44 Jahre Klima-Geschichte

Bei keinem Thema wird so viel Bezug auf die Wissenschaft genommen wie beim Klima. Kein Thema scheint mehr zu beschäftigen als die zukünftige Veränderung des Klimas. Beim gegenwärtigen Dauer-Tsunami an Meldungen und Berichten lohnt es sich einmal, die blossen, nüchternen Zahlen anzuschauen, um sich zu vergegenwärtigen, was Sache ist. Dazu eignen sich einfachste «Plausibilitäts-Checks». Das ist nicht hohe Wissenschaft, aber für eine erste Prüfung sehr hilfreich. Wenn Sie an diesen Checks einen relevanten Fehler erkennen, bitte ich, diesen umgehend zu melden. Oder wenn der Check nicht plausibel sein sollte, dann bitte ich dringend um einen konstruktiven Kommentar und Korrektur. Im Gegensatz zu sehr bekannten «Klimawissenschaftlern» glaube ich nicht, im Besitz der Wahrheit zu sein.

Seit 1979 existiert eine weltumspannende Satellitenbeobachtung zur Messung der Temperaturen der Troposphäre, also der unteren Atmosphäre, welche unser Wetter und unser Klima bestimmt. Die Werte dazu werden von der University of Alabama in Huntsville erfasst. Der Klimaforscher Roy Spencer publiziert monatlich den statistischen Erwärmungstrend. Dieser hat sich über die Beobachtungsperiode von 1979 bis heute kaum verändert und beträgt 0.13 Grad pro Jahrzehnt. Erstaunlich ist, dass die Erwärmung über die Jahre bemerkenswerte Sprünge macht, längerfristig aber weder eine Beschleunigung noch eine Verlangsamung der Erwärmung erkennen lässt. Ganz im Gegensatz zu verschiedenen Berichten in den Medien. Hält dieser Trend an, ist bis zum Ende dieses Jahrhunderts mit einer weiteren mittleren Erwärmung von 1.0 Grad zu rechnen. 

Ebenfalls seit 1979 wird am Mauna Loa Observatory auf Hawaii die CO2-Konzentration der Atmosphäre aufgezeichnet. Dieser Standort eignet sich dazu, weil er weitab von verfälschenden anthropogenen Quellen liegt. Die Aufzeichnungen zeigen einen kontinuierlichen Anstieg der Konzentration an. Die Wellenlinie ergibt sich durch natürliche saisonale Veränderung im biogenen CO2-Kreislauf. Im Zeitfenster von 1979 – 2023 ist die Konzentration von 337 ppm auf 420 ppm angestiegen. Extrapoliert man diesen quasi-linearen Trend ebenfalls linear bis ans Jahrhundertende, ist im Jahr 2100 mit einer CO2-Konzentration von 565 ppm zu rechnen. 

Im gleichen Zeitfenster haben die anthropogenen Treibhausgasemissionen massiv zugenommen, nämlich in dieser Periode von jährlich 34 Milliarden auf 42 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente (um 25%). Seit 2015 hat sich diese Zunahme allerdings verlangsamt. In welche Richtung sich die Emissionen weiter entwickeln, hängt von zukünftigen Energiesystemen ab, welche allerdings effektiv CO2– günstiger als fossile Brennstoffe sein müssen, um jene wirklich CO2-sparend zu substituieren. Eine exponentielle Zunahme der Emissionen, welche dem oft missbrauchten worst-case Klimaszenario RCP8.5 zugrunde liegen, ist unrealistisch. Notabene bestimmt aber dieses unwahrscheinliche Szenario weiterhin die politische Diskussion!

Licht in diesen Nebel wirft der Vortrag von Professor Jochem Marotzke: Verlässlichkeiten und Unsicherheiten der Klimamodelle.

Diese kurze Klimageschichte wäre nicht zu Ende erzählt ohne die Feststellung, dass sich die Weltbevölkerung im gleichen Zeitraum von 4.3 auf 8 Milliarden nahezu verdoppelt hat. Und dies bei gleichzeitigem Wohlstandsgewinn bei grossen Teilen der Weltbevölkerung. Das Bevölkerungswachstum wird gemäss UNO Projektionen gegen Ende des Jahrhunderts abflachen mit einem Peak zwischen 10 und elf Milliarden Menschen. Der Energiebedarf wird in den Entwicklungs- und Schwellenländern aufgrund der Wirtschaftsentwicklung allerdings weiter zunehmen. Wie sich das auf die Emission von Treibhausgasen auswirken wird, ist ebenfalls abhängig, ob alternative Energie verfügbar wird, die billiger ist als fossile. Sonst bleibt die angestrebte Dekarbonisierung eine Illusion. 

Fazit

Das Fazit ist, dass a) die Klimaerwärmung bis auf weiteres fortschreitet und dieser langfristige Trend sich kaum verändern wird, b) die anthropogenen Emissionen weiterhin zunehmen, jedoch nicht im selben Masse wie bisher, c) das Klima bis Ende des Jahrhunderts um ein weiteres Grad wärmer wird. Daraus darf man wohl annehmen, dass d) der klimatische Weltuntergang nicht stattfinden wird. Und e) dies uns nicht aus der Verantwortung entlässt, alles daran zu setzen, mittels Erfinder- und Unternehmergeist Energiegewinnungsmethoden zu entwickeln, die mindestens so zuverlässig sind wie fossile Energie, jedoch günstiger und umweltfreundlicher sind.

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6 thoughts on “44 Jahre Klima-Geschichte”

  1. Wir haben bereits Energiegewinnungsmethoden, die wesentlich umweltfreudiger als Erdöl und Erdgas sind. Von der Sonne, vom Wind und vom Uran. Sie sind aber je nach Region weniger zuverlässig (bzw. nicht ständig verfügbar) oder anspruchsvoller bzw. gefährlicher in der Handhabung (Uran). Und nur je nach Anwendung teurer. Für deren Nutzung braucht es aber viele neue Investitionen, die beim Erdgas und Erdöl früher bzw. bereits getätigt wurden und daher Kostenvergleiche immer wieder verfälschen.

    1. Der Spur nach, sehen Sie nun doch langsam den wesentlichen Punkt, Herr Huber. Sonne und Wind sind sehr undichte Energieformen, die nur unter Einsatz von einem exorbitanten Mass an weiteren Ressourcen nutzfähig gemacht werden können. Und damit sind sie eben kaum umwelt- (und klima-) freundlicher als v.a. Erdgas. Wirklich und sicher wesentlich umweltfreundlicher und sowieso klimafreundlicher ist eben die Kernkraft. Und die wird zur Zeit in grossen Schritten noch weiter verbessert.

      Und Markus O. Häring verdient einen grossen Dank für diesen m.E. hervorragenden Beitrag. Es ist ein Übel, dass wir ihn bald nach Australien ziehen lassen müssen. Zum Glück wird er aber als Reporter vor Ort für das CCN weitermachen. 😉

  2. Lieber Markus, danke! Du forderst uns auf, Unstimmigkeiten zu melden. Also:
    – die Messreihe auf dem Mauna Loa beginnt 20 Jahre früher, im März 1958.
    – wenn man die ganze Kurve anschaut, sieht man, dass sie nicht linear ansteigt. Die zweite Ableitung der geglätteten Kurve ist immer noch positiv.
    – Die CO2-Emissionen betragen weltweit jährlich ca. 40 Milliarden Tonnen!
    – die Weltbevölkerung nimmt nicht mehr exponentiell zu, nicht einmal linear. Seit etwa 1990 nimmt die Wachstumsrate kontinuierlich ab.
    Wenn du schon 1979 erwähnst: Das ist das Jahr, in dem ich meinen ersten Artikel zum Klimawandel publizieren Durfte – in der Weltwoche! Er hiess “Palmenstrand am Limmatquai”. Er endete mit dem Satz: “irgend einmal müssen wir uns zu überlegen, wie wir ohne fossile Energie auskommen können. Eine gute Zeit, damit anzufangen ist jetzt” (1979)
    Soviel Nörgeln darf sein, oder?

    Herzlich
    Simon

  3. Man kann sich fragen, was bessere Ergebnisse bringt:

    (1) Hochkomplexe mechanistische Modelle mit einer Unzahl von (teils approximierten) Parametern mit komplexen physikalischen, chemischen und sonstigen Wechselbeziehungen untereinander. Modelle, die von Version zu Version “heisser laufen” und immer mehr IPCC-interne Diskussionen über ihre Korrektheit aufwerfen, und die sich schliesslich nicht an der Vergangeheit validieren lassen,
    Oder:
    (2) Die vorsichtige linearisierte Extrapolation von effektiv über die Zeit gemessenen Grössen wie CO2-Konzentration und Satellitentemperaturen. Sprich: der Einsatz von GVM ( Gesundem Menschenverstand), einer nötigen Komplexitätsreduktion und Plausibilität.

    Wenn ich mir die enorme Ergebnisstreuung der CMIP6-Modelle bei Variante (1) ansehe, dann rechtfertigen sich möglicherweise auch einfache Ansätze wie Variante (2).

    Übrigens: Corona und seine Auswirkungen haben uns gezeigt, wie keines der dort angewandten Modelle im Endeffekt etwas taugte – aber der Einsatz und Glaube an diese Modelle schliesslich zu grossem Teil falsche politische Entscheidungen nach sich zog.

    1. Modellanalysen sind heutzutage aus der Politik nicht mehr wegzudenken, sie sind zur offiziellen Währung im Geschäft der Politikrechtfertigung geworden. Vor allem weil sie die politischen Entscheidungsträger zu entlasten versprechen. Und jedes gewünschte Ergebnis ist machbar. Das gilt natürlich auch für ökonomische Modellanalysen. Zur grossen Streuung der Ergebnisse: Man nehme das “White Paper” der ETHZ und schaue sich die Ergebnisse der wirtschaftlichen Modellschätzungen für “netto null 2050” an.

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