Die Schweiz auf dem Weg zum Gottesstaat

Gotteststaat-Tscha_20170418-115546_1.png– Eine Strategie ohne Physik und Ökonomie – von Kurt Tschan, Wirtschaftsredaktor der Basler Zeitung (Reblog) | Wenn die Basellandschaftliche Kant…

Kommentar von Kurt Tschan in der BaZ vom 18. April 2017

– Eine Strategie ohne Physik und Ökonomie – von Kurt Tschan, Wirtschaftsredaktor der Basler Zeitung (Reblog) 

| Wenn die Basellandschaftliche Kantonalbank jährlich Tausende ihrer Zertifikate-Besitzer zur grossen, auf zwei Abende verteilten Sause in die St. Jakobshalle lädt, gibt es feines Essen und guten Wein. Dieses Jahr wurde Rindsfilet als Hauptspeise gereicht. Als die unscheinbare ­Aventron, eine EBM-Tochter, die Investoren wenige Tage später ins Restaurant Krafft in Basel einlud, ­ gab es dieselbe Hauptspeise. Die Zahl der Teil­nehmer war aber überschaubar und ja, das ­Rindsfilet noch etwas besser.

Man plauderte in vertrauter Runde, trank ­feinen Wein und hörte zwischen zwei Gängen zufrieden zu, wie erfolgreich das Unternehmen im vergangenen Jahr gearbeitet hat. 2,3 Prozent Dividende schüttet die frühere Kleinkraftwerk Birseck AG (KKB) ihren Aktionären für das vergangene Geschäftsjahr aus. In einer Zeit, in der die grossen Energieversorger Milliardenabschreiber vornehmen müssen und Dividenden streichen, Balsam auf die verletzte Seele der Strombarone.

Die Kunst, Gewinne zu schreiben in einer Zeit, in der die Grossen der Branche ums Überleben kämpfen, ist jedoch alles andere als ein Wunder, sondern ein erster Vorbote auf die zukünftige Energiewirtschaft. Das Geschäft ist narrensicher. Es funktioniert nämlich nicht mehr nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen, sondern auf der Basis regulierter Gewinne – von der Politik ver­ordnet und vom einfachen Haushalt finanziert.

Aventron spielt gekonnt mit auf der Klaviatur der Energiewende und kassiert, weil sie konsequent in unwirtschaftliche Systeme investiert. Wind, Sonne und Flusswasser werden, so der erklärte Wille einer Parlamentsmehrheit, mit Anreizen überschüttet – koste es, was es wolle. Diese Um-jeden-Preis-Politik erlebt am 21. Mai ihren Showdown, dann nämlich, wenn der Stimmbürger über die Energiestrategie 2050 abschliessend befinden wird.

Erste Prognosen geben ihr gute Chancen, in Gesetzes-Granit gemeisselt zu werden. Dann wird System, was bis jetzt nur Flickwerk war. Sonne, Flusswasser und Wind werden langfristig den Strom in die guten Stuben und in die Industrie­hallen zaubern, den bis jetzt deutsche Braunkohlekraftwerke und Kernkraftwerke geliefert haben. Glaube macht selig – linke Energiepolitik auch. Die Schweiz – so gottlos wie noch nie in der Geschichte der Eidgenossenschaft, wenn man auf die schwindenden Mitgliederzahlen der Kirchen schaut – erlebt plötzlich eine Renaissance des Glaubens und nimmt Züge eines Gottesstaates an. Physikalische Gesetze und ökonomische Sachzwänge werden ausser Kraft gesetzt, Zweifler verdammt und Günstlinge (siehe Aventron) reichlich belohnt.

Ende 2016 produzieren Kleinwasserkraftwerke, Fotovoltaikanlagen, Wind und Biomasse 4,6 Prozent des schweizerischen Jahresendverbrauchs. Gleichzeitig entnehme ich der Statistik, dass die kostendeckende Einspeisevergütung um 482,4 Millionen Franken pro Jahr überbucht war, die Gesamtvergütung der geförderten An­­lagen 671,2 Millionen Franken erreicht hat. ­Projekte mit positivem Bescheid kosteten weitere 660 Millionen. Die Projekte auf der Warteliste wurden mit 1,3 Milliarden veranschlagt und die bereits ausbezahlten Einmalvergütungen er­­reichten 231 Millionen Franken.

Die Tatsache, dass ich über meine Stromrechnung jährlich 800 Franken an diese Anschubfinanzierung leisten muss, hat mir bei Aventron zwar nicht den Appetit verdorben, dafür war das Rindsfilet einfach zu gut. Ich gebe aber zu, dass ich ­lieber ein halbes Dutzend Mal im «Krafft» mit netter Begleitung essen würde, als mir vom Staat auf solch unsinnige Art und Weise das Geld aus der Tasche ziehen zu lassen. Was wir erleben, ist ­nämlich erst der Beginn einer Geldverschwendung katastrophalen Ausmasses. Kurt Tschan

Dieser Kommentar wurde in der Basler Zeitung BaZ vom 18. April 2018 publiziert und wird hier mit freundlicher Genehmigung des Autors und der BaZ „reblogged”.

Laden Sie hier das Original aus der BaZ herunter.

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