Flankierendes Rahmenabkommen

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Wie bitte? Offensichtlich sind die «Flankierenden Massnahmen» (FLAM ) zur Haupt- und das Rahmenabkommen zur Nebensache geworden. Das hat der Bundesrat durch diplomatisches Ungeschick und politische Linkslastigkeit selber verschuldet und sich in eine Sackgasse manövriert. Flankierende interne Regulierungen als «Rote Linien» herauszuposaunen, war ein kapitaler Verhandlungsfehler. Oder war es ein geschickter Schachzug der Linken, die damit ein Quasi-Veto-Recht zugespielt erhielten?

Die Abschaffung oder zumindest die Abschwächung der FLAM hätte von der bürgerlichen Mehrheit im Bundesrat als Chance genutzt werden sollen. Denn diese FLAM schaden uns selber langfristig weit mehr als der EU. Leider sehen grosse Teile des Gewerbes das nicht so. Ein möglicher Ausweg besteht darin, vor der EU bei allen wirklich zentralen Forderungen wie Streitschlichtung, dynamische Rechtsübernahme und aussenwirtschaftliche Souveränitäts-Verluste einzuknicken, aber als Scheinerfolg ein «Konzessiönchen» bei den FLAM zu feiern. De facto wäre das eine Vorstufe für einen EU-Beitritt. Economiesuisse und die Gewerkschaften würden dann gemeinsam bei der Volksabstimmung zugunsten des Rahmenabkommens kämpfen und könnten sehr wohl durchkommen.

Aber dahinter versteckt sich ein weiterer Kuhhandel zwischen dem Strom- und dem Rahmenabkommen. Frau Leuthard fordert das Stromabkommen seit Längerem lautstark, weil die ES 2050 mittlerweile zu einer Importhoffnung mutiert ist. Das BFE geht bei seinen optimistischen Prognosen zur Versorgungssicherheit – naiv oder opportunistisch – davon aus, dass das Stromabkommen unter Dach und Fach sei. Die EU hat diesen Gratis-Trumpf dankbar entgegengenommen und kann uns damit unter enormen Druck setzen. Ohne Rahmenabkommen wird sie uns keine Strommarkt-Integration zugestehen. Die Rückversicherungen mit AKWs werden wir in Bälde nicht mehr haben und uns einer fatalen Auslandabhängigkeit ausliefern. Zudem ist absehbar, dass schon in den 20er-Jahren vor allem im Winter – aber nicht nur – europaweite Versorgungs-Engpässe immer häufiger werden.

Ein Stromabkommen wäre deshalb für uns kurzfristig eine Chance, weil wir an gewissen Tagen schon heute knapp die Hälfte unseres Verbrauchs importieren. Es beinhaltet aber auch das längerfristige Risiko, dass unsere Leitungskapazitäten und die schon für uns nicht ausreichenden Speicherseen immer stärker den Nachbarn zur Verfügung gestellt werden müssten. Hinzu kommt jetzt analog zum Lohnschutz noch der Monopolschutz für all die lokalen oder regionalen Stromversorger, die im Ausland billig einkaufen und uns gefangenen Kunden – Haushalte und KMUs – mit vielen Tricks und Propaganda überteuerten, aber angeblich sauberen Strom andrehen. Eine interne Liberalisierung des Strommarkts wäre aber mit einem EU-Abkommen untrennbar verbunden. Das würde die links-grün dominierte Stromverteilerbranche total über den Haufen werfen und analog zum aufgeweichten Lohnschutz entsprechenden Widerstand gegen ein Rahmenabkommen auslösen. Und bisher haben die Grün-Linken Liberalisierungs-Abstimmungen gewonnen oder Neuvorlagen hinausschieben können. Wer weiss, ob ein EWR-Beitritt vor einem Vierteljahrhundert nicht doch besser gewesen wäre, weil die Bilateralen sich innenpolitisch total verheddern?

Dieser Beitrag ist in der BaZ vom 4. Oktober 2018 erschienen.

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3 thoughts on “Flankierendes Rahmenabkommen”

  1. Gemäss NZZ v. 9.10. 2018, S.14, meint der Vizedirektor der Internationalen Energieagentur, Paul Simons, es gäbe beim Strommarkt einen Anpassungsbedarf, weil die Differenz zwischen der benötigten Strommenge im Winter und der dann benötigten Strommenge in den letzten Jahren zugenommen habe. Deshalb sei das Stromabkommen mit der EU für die Schweiz und für die EU wichtig, weil die EU nur so die Schweizer Pumpspeicherkraftwerke besser als Batterie Europas nutzen könne:
    Ein Strommarktabkommen mit der EU, das unter anderem Stabilität beim grenzüberschreitenden Handel bringen würde, sei praktisch fertig ausgehandelt. Jedoch sei die EU nur zu einem Abschluss bereit, wenn es auch zu einem Rahmenabkommen kommt- das weiterhin auf der Kippe stehe!!!
    Wie sich erst jetzt herausstellt, hat sich die Schweiz wegen des nicht vereinbarten Lohnschutzes bereits beim Personenfreizügigkeitsabkommen über den Tisch ziehen lassen.
    Bekanntlich wurden die bilateralen Verträge vom damaligen Mehrverkehrsminister (exceptio plurium) Leuenberger ausgehandelt. Muss sich das erst wiederholen, bevor die Schweiz merkt, dass man für ein solches Strommarktabkommen sämtliche Bergtäler fluten müsste, wodurch auch noch im Sommer der Grundwasserspiegel sinken und bei Hochwasser zusätzlich ansteigen würde?

  2. Selbstverständlich ist hier von der Differenz zwischen der benötigten und der produzierten Strommenge im Winter die Rede.

  3. und er wird nach betriebswirtschaftlichen Kriterien festgelegt, d.h. wer mehr bezahlt kann Strom beziehen. Solange wir über eine höhere Kaufkraft als unsere Nachbarn verfügen, bleibt dieser Strom in der Schweiz.
    Bei den Grenzleitungen ist Swissgrid zuständig und auch hier, wer mehr bezahlt darf die Leitungen benutzen. Die sogenannten loop flows werden sich mit einem Stromabkommen auch nicht in Luft auflösen, wie leider von Swissgrid propagiert, sondern sind mit technischen und operativen Massnahmen in den Griff zu bekommen.
    Auch hier braucht es keine roten Linien oder flankierenden Massnahmen!

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