IberoBlackout – Instabilisiertes Netz aufgrund zuviel Erneuerbarenstrom

Jahrelang feierte die Erneuerbaren Community Spanien als leuchtendes Beispiel einer geglückten Energiewende mit Photovoltaik und Windstrom. Das scheint nun erstmal vorbei zu sein.

 Allmählich bekommen wir Klarheit. Nachdem die öko-sozialistische Regierung Spaniens sich fast wochenlang bedeckt zeigte, die Realität anzuerkennen, deuten die fortschreitenden Analysen und Erkenntnisse mittlerweile klar darauf hin, dass der bislang historisch schlimmste Stromausfall Europas, der sich neulich auf der Iberischen Halbinsel ereignete, durch ein EE-instabilisiertes Stromnetz verursacht wurde. Immerhin kostete diese Katastrophe bislang: 1,2 Mrd € Schäden und 3 Tote.

Diese Instabilität löste wahrscheinlich die darauffolgende Kettenreaktion mit Blackout aus. Zu dieser Schlussfolgerung kommt Prof. Jonas Kristiansen Noland, von der NTNU, Norwegian University of Scienc and Technology, Uppsala University Oslo. Kristiansen-Noland führt aus, dass in der halben Stunde vor dem Stromausfall im synchronen Netzgebiet Kontinentaleuropas zwei Strom- und Frequenzschwankungen beobachtet wurden.

Die spanischen Netzbetreiber ergriffen zu diesem Zeitpunkt noch sofortige Massnahmen, um diese Schwankungen abzuschwächen. Die wahrscheinlichste Ursache für diese ungedämpften „interregionalen Schwankungen“ war die von Natur aus geringe Trägheit («Inertia») des spanischen Stromnetzes zur Mittagszeit, als etwa 70 % der Stromerzeugung aus Solar- und Windenergie mit einer Vielzahl frequenzfolgender Wechselrichtern stammte. Solche erneuerbaren Energiequellen verfügen nicht über die erforderlichen hohen drehenden Massen an Generatorrotoren, um Frequenzschwankungen wirksam entgegenzuwirken. Aufgrund dieser instabilen Netzbedingungen kam es zu aussergewöhnlich hohen Frequenzänderungsraten.

Der kritische Punkt wurde mit dem ersten Stromausfall um 12:32:57 Uhr erreicht, von dem etwa 2,2 GW betroffen waren, hauptsächlich aus der Solarstromerzeugung im Südwesten Spaniens – einer Region also, die zu mehr als 85 % von Solarenergie versorgt wird. Ob in dieser Region die erforderliche lokale Blindleistung im Netz fehlte, was u.U. zu Spannungsinkonstanz beitrug, ist noch nicht vollständig geklärt. Dieser Stromausfall im Süden Spaniens, der unter bereits instabilen Netzbedingungen auftrat, beschleunigte vermutlich einen raschen Frequenzverfall innerhalb des nicht ausreichend oszillationsresistenten (trägen) spanischen Stromnetzes. Beamte von Red Eléctrica (REE) stellten genau zu diesem Zeitpunkt eine „starke Schwankung“ fest, die aufgrund der hohen Frequenzänderungsrate zu einer Kaskade von Schutzabschaltungen (2 weitere grosse PV-Erzeuger wurden notfallmässig abgeschaltet.) im gesamten Netz – und schliesslich zum Netzkollaps führte.

Es stellt sich nun die Frage, ob die Zuverlässigkeit des Stromnetzes auf der Iberischen Halbinsel durch die Einführung neuer technischer Lösungen künftig gewährleistet wäre? Kristiansen Noland meint, technisch gesehen ja – aber wirtschaftlich wäre die Realisierbarkeit und Aufwand jedoch äusserst teuer. REE hatte bereits Synchro-Kondensatoren installiert und die (heute noch) vorhandenen synchronen Erzeugungskapazitäten (Kernkraft, Wasserkraft, Solarthermie) genutzt, um die Frequenz- & Spannungsstabilität und damit die Trägheit/Dämpfung potenzieller Oszillatoren zu erhöhen. Leider erwiesen sich all diese Massnahmen als unzureichend, weil zu spärlich vorhanden. Der Einsatz zusätzlicher Synchro-Kondensatoren oder die Beschaffung schneller Frequenzreserven (FFR) zur Bereitstellung virtueller Trägheit über Ausgleichsmärkte wird die Systemkosten erheblich erhöhen. Derzeit werden FFR in der Regel nur während kurzer Zeiträume mit geringer Netzträgheit angefordert. Der Betrieb eines Netzes aber, mit einer konstant geringen Trägheitscharakteristik wird kostspielige Frequenzstütz- und Dämpfungsnachrüstungen erfordern, welche wirtschaftlich recht herausfordernd sein werden.

Und Spanien hat heute mit seinem hohen Erneuerbarenanteil ohnehin fast die höchsten Stromkosten Europas. Diese werden nun durch die zwingenden Netz-Aufrüstkosten nochmals steigen. Alles in allem kein nachahmenswertes Beispiel.

Merke also:

  • Frequenzstabilität braucht Trägheit (hohe rotierende Generatormasse)
  • Spannungsstabilität braucht Blindleistung (über Generatorerregung)

ERGO: Lokale, gut verteilte Blindleistung und Gesamtträgheit des Stromnetzes zusammen dämpft Schwingungen → verhindert flächige Oszillationen mit Aufschaukelung (Resonanz) und anschliessendem gesamtsystemischen Kollaps (Blackout).

Am effektivsten, effizientesten, günstig und physikalisch inhärent können das NUR Grosskraftwerke.

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3 thoughts on “IberoBlackout – Instabilisiertes Netz aufgrund zuviel Erneuerbarenstrom”

  1. Eine Empfehlung an die Politik müsste lauten: Sich wieder vermehrt vom ingenieurmässigen Verstand leiten zu lassen und im Gegenzug weniger vom Wunschdenken. Die Gesetze der Physik sind frei von Ideologie und wirken somit entsprechend. Auf was zu achten wäre ist klar und einfach: im Netz immer genug rotierende Massen und Blindleistung zur Verfügung haben.

  2. Von wegen ingenieurmässigen Verstand: Florian Dörfler – Prof. Elektrotechnik ETH zu Blackout in Spanien in NZZ 17.5.25: Kein Netz der Welt hätte den Ausfall von zwei Kraftwerken verkraftet (der am Anfang des Blackouts stand), auch nicht in einem fossilen Umfeld! Erneuerbare wie Wind und Sonne trifft also keine Schuld!

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