Tausende Windräder und ein See von Solarpaneelen exklusiv für die E-Mobilität

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Die Forderung zur Abkehr von fossilen Treibstoffen ist gestellt. Für Grünlinks ist das nur eine Frage des Wollens, für Ingenieure ist es eine extrem herausfordernde Aufgabe. Unzählige Studien gibt es schon. Neue kommen laufend dazu. «Die Lösungen kennen wir bereits», ist der Slogan der Klimajugend. Das mag sogar stimmen, technisch zumindest. Nur was diese Lösungen bedeuten, darüber gibt es erstaunlich wenige Aussagen. Dabei braucht es zur Beurteilung möglicher Lösungen keine hochkomplexen Studien. Blättern in der Energiestatistik des Bundes und Dreisatzrechnen genügt.

Zur Überprüfung, was eine Lösung bedeutet, kann man auf das Rechnen mit Kommastellen verzichten und sollte man zunächst die denkbar einfachsten und optimistischsten Annahmen der Promotoren übernehmen. Auch bei Wirkungsgraden sind grosszügige Annahmen nötig. Beim Auf- und Abrunden ist lediglich darauf zu achten, dass eine robuste Aussage resultiert, also eine Aussage, die sich bei der Verfeinerung der Annahmen, eben nicht um eine Grössenordnung verändert, sondern allenfalls im niedrigen zweistelligen Prozentbereich.

Als Lösungen bereit stehen Elektrofahrzeuge und Brennstoffzellenfahrzeuge. Beide Fahrzeugtypen stossen auf der Strasse kein COaus und sind schon im Handel erhältlich. Elektrofahrzeuge verbrauchen gemittelt 15 kWh Elektrizität pro 100 Kilometer, was energetisch einem Drittel des Benzinverbrauchs eines vergleichbaren Benziners entspricht. Dabei wird hier nur gerade der direkte Verbrauch auf der Strasse betrachtet, keine graue Energie, keine Speicherkosten und nichts anderes. Brennstoffzellenfahrzeuge verbrauchen gemittelt 0.76 kg Wasserstoff pro hundert Kilometer. Die Brennstoffzelle wandelt den Wasserstoff in einem Oxidationsprozess zu Elektrizität und Wasserdampf um. Auf der Strasse ist das 50% effizienter als ein Benzinmotor.

In dieser Abschätzung hier geht es nicht um ökologische Aspekte betreffend die Herstellung von Brennstoffzellen oder Batterien und deren Entsorgung, sondern einzig um die Betriebsenergie. Diese muss nachhaltig und CO2-arm sein, sonst ist gegenüber dem Benzin und Diesel sowieso nichts zu gewinnen. Als CO2-arme Ressourcen stehen Wasserkraft, Windkraft, Photovoltaik und Kernkraft zur Verfügung. Wasser- und Kernkraft werden hier bewusst ausgeblendet, da beide bereits vollumfänglich zur Abdeckung des übrigen Strombedarfs genutzt werden. Zudem ist Wasserkraft praktisch ausgebaut, und Kernkraft soll – zumindest in der Schweiz – auslaufen. Konkret bietet sich also für Elektromobilität nur der Zubau von Wind- und Solarkraftwerken an. In der Schweiz gibt es aktuell 37 produzierende Windanlagen und ein total von 19 kmPhotovoltaik-Fläche. Gemäss dem Bundesamt für Energie sollen zur Umsetzung der Energiestrategie 800 Windanlagen genügen. Swiss-Solar zufolge liegt das technische Potential für Photovoltaik in der Schweiz bei 300 Quadratkilometern. In der Schweiz verkehren 4.6 Millionen Personenfahrzeuge. Gemittelt fährt jedes dieser Fahrzeuge jährlich mindestens 10’000 Kilometer weit, umrundet also einmal in vier Jahren die Erde. Bei einem angenommenen Verbrauch von 5 Litern Benzin auf hundert Kilometer – jeder Fahrzeugbesitzer weiss, dass dies sehr sparsam gerechnet ist – verbraucht also jedes Fahrzeug jährlich mindestens 500 Liter Benzin. Eine Windanlage produziert gemäss Energiestatistik jährlich 3.3 GWh Strom. Mit einer Fläche von einem Quadratkilometer können jährlich 100 GWh Solarstrom produziert werden. Diese Angaben genügen, um eine Dreisatzrechnung zu machen. Und das sind die Resultate:

Wenn die Hälfte aller Personenfahrzeuge elektrisch fährt, braucht es dafür mindestens 1000 Windräder oder 34 Quadratkilometer Solarpaneele, was ungefähr der Grösse des Bieler Sees entspricht.

Wenn die Hälfte aller Personenfahrzeuge mit Brennstoffzellen fährt braucht es über 1700 Windräder oder 57 Quadratkilometer Solarpaneele, etwas mehr als die Fläche des Thunersees.

Die politische Forderung ist jedoch ein kompletter Verzicht auf fossile Treibstoffe. Also müsste man die Zahl der Windräder oder die benötigten Solarflächen verdoppeln oder beide gleichzeitig ausbauen. Zur Erinnerung: Die genannten Anlagen würden dann für nichts anderes zur Verfügung stehen als für den individuellen Personenverkehr!

Nicht angesprochen ist der Frachtverkehr. Und bei solch einfachen Grössenabschätzungen wäre die Reichweite solar geladener Fahrzeuge während der kurzen Wintertage natürlich massiv eingeschränkt. Der Zubau saisonaler Speicher käme also noch zwingend dazu.

Da solche Szenarien schwer vorstellbar sind, bliebe noch ganz banal der Import, obwohl diese Möglichkeit in Zukunft keinesfalls gesichert ist. Es wäre dann allerdings ein Import von Atom- oder Kohlestrom. Oder es kommt der Verzicht auf den Kernkraftwerk-Verzicht oder der Verzicht auf Autos. Doch spätestens bei diesen Punkten ist es heute aus mit sachlicher und emotionsfreier Diskussion, obwohl auch diese Alternativen ökonomisch und risikotechnisch durchaus durchgerechnet werden können. Eine Rückkehr zur Sachlichkeit und die Fähigkeit zum Dreisatzrechnen in der Politik erscheint dringlicher denn je.

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10 thoughts on “Tausende Windräder und ein See von Solarpaneelen exklusiv für die E-Mobilität”

  1. Sonst können diese E-Autos oder Brennstofffahrzeuge nur im Sommer bei schönem Wetter fahren! Dafür braucht es auch Landflächen und vor allem riesige Investitionen. Aber zum Glück schicken uns die Sonne und der Wind keine Rechnung …. Vorteil aber ist, dass die Wenigsten sich die Anschaffung und der Betrieb ein solches Auto leisten werden können und so werden sich die Staus von selber auflösen, was der Bedarf an Investitionen in Verkehrsinfrastrukturen massiv reduzieren wird. Also die perfekte Welt.

  2. Von mir aus FB hierhin kopiert (ansonsten unverändert):

    [b]Martin Spieler[/b]

    Dreisatzrechnung ist schon gut, nur sollten die Zahlen stimmen! Wenn auf einer Fläche ( in der Schweiz) von einem Quadratkilometer nur 100GWh Solarstrom produziert würde, wie im Text behauptet, so hätten die PV- Module einen Wirkungsgrad von nur gerade 10%.
    Heutige PV- Module weisen aber einen weit höheren Wirkungsgrad aus!

    Zukünftige Elektroautos verbrauchen auf ein Kilometer Fahrstrecke massiv weniger als 150Wh.

    Vielleicht ein anderes Rechenbeispiel:

    Ein heutiges Elektroauto verbraucht 15kWh auf 100km. Die Fahrleistung pro Jahr beträgt 10‘000km. Die Gesamtleistung pro Jahr beträgt total 1,5MWh. Die dazu benötigte Solarstromanlage müsste 1,5kWp betragen (9m2) und würde ca. Fr. 6‘000.- kosten. Diese Anlage würde 30 Jahre lang diese Energie produzieren.

    Frage: Was kostet die Energie für 100km Fahrt?

    PS: Kann mit einem Dreisatz gerechnet werden!

    Das Resultat ist erstaunlich!

  3. Gemäss der neusten Energiestatistik des BFE waren 2018 in der Schweiz PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 2’167 MWp installiert und die haben 1’942.2 GWh Strom produziert. Ich ging von einer Nennleistung von 100 W/m2 (Quelle Solarrechner) aus. Gemäss Statistik war die Produktion also sogar nur 90 kWh/m2. Um dem Grössenordnungsrechnen treu zu bleiben bin ich bei den 100 kWh/m2 geblieben.

  4. Die von M. Spieler als “Wirkungsgrad” angegebene Prozentzahl ist sowohl vom Standort als auch von der jährlichen Sonnenscheindauer abhängig, wieviel massiv weniger Strom “zukünftige” Elektroautos tatsächlich verbrauchen werden, ist unbekannt. Eine Solaranlage, welche jährlich 1,5 MWh Laufstrom liefert, kostet das Mehrfache einer Solarstromanlage, welche 1,5 MWh Flatterstrom liefert und existiert in der Schweiz bis heute nicht. Eine Prognose für die Lebensdauer einer solchen Anlage kann daher ebenfalls nicht gemacht werden. Der Fehlerbereich der angeführten “Rechenbeispiele” liegt bei geschätzten 200% und bestätigt die Binsenwahrheit, dass man nur denjenigen Statistiken glauben sollte, welche man selbst gefälscht hat. Viel entscheidender für die behauptete Klimafreundlichkeit von Elektroautos ist jedoch die Höhe und Herkunft der grauen Energie, welche zur Implementierung dieser klimaschädlichen Technologie aufgewendet werden muss: Diese graue Energie besteht keineswegs aus dem aktuellen Strommix, sondern aus dem “Grenzstrom”, welcher aktuell ohne Implementierung dieser Technologie nicht benötigt würde. Der zusätzliche CO2-Ausstoss dieses Kohlestroms wurde den CO2-Gehalt der Atmosphäre SOFORT steigern und daher den Klimawandel SOFORT beschleunigen, während der bestehende CH-Fahrzeugpark bis zu seiner Erneuerung keine zusätzliche graue Energie konsumiert. Wer das Klima durch Elektroautos retten will, leidet am Münchhausen-Syndrom: Man kann sich nicht an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen: Es ist klimafreundlicher, ein Importverbot für Neuwagen zu erlassen, bis der bestehende Fahrzeugbestand aufgebraucht ist, als eine Infrastruktur für Elektromobilität zu implementieren!

  5. Auf der Erzeugerseite gibt es eine vernünftige Bezugseinheit für den Ertrag einer Anlage: die Volllaststunde. Eine moderne Windkraftanlage an Land bringt optimistisch und rein rechnerisch 3.000 Volllaststunden im Jahr, auf der See sind es 4.000. Eine Solaranlage bringt rechnerisch 1.000 Volllaststunden im Jahr (alle Werte für Deutschland, reale Anlagen können niedriger liegen).

    Nun kann man mittels der installierten Nennleistung den Jahresertrag berechnen. Das enthält natürlich keine Aussage über die Versorgungssicherheit. Die Aufwendungen für Speicherung und Übertragung und die Verluste beim Schnellladen müssten separat in Rechnung gestellt werden.

  6. Ein Solarmobil, welches 15 KWh / 100km verbraucht und jährlich 10’000km unterwegs ist, muss also seinen jährlichen Solarstrombedarf von 1.5 MWh während der jährlichen nur 1’000 Sonnenstunden vollständig (!) decken. Mithin darf das Solarmobil bei Sonnenschein nicht fahren und beim Laden nur 1.5kw Ladeleistung beanspruchen, sofern hierfür kein Fremdstrom zur Verfügung steht.

  7. Es sind nicht im eigentlichen Sinne Sonnenstunden. Es ist der Jahresertrag der Anlage (Jahresenergie»produktion«) in MWh geteilt durch die Nennleistung im MW.

    Wenn die Anzahl der Volllaststunden für eine Technologie bekannt ist, kann ein Investor relativ einfach den Jahresertrag vorausberechnen. Ein Windpark mit einer installierten Leistung von 100 MW wird an Land z. B. weniger Strom liefern als auf dem Meer.

    Damit hat man also eine Vergleichszahl für jede Art von Kraftwerk. Diese Vergleichszahl bedeutet aber nicht, dass die Solaranlage nur 1.000 Stunden Strom erzeugt hat.

    Für unsren Vergleich zwischen Stromverbrauch der E-Autos und Stromproduktion der Anlagen ist dieser Bezug auf Volllaststunden erst einmal gut genug.

    Den Bedarf an Speichern und die Übertragungsverluste können wir über Faktoren einbeziehen.

  8. Es ist klar, dass der Nominalwert von 1000 Sonnenstunden sich in Wirklichkeit auf mehr als 1000 Jahresstunden verteilt. Mich würden die “Faktoren” interessieren, über welche die “Erzeugerseite” den Speicherbedarf für Solarstrom “einbezieht”: Solarstrom lässt sich nur virtuell “speichern”, indem man Fossilstrom zeitnah aus dem Netz verdrängt und diesen Fossilstrom später bei Dunkelflauten zum Laden von Elektroautos mit Fremdstrom zur Verfügung hat.
    Sämtliche bekannten Speichertechnologien vermindern den Erntefaktor von Solarstrom so stark, dass er bei der Transformation zum Laufstrom zum Klimaschädling wird.

  9. Da geht gerne vergessen, dass die gebrauchte Fläche für Solarfarmen 2 bis 3x die Panelfläche ist. Für Bau und Service muss auch Raum sein.

  10. dann darf man das Auto nicht benutzen, wenn die Sonne scheint, weil es dann geladen werden muss. Und sonst braucht man einen Zwischenspeicher, der heute um ein Vielfaches teuer ist, als die Produktionsanlage. Eben, rechnen muss man können!

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