Der Klimawandel und das CO2-Gesetz

Arturo Romer

Je grösser die Klima-Emotionen und die Klima-Panik, umso wichtiger ist die Vernunft. Utopien führen leicht zum Extremismus. Wer Angst hat und sich unter Zeitdruck befindet, verliert die Fähigkeit, analytisch zu denken. So werden falsche Entscheide getroffen. Die Klimawandel-Hysterie und die Klimawandel-Apokalyptik haben die Grenzen der Vernunft schon längstens überschritten. Al Gore sagte im Jahre 2009 dem grossen und weltweit bekannten schwedischen Wissenschaftler Prof. Hans Rosling hinsichtlich Klimawandel: “Wir müssen Furcht erzeugen!”. Das schwedische Mädchen Greta Thunberg wiederholte im Januar 2019 am WEF in Davos praktisch den gleichen Satz: “Ich will, dass ihr in Panik ausbrecht!”. Zwei falsche und unverantwortliche Empfehlungen! Angst schüren kommt einer Erpressung gleich.

Wir brauchen sichere Daten, objektive Informationen, Wissen, noch mehr Forschung, noch bessere Klima-Modelle, Markt, Machbarkeit, internationale Zusammenarbeit, Verantwortung und auch Klimawandel-Anpassungen (von der Anpassung spricht und schreibt man viel zu wenig!). Der Klimawandel ist ohne Zweifel ein planetarisches Problem. Dieses Problem muss somit planetarisch, das heisst international, gelöst werden. Es besteht jedoch noch kein Anlass zur Verzweiflung. Die menschliche Vernunft, neues Wissen, intensive Forschung, permanente Messungen, fortschrittliche Technik, internationale Solidarität und die menschliche Verantwortung werden mittel- und langfristig ganz gewiss auch dieses Problem lösen.

Was in den schweizerischen Diskussionen zum Klimawandel mehrheitlich fehlt, das sind die Grössenordnungen. Ein Beispiel: mindestens 99.9% der schweizerischen mittleren Temperaturerhöhung werden durch Treibhausgas-Emissionen ausserhalb unserer Landesgrenzen verursacht. Höchstens 0.1% unserer mittleren Temperaturerhöhung werden durch unsere eigenen Treibhausgas-Emissionen verursacht. Damit sage ich nicht, dass wir nicht am Kampf gegen den Klimawandel teilnehmen müssen, im Gegenteil. Doch wir dürfen den Bürgerinnen und Bürgern keine falschen Hoffnungen und Lügen „verkaufen“.

Ein schweizerischer Alleingang im Kampf gegen den Klimawandel ist zu teuer und bleibt ohne Wirkung. Die planetarische Situation der Menschheit ist immer noch katastrophal: Armut, Hunger, Wassermangel, Analphabetismus, Krankheiten, Fanatismus, Terrorismus, Kriege, Glaubenskriege, Flüchtlinge, Völker-Migrationen, Meeresverschmutzung, Klimawandel. Auch sind die unvorhergesehenen Risiken nie zu unterschätzen: Pandemien wie Coronavirus, Finanzkrisen, Vulkanausbrüche, Erdbeben, astronomische Ereignisse. Alle Menschen auf diesem Planeten haben/hätten ein Anrecht auf Lebensqualität und Lebenswürde. Und ohne Energie gibt es keine Lebensqualität.

Das kürzlich vom Nationalrat genehmigte CO2-Gesetz geht eindeutig zu weit. Es kostet zu viel: 210 CHF/tCO2! Ein Beispiel: 1t Heizöl führt zu einer CO2-Abgabe von rund 630 CHF. Der heutige Ansatz von 120 CHF/t CO2 hätte mehr als genügt. Viele Schweizerinnen und Schweizer wissen nicht, dass unsere Mineralölsteuer (Benzin + Diesel) weltweit die höchste „CO2-Steuer“ ist. Mehr als 53% der Treibstoffpreise sind Abgaben/Steuern. In der EU bezahlt man immer noch wenige Euro pro Tonne CO2. In Bern nennt man die gesamte Abzockerei „Lenkungsabgabe“. Die Wahrheit? Sehr viele bezahlen übermässig, wenige profitieren. Bezahlen wird vor allem der Mittelstand.

Unser Land ist übrigens seit vielen Jahrzehnten weltweit ein Beispiel im gesamten Energie- und Umweltbereich. Der Bund, die Kantone und die Gemeinden fördern seit vielen Jahren mit hohen Investitionen die nachhaltige Entwicklung. Aber hysterisch, apokalyptisch und planwirtschaftlich darf unser Land nicht werden. Es braucht gezielte und tragbare Massnahmen, lokal und international. Dies benötigt jedoch schweizerisch und weltweit noch sehr viel Zeit. Gerade die Coronavirus- Pandemie zeigt uns, wie ein unvorhergesehenes Ereignis weltweit die gesundheitliche, soziale und wirtschaftliche Lage plötzlich total und für lange Zeit verändern kann. Ich behaupte, dass sehr viele Länder wegen der Coronavirus-Krise das Pariser-Klima-Abkommen nicht wie geplant respektieren können. Der Nationalrat hat übrigens die schwere Coronavirus-Krise total ignoriert. Man erkläre den Bürgerinnen und Bürgern, was die Summe “CO2-Gesetz + Coronavirus-Krise” für ihr Portemonnaie demnächst bedeuten wird.

Die Zielsetzungen des Bundesrates gehen heute auch zeitlich zu weit. Es braucht unbedingt realistische und messbare Zwischenziele. Wir sollten vorerst einmal das Jahr 2030 abwarten und dann Bilanz ziehen: Was hat die Schweiz erreicht? Was hat die Welt erreicht? Welche neuen Kenntnisse und Errungenschaften haben die Forschung, die Wissenschaft und die Technik innert dem Jahre 2030 erzielt? Weltweit ist periodisch eine objektive und gesamtheitliche Lagebeurteilung erforderlich. Ja zu einer machbaren und sinnvollen Bekämpfung des Klimawandels, nein zu diesem extrem teuren CO2-Gesetz.

Prof. Dr. Arturo Romer, theoretischer Physiker                           Minusio, 1.7.2020
Originalbeitrag am 10. Juli 2020 in der zweisprachigen Tessiner Zeitung “Il Paese” publiziert.

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