Wasserstoff trägt die Farbe von CO₂

Richtigstellung 
Ein aufmerksamer Leser (siehe Kommentar von Ebel hier unten) weist darauf hin, dass die Sauerstoffbilanz in der Atmosphäre gleich Null bliebe, wenn der erzeugte Wasserstoff letztlich verbrannt würde, entweder direkt oder via synthetische Brennstoffe. Die Überlegungen in diesem Artikel beziehen sich daher nur auf die interessantesten Verwendungszwecke von H2, nämlich diejenigen, die stabile Materialien wie Stahl oder andere langlebige Güter erzeugen. Dies ist also nur von relativer Bedeutung.

Das Philosophenmetall des Ökologismus ist Wasserstoff, das erste Element der Tabelle, dessen Tugenden so stark sind, dass es alle Übel, die mit der Treibjagd auf fossile Brennstoffe verbunden sind, lösen sollte. Die beiden chemischen Gleichungen auf dem Titelbild zeigen eine perfekte Welt, in der eine Kohlenstoff-freie Energieversorgung erfolgt. Der diensthabende Häretiker erkennt jedoch, was sich im toten Winkel des Klimagläubigen verbirgt: die Stöchiometrie.

So müsste das Wassermolekül z.B. durch Elektrolyse oder eines Tages auch durch Thermolyse aufgespalten werden, um Wasserstoff zu erhalten.

Nachdem auf mehr oder weniger effiziente, aber kohlenstofffreie Weise genügend Elektrizität erzeugt wird, geht bei der Elektrolyse noch mehr Elektrizität verloren, um Wasserstoff zu erhalten, der verbrannt wird, um Autos oder Turbinen anzutreiben, wobei auch ein wenig geheizt wird. Dabei entsteht nur Wasserdampf, vor dem niemand Angst hat.

Oder, noch ausgefeilter, aber noch weniger effizient, werden Kohlenhydrate oder Ammoniak synthetisiert, um flüssige Brennstoffe für die Luftfahrt oder Chemikalien zu erhalten. H2 wird auch zur Reduktion von Eisenerz verwendet, um koksfreien Stahl zu produzieren. Auf diese Weise wird CO2 auf die teuerste Art und Weise recycelt, aber es sieht tugendhaft aus.

Abbildung 1: Kraftstoffsynthese

In Ehrfurcht vor diesen Gleichungen und weil sie nicht wissen, dass die Stöchiometrie eine vollständige Bilanz erfordert, haben die Mächtigen dieser Welt beschlossen, diese zu ruinieren, um eine Wasserstoffwirtschaft aufzubauen.
Sie glauben, dass sie dekarbonisiert ist! Sie sind in der Tat zu allem fähig, das ist es, woran man sie erkennt.

Sie übersehen, dass, wenn ein Wasserstoffmolekül durch die Elektrolyse oder Thermolyse von Wasser entsteht, auch ein halbes Sauerstoffmolekül gebildet wird, d.h. 8 g O2 für 2 g H2.

Was geschieht mit diesem Sauerstoff? Er wird in der Atmosphäre verdünnt, da es sinnlos ist, ihn einzufangen. Als König der Oxidationsmittel trifft er auf oxidierbare Substanzen, vorwiegend Biomasse. Und wie bei jeder Verbrennung von organischem Material entsteht dabei… CO2!

Abbildung 2: Verbrennung von organischem Material
Je nach Zusammensetzung des organischen Materials wird bei der Verbrennung ein Molekül CO2 erzeugt pro enthaltenem Kohlenstoffatom; ausserdem wird Wasser gebildet.
Für eine -CH2– Gruppe wird ein CO2-Molekül mit 1,5 O2 gebildet, oder 44 g CO2 mit 48 g O2.
Bei Holz mit einer Zusammensetzung von CH1.44O0.66 sind dies 44 g CO2 für 33 g O2.

Auf noch nicht verstandene Weise hält die Natur einen konstanten Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre mit enormen jährlichen Zu- und Abflüssen in Verbindung mit der Photosynthese und der Zersetzung oder Verbrennung von Biomasse aufrecht. Dieses O2 findet also sein kohlenstoffhaltiges Reduktionsmittel.

Für 1 Tonne produzierten Wasserstoff für eine nicht-verbrennende Verwendung
werden etwa 5,3 Tonnen CO2 freigesetzt.

Anthropogen!

Mit Wasserstoff rückt das “Netto-Null” in weite Ferne, denn machen wir uns nichts vor: Dieses CO2 ist tatsächlich anthropogen, durch menschliches Handeln verursacht, denn wenn es keine Elektrolyse gäbe, würden diese Emissionen nicht entstehen.

Übersetzung des Originalbeitrags auf dem Blog des Autors (auch in Englisch).
Lesen Sie auch meinen Beitrag über Wasserstoff «Dummköpfe bringen keinen Wasserstoff durch»

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3 thoughts on “Wasserstoff trägt die Farbe von CO₂”

  1. Wird also durch die Wasserstoffproduktion mehr CO2 freigesetzt als durch den Ersatz von fossilen Treibstoffen mit H2 eingespart wird? Falls ja, wäre ja die ganze Wasserstoffeuphorie eine Chimäre!

    1. Nicht mehr, aber fast soviel. Die aktuelle klassische H2-Produktion durch die Dampfreformierung von Methan, CH4 + 2 H2O —> CO2 + 4 H2, produziert 5,5 Tonnen CO2 pro Tonne H2.

    2. “Was geschieht mit diesem Sauerstoff? Er wird in der Atmosphäre verdünnt, da es sinnlos ist, ihn einzufangen. Als König der Oxidationsmittel trifft er auf oxidierbare Substanzen, vorwiegend Biomasse.”

      Bei der Verbrennung des Wasserstoffs wird genau die Sauerstoffmenge benutzt, die bei der Elektrolyse frei geworden ist – es entsteht also keine Sauerstoffanreicherung in der Luft.
      Beim Verbrennen von 1 kg Wasserstoff werden über 33 kWh (Zukunft 39,6 kWh) frei, zur Elektrolyse werden zur Zeit ca. 53 kWh gebraucht (Forschungsarbeiten zeigen eine Reduktion auf 40,4 kWh).

      Um 1 l Diesel (ca.9,8 kwh/l) oder 1 l Benzin (ca.8,5 kWh/l) zu ersetzen, werden also ca. 0,3 kg Wasserstoff gebraucht.

      Das Argument mit dem Sauerstoffanstieg zieht also nicht. Allerdings darf die Elektroenergie nicht durch Verbrennung fossiler Stoffe erzeugt werden.

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