Diese Klimaschutzmassnahme ist nicht bequem, sondern sinnlos

NZZ-Redakteur David Vonplon nennt es „bequem“, dass die Schweiz einen immer grösseren Teil ihrer Klimaschutzaktivitäten in arme Länder auslagert. Solcherart Kritik mag im Einzelfall berechtigt sein, sollte aber gut begründet werden. So geht’s jedenfalls nicht.

Vonplon schreibt: „Im fernen Bangkok macht die Schweiz vorwärts mit dem Klimaschutz. Innerhalb von nur 18 Monaten hat die Stiftung Klik im Auftrag der Treibstoffimporteure 2000 Elektrobusse auf die Strasse gebracht. Sie lösen die mit Diesel und Erdgas betriebenen Fahrzeuge eines privaten Verkehrsunternehmens ab, das diverse Buslinien in Thailands Kapitale betreibt. … Jeder E-Bus, der durch Bangkok rollt, bessert die CO2-Bilanz unseres Landes auf.“

Daran ist so gut wie alles falsch.

Die Elektrobusse mögen tatsächlich fahren, doch dem Klima nützen sie nichts – im Gegenteil. Warum das so ist, verrät bereits ein kurzer Blick auf die Stromerzeugung: Der fossile Anteil des Durchschnittsstroms lag in Bangkok 2023 bei 73 %.

Doch es kommt noch schlimmer.

Denn fossile Brennstoffe sind teuer. Sinkt der Stromverbrauch, regelt man diese Kraftwerke herunter. Wird mehr Strom benötigt, muss man vorrangig diese teuren Kraftwerke wieder hochregeln.
So kommt es, dass der Zusatzstrom für zusätzliche Verbraucher (wie z.B. zusätzliche E-Autos) in den meisten Ländern noch weitaus höhere Emissionen hat als der Durchschnittsstrom. Das verhagelt der Elektromobilität die Klimabilanz gründlich. In Deutschland etwa liegt der fossile Anteil der Stromerzeugung nur bei 24 % – und dennoch ist die Bilanz desaströs (Tech for Future): „Anhand der Zahlen steht klar und deutlich fest: E-Autos sind in Deutschland eine miserable Klimaschutz-Maßnahme. Ich kann gar keine CO2-Vermeidungskosten berechnen, weil bis 2045 kein CO2 vermieden wird.“
Dass die Umstellung von Diesel- und Erdgasbussen auf elektromotorischen Antrieb in Thailand auch nur ein einziges Gramm CO2 einspart, ist vollkommen ausgeschlossen.

Warum hat Vonplon sich für die Behauptung, die Schweiz mache im fernen Bangkok „vorwärts mit dem Klimaschutz“, ausgerechnet dieses untaugliche Beispiel ausgesucht? Offensichtlich ist er mit dem Thema, über das er schreibt, bei weitem nicht ausreichend vertraut.

Abbildung: By Perjonasson – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=49501666

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7 thoughts on “Diese Klimaschutzmassnahme ist nicht bequem, sondern sinnlos”

  1. Grundsätzlich führt nicht die CO2-Reduktion der Schweiz im Ausland in die Irre – ganz im Gegenteil, dort könnte mit dem Schweizer Geld viel mehr erreicht werden – immerhin geht es schliesslich auch um die Zeit, und CO2-Emissionen sind global kumulativ. Aber wie Kai R. richtigerweise rügt, darf man nicht kontraproduktive Massnahmen treffen – egal wo!

    Vonplon, der nunmehr schon seit Jahren über Energie schreibt, mit dem Thema nicht ausreichend vertraut? Ich weiss nicht, das ist mir noch fast eine zu milde Beurteilung… Klar ist aber, dass die NZZ Redaktion (noch) über ein paar sehr gute Ökonomen verfügt – Vonplon muss im Bereich Umwelt und Energie ersetzt werden!

    1. David Vonplon hat an der Uni Zürich Wirtschaftsgeschichte und Sozialökonomie studiert und auch danach nichts gemacht, was auf Kompetenz im genannten Thema schliessen lässt. Keine guten Voraussetzungen, um solche Artikel zu schreiben und als Meinungsmacher aufzutreten. Man muss Geschriebenes nicht nur lesen und verstehen, sondern auch kritisch hinterfragen können, und das erfordert ein solides Fundament. Das scheint ihm zu fehlen.

  2. Hier ist nicht nur die Art der Klimaschutzmassnahme falsch, sondern die ganze Betrachtungsweise. Will man nämlich unsere inländische CO2-Freisetzung im Ausland kompensieren, so muss man konsequenterweise auch die CO2-Freisetzung im Ausland im Zusammenhang mit Herstellung und Lieferung all unserer Importgüter aufrechnen (abzüglich der Freisetzung im Inland bei der Herstellung unserer Exportgüter). Macht man das jedoch, so kollabiert das Phantasiekartenhaus unserer eidgenössischen Energiepolitik augenblicklich.

    1. Hier noch eine Ergänzung, weshalb der Einbezug unserer ausländischen Emissionen nicht nur einen Einfluss auf unsere Klimapolitik, sondern auch auf die Energiepolitik hat. Zu unseren ausländischen Emissionen gehört unser Anteil am internationalen Flugverkehr. Gemäss Statistik wurden im 2019 in der Schweiz 1’846’453 to Kerosin vertankt. Laut Rolls-Royce SMR wird für die Herstellung von 280 to/Tag synthetischem Kerosin eine Dauerleistung von 470 MWe Elektrizität benötigt (vgl. https://www.kivi.nl/uploads/media/618255d56cb66/Rolls-Royce SMR Overview Enschede Final.pdf, Seiten 4 und 25). Rechnet man einen jährlichen Wartungsunterbruch von 1 Monat ein, so reicht 1 MWe Strom für die Herstellung von 200 to Kerosin pro Jahr. Das bedeutet, dass für die Herstellung des durch uns zu verantwortenden Flugtreibstoffs die Dauerleistung von 9’232 MWe erforderlich ist, was ca. 7.5 AKWs Leibstadt entspricht. Die Treibstoffproduktion muss kontinuierlich laufen können und in den Industrieländern erfolgen, denn nur hier ist genügend angereichertes CO2 verfügbar. Ausserdem hat Wüsten-PV derart viele und gravierende Nachteile, dass meines Erachtens dort nie eine nennenswerte Synfuel-Produktion stattfinden wird. Also bleiben für die Dekarbonisierung nur noch Wasserkraft und Kernenergie als Stromquellen.

        1. habe weiter recherchiert und einen Artikel geschrieben, den ich gerne im Blog publizieren werde, sobald mein Gesuch zur Aufnahme ins C-C-Netzwerk akzeptiert worden ist

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