzeption und Einsatzplanung solcher Anlagen. Aus Ihren Anmerkungen entnehme ich, dass ein solches Verständnis bei Ihnen nicht vorhanden ist.
    Emanuel Höhener

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