Prof. Manera: Umweltverträgliche Stromversorgung

von Konrad Studerus

Im Anschluss an die GV der Aktion für vernünftige Energiepolitik Zug (AVES Zug) referierte Annalisa Manera, Professorin für Nukleare Sicherheit an der ETH Zürich zum Thema „Sichere Stromversorgung für eine klimaneutrale Schweiz“. Entgegen dem herrschenden politischen Mainstream in Deutschland und der Schweiz sieht sie eine umweltverträgliche Stromversorgung nur mittels vermehrtem Einsatz von Kernenergie.

Das politische Versprechen einer CO2-freien Stromversorgung mithilfe erneuerbarer Stromquellen wie Wind und Sonne entlarvte Prof. Manera als nicht erfüllbar und als sehr umweltbelastend. Das Problem besteht einerseits in der intermittierenden Stromproduktion, weil nicht immer Wind und Sonne zur Verfügung stehen. Dies verlange nach Backup-Systemen und Speichermöglichkeiten, die insgesamt dem Aufbau einer zweiten Produktionsinfrastruktur entspreche und nur mit entsprechend hohen Zusatzkosten zu haben sei. Andererseits sind der Flächenbedarf und insbesondere der Materialeinsatz für Wind- und Solaranlagen gigantisch und nicht umweltschonend zu erbringen. Prof. Manera will dies nicht als Statement gegen Solar- und Windstromanlagen verstanden haben; solche könnten als zusätzliche Stromquellen gewisse Dienste leisten, aber niemals das Stromversorgungsproblem der Schweiz lösen.

Die jugendlich wirkende Italienerin arbeitete früher in den USA und hat Forschungserfahrungen mit Schwerpunkt auf der Sicherheit von Reaktorkonzepten, Leichtwasserreaktoren und Small Modular Reactors (SMR) bis hin zu modernen Reaktordesigns und Mikroreaktoren. Prof. Manera bedauert, dass die meisten politischen Parteien in der Schweiz sich nicht wirklich für die technischen Entwicklungen und den Stand der Forschung im Bereich der Nuklearenergie interessierten. Die Diskussionen über Kernenergie in der Schweiz würden sich auf dem Niveau vergangener Jahrzehnte bewegen. Dies sei in den meisten Ländern anders. Manera erwähnte insbesondere Finnland, wo kürzlich das neue AKW in Olkiluoto in Betrieb genommen wurde – notabene unter Mitwirkung der Grünen Partei. Sehr interessant sind auch die Vereinigten Arabischen Emirate, wo Südkorea innerhalb von zehn Jahren drei Kernkraftwerke mit je 1‘400 MWh Leistung erstellt hat und ein weiteres vor der Vollendung steht. All diese Entwicklungen disqualifizieren die schweizerische Energiepolitik und Stromwirtschaft. Wenn man etwas für eine umweltverträgliche Stromversorgung tun will, kommt man nicht um die Nuklearenergie herum.

Konrad Studerus
alt Kantonsrat, Edlibach

Dieser Beitrag ist ebenfalls in Nau.ch sowie in der Zuger Zeitung erschienen.


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12 thoughts on “Prof. Manera: Umweltverträgliche Stromversorgung”

  1. Unser Problem ist halt auch institutionell. Wenn man dem Stimmvolk ein Fukushima-befeuertes Energiegesetz vorlegt, in dem hinten im Anhang kurz und bündig steht, Bewilligungen für den Bau neuer AKW werden nicht erteilt, dann ist die Zustimmung zu einem solchen Gesetz demokratisch superlegitimiert. Der Entscheid ist durch den Souverän (ich habe etwas Hemmungen, hier noch souveränes Urteilen zu sehen) sanktifiziert und nur unter höchstem Krisendruck korrigierbar. Dazu kommt, dass die meinungsmächtigen Institutionen (Medien, Staatsverwaltungen, Parteien, Hochschulen, Kultur) weitestgehend von einer akademisch gebildeten links-grün tickenden Elite beherrscht werden. Alle laufenden Gesetzesprojekte aus der Sommaruga-Küche laufen darauf hinaus, den “Atomausstieg” unumkehrbar zu machen.

    1. Ja, das ist für mich das Hauptproblem… Albert Rösti kann die diversen Chefs dieser Küche (UVEK, BFE, BAFU) nicht auf einen Knall auswechseln – müsste er aber. Ich zweifle aber nicht – oder sagen wir: ich will doch hoffen -, dass der neue Departementschef diesen Ersatz doch in nützlicher Zeit hinkriegt.

      Die Medien, Hochschulen und die Kultur… das ist eine höchst trübe Geschichte. Extrem bedenklich ist übrigens auch die Branche drauf… VSE u.a. Und schliesslich sollte sich auch Economiesuisse die Sache endlich unvoreingenommen noch einmal überlegen.

  2. Teil 1
    Im Vorfeld der Abstimmung über das Energie-Gesetz 2050, also im Jahr 2015, haben alle Parteien – mit Ausnahme der SVP – die Vorlage befürwortet, welche das einer liberalen Gesellschaft unwürdige Technologieverbot miteinschloss. Damals wollte Links-Grün die produzierenden Kernkraftwerke sofort abstellen; demgegenüber bettelt sie heute, die verbliebenen Werke so lange wie möglich laufen zu laufen. Eine volle 180-Grad-Wende und keinerlei Entschuldigung, dass ihre «weisen» Voraussichten zur Energiewandlung aus Sonne und Wind kolos-sal gescheitert sind, um jetzt mit erheblichen Mehrkosten für alle Energiefor-men die Bevölkerung finanziell massiv zu belasten.
    Die bundesrätliche Kostenprognose von vierzig Franken pro Kopf und Jahr wurde vom Bundesamt für Energiewirtschaft (BFE) bereits auf 360 Franken korrigiert. Auch dieser Betrag wird nicht reichen. Jetzt den Ukraine-Krieg dafür verantwortlich zu machen, ist ein reines Ablenkungsmanöver, das die Unfähigkeit zur Vorausplanung massgeblicher politischer Kreise verschleiern soll. Der Krieg kann für die Stromlü-cke nicht als Ursache gelten; er hat sie lediglich brachial beschleunigt. Wir brau-chen Politiker, die Kilowatt (kW) von Kilowattstunden (kWh) unterscheiden können und die thermodynamischen Grundsätze kennen, keine Moralisten, keine Interes-senvertreter der Solar-Industrie. In Bern tummeln sich allzu viele Google-Experten. Ein Tag ohne Strom kostet die Schweizer Wirtschaft gegen 4,5 Milliarden Franken. Demgegenüber waren die anlässlich der Corona-Pandemie entstandenen Auf-wendungen geradezu ein laues Lüftchen.
    Wie konnte es überhaupt so weit kommen?
    Teil 2

  3. Teil 2
    Nach der Besetzung des für das Kernkraftwerk Kaiseraugst geplanten Bauplatzes (1975), das nicht gebaut werden konnte, setzte die Schweiz stark auf Importe, schloss die schweizerische Energiewirtschaft doch fixe Abnahmeverträge mit fran-zösischen Netzbetreibern wie Fessenheim, Bugey und Cattenom ab. Ab den 1990er-Jahren kam bis zu zweieinhalbmal so viel Strom aus Frankreich wie ein einzelnes Kernkraftwerk in der Schweiz zu liefern imstande war. «Kaiseraugst» war also quasi im Ausland gebaut worden. Das liess vergessen, dass die Schweiz den angemessenen Ausbau eigener Strominfrastrukturen versäumt hatte. Auf Importe kann sich die Schweiz zukünftig nicht mehr verlassen. Und Grosskraftwerke lassen sich in so kurzer Zeit kaum realisieren.
    Die Schweiz im Jahr 1994
    Das Basler Forschungsinstitut Prognos, das häufig im Auftrag des Bundes arbeitet, veröffentlichte eine Studie mit dem Titel «Energieperspektiven 1990 bis 2030». Diese Studie hielt fest: «Längerfristig zeigt sich eine grosse Deckungslücke bei der Elektrizitätsversorgung.»
    Man hat es also gewusst – mindestens seit 28 Jahren. Die Prognos-Studie wurde 1994 von linker Seite allerdings mit Hohn aufgenommen. «Völliger Blödsinn», kommentierte die Umweltorganisation Greenpeace. Von einem «Luftballon» sprach Kurt Marti von der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES), die eine linke Agenda verfolgt. Die Studie baue auf «konservativen Rahmenbedingungen» auf. Im No-vember 1994, also wenige Monate später, setzten die Umweltverbände einen eige-nen Bericht in Umlauf. «Das grösste Energiepotenzial liegt im Sparen», hiess es darin. Rund ein Drittel des Stromverbrauchs lasse sich vermeiden – durch Mass-nahmen wie beispielsweise einem Deckel auf dem Kochtopf (legendäre «Eierkoch-Kultaktion» mit Bundesrat Adolf Ogi 1988 am Schweizer Fernsehen zur besten Sendezeit).
    Teil 3

  4. Teil 3
    Wir hätten also genügend Zeit gehabt, um unsere Elektro-Hausaufgaben zu ma-chen. Getreu dem Motto: Das Geld kommt aus dem Bankomaten, der Strom aus der Steckdose und das Wasser aus der Röhre. Wo haben wir denn ein Problem? Man hatte sich aufs Geldausgeben und auf den Energie-Einkauf im Ausland kon-zentriert. Wir haben ein gesellschaftliches Problem, es geht uns zu gut, und wir las-sen unsere Tugenden wie Sparsamkeit, Fleiss, Verlässlichkeit, Bildung und Qualität einfach fallen. Wir leben vom Erbe unserer Ahnen und Urahnen. Ein wesentlicher Teil unserer Gesellschaft gehört zur dekadenten Vollkasko-Mentalität-Wohlfühlschickeria. Jetzt muss Need to have vor Nice to have kommen.
    Jede Wärmepumpe und jedes E-Auto, die/das zusätzlich ans Netz genommen wird, beschleunigt die Strommangellage extrem. Der nächste Winter kommt bestimmt. Wir sitzen auf unserer Erdkruste auf mehreren hundert Grad warmem Untergrund und nutzen dieses Potenzial nicht. Ein auf der Richterskala gemessener Berg-schlag von 3,2 liess das innovative Basler Geothermie-Projekt abrupt sterben. In Japan gehören solche Erschütterungen zur Tagesordnung. Eine Geothermie-Strategie fehlt in der Schweiz.
    Deshalb braucht es einen Energie-General! Denn wir stehen einer Notsituation ge-genüber, die von Links-Grün (mit gütiger Hilfe einiger bürgerlicher Parlamentarier und eines falsch informierten Souveräns) verursacht wurde. Es fehlt an Übersicht und magistraler Führung. BFE, ELCOM, EWs, Swissgrid, Ostral, zwei Departemente – und keiner ist verantwortlich. Das Schwarz-Peter-Spiel hat bereits begonnen.
    Wann gehen den Bürgern und den Verantwortlichen endlich die Augen auf? Ich hoffe, nicht erst wie bei den Kartoffeln, wenn wir im Dunkeln (Dreck) stecken.

  5. Das ist genau, warum der Energie Club Schweiz die Volksinitiaitive “Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)” lancierte hat. Wir müssen endlich die Vor- und Nachteile der verschiedenen Stromproduktionsarten diskutieren. Das hat alt BR Leuthard bei der Abstimmung zum Energiegesetz im Mai 2017 verhindert, indem die Studien zu den nötigen Gaskraftwerken vom Internet verschwanden. Heute wird Thierry Burkart in den AZ-Medien zitiert: dass er lieber Atomkraftwerke als Gaskraftwerke hätte. Das möchte ich auch, denn die Schweiz hat keine Gasspeicher und die Notvorräte von Gas liegen in Form von Heizöl extraleicht vor – Birr lässt grüssen! Deshalb bleiben wir beim Gas abhängig und erpressbar, wogegen die Kernkraftwerke in der Schweiz Brennstoff für 4 Jahre im Werk lagern können. Da fühle ich mich viel sicherer, aber auch weil ich – als ehemaliges Mitglied der Kommission für die Sicherheit der Atomanlagen – weiss, mit welcher Sorgfalt die Mitarbeitenden der KKW arbeiten. Überzeugen Sie sich selbst davon bei einem Besuch in einem Schweizer Kernkraftwerk. Befassen Sie sich mit den Sicherheitsmassnahmen der Reaktoren, dann kommen Sie zum gleichen Schluss wie Thierry Burkart. Ich hoffe, dass er auch seine Parlaments-Kolleginnen und -Kollegen bei einem Besuch im KKW überzeugen kann.

  6. 500 Millionen Jahresmiete für 6 Gaskombikraftwerke im Birrfeld, um eine Unterversorgung mit el. Strom zu verhindern, ist tatsächlich CO2 neutral. Ende der Ironie.
    Mit 300 Millionen, die man der BKW zur Verfügung gestellt hätte, wäre eine Investition in das KKW Mühleberg möglich gewesen und wir hätte die nächsten Jahre 1.5 TWh CO2 freien Dauerstrom. Das kommt davon, wenn man Strategie durch geistige Windstille ersetzt und dann in die operative Hektik wechselt!

  7. “Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)” ist gut aber für die nächsten Winternächte gibt s noch keine GW. Praktisch, kurzfristig, nächstes halbes Jahr, müssen wir uns auf weniger Importe gefasst machen und da geht’s nur mit Öl. Anfang ist gemacht mit Birr und Einbindung Notstrom https://tinyurl.com/25d5y57a Diese laufen auch nur wenn genügend Diesel vorhanden, darum hier noch einmal den Brief an Sommaruga letztes Jahr. https://tinyurl.com/5982mka8 Nur Adressat ändern an Rösti.

    Auch wenn Initiative angenommen wird, mittelfristig hilft das kaum. Die Anti-KKW-Fossilien sind nicht lernfähig, werden kämpfen wie versteinert. Darum Vorschlag umgehen: Beteiligung à la Fessenheim, an einem Neubau in Frankreich. Wäre auch gut für die Beziehungen, unter Stress, nach Absage Rafale. Und niemand hat gesagt wir dürfen nicht im Ausland neue KKW s bauen…

  8. Will ja die Atom-Andacht nicht stören, aber bitte doch, folgende Meldung zur Kenntnis zu nehmen:

    Die IAEA (International Atomic Energy Agency) hat Zahlen zur weltweiten Atomstromproduktion 2022 veröffentlicht. Der Atomstromanteil war weltweit so niedrig wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr. Weltweit verliert die Atomstromproduktion an Bedeutung. Im Jahr 2022 wurden demnach weltweit 2.487 Mrd. Kilowattstunden (= TWh, Terawattstunden) Atomstrom erzeugt. Die gesamte Stromerzeugung auf unserem Planeten betrug nach einer Hochrechnung von Zahlen der IEA (Internationale Energieagentur) im Jahr 2022 etwa 29.178 Mrd. Kilowattstunden (29.178 TWh).

    Damit ergab der weltweite Atomstromanteil nur noch 8,5 Prozent. Er war im Jahr 1996 mit 17,5 Prozent auf dem Höhepunkt. Seitdem sinkt er. Auch die Zahl der weltweit betriebenen AKW ist jetzt mit 410 Anlagen niedriger als beispielsweise 1990 mit 416 Anlagen. Dies straft alle Lügen, die seit Jahren behaupten, die Kernenergie sei weltweit auf dem Vormarsch. Wirklich auf dem Vormarsch sind Solar und Windkraft. In diesem Jahr werden nach Investitionsabschätzungen der IEA („Renewable Energy Market Update – Outlook for 2023 and 2024“) weltweit mehr Kapazität für Solar- und Windstrom zugebaut, als insgesamt an Atomstromkapazität besteht.

    Quelle: FORUM Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik e.V. | Raimund Kamm 2023

  9. Da stimme ich Ihnen ausnahmsweise zu: Atomstromproduktion hierzulande ist so ein Käse – vor allem auch angesichts der ausgewiesenen Potentiale von WWS+SP (steht für Wasser, Wind, Solar und, nein nicht Sozialdemokraten, sondern Speicher).

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