Generation Z verlässt punkt 17 Uhr den Arbeitsplatz

„Quiet Quitting“ als Symptom westlicher Dekadenz

Zum Glück haben wir das öffentlich-rechtliche Radioprogramm SRF2 Kultur. Dort erhalten die paar Menschen, die diesen Kanal willentlich oder zufällig einschalten, Wissensunterricht. Jüngst erklärte man dort den Ausdruck „quiet quitting“, was so viel heisst wie stilles Aufhören oder stille Kündigung auf Zeit bis am anderen Morgen punkt 8 Uhr. Das sei unter Angehörigen der Generation Z (geboren zwischen 1995 und 2010) die neue Mode.

Quiet Quitting bedeutet in der Praxis, man arbeitet nur noch genau nach Arbeitsvertrag die Stundenzahl, die dort festgelegt ist. Überstunden sind passé. Wegleitend ist das Schlagwort Work-Life-Balance.

Diese Einstellung der Generation Z sollte auch im Lichte der verhaltensökonomischen Forschung über arbeitsmarktliche Beziehungen beurteilt werden. Meines Wissens hat der renommierten Verhaltensökonom Ernst Fehr von der Universität Zürich in Experimenten mit dem Phänomen „wie du mir, so ich dir“ begründen können, warum sich auf dem Arbeitsmarkt oft Löhne über dem rein formell zu erwartenden Marktniveau bewegen. Die Formel „wie du mir, so ich dir“ verweist auf ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis. Besondere Anstrengungen eines Arbeitnehmers werden vom Arbeitgeber auch besonders honoriert und umgekehrt.

Junge Menschen scheinen aus den vergangenen, wirtschaftlich erfolgreichen Zeiten den Schluss zu ziehen, unsere gegenwärtige Stellung in der Welt garantiere weiterhin unsere Wohlfahrt auf weltweitem Spitzenniveau. In der Presse stand schon vor einigen Jahren zu lesen, gemäss einer Befragung von 12’000 jungen Schweizern gehe der jungen Generation die Work-Life-Balance über alles. Und 97 Prozent der Befragten schlössen aus, jemals eine eigene Firma zu gründen.

Das Fazit ist einfach zu ziehen: Wenn die freiwillige Leistungsbereitschaft über das absolut Notwendige hinaus verloren geht, könnte das Wohlstandsparadies Schweiz zunehmend Schaden nehmen.

(Zugleich veröffentlicht im Blog des Autors)

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5 thoughts on “Generation Z verlässt punkt 17 Uhr den Arbeitsplatz”

  1. Die Leistungsträger der Schweiz – nicht nur die Jüngeren – sind auch in der Lage, im Steuerprogramm “Tax-me” (oder wie die Dinger auch in den Kantonen heissen mögen) mit ihren Beschäftigungsgraden herumzuspielen, um dabei festzustellen, dass die Grenzsteuersätze steil ansteigen. Wer aufgrund seiner konkreten Umstände nicht gezwungen ist, 100 oder noch mehr Prozent zu arbeiten, wird bald einmal feststellen, dass sein steueroptimales Einkommen bei einem weit niedrigeren Beschäftigungsgrad liegt.

    Wir haben wohl jetzt einen Punkt erreicht, an dem die Umverteilerei (mit Voraussetzung hoher Steuerprogression) an verhaltensökonomische Grenzen stösst. Und das jetzt, wo die Baby-Boomer in Massen in die (nicht voll gedeckten) Renten strömen…

    Und dem Parlament fällt nichts anderes ein, als mit finanziellen Anreizen (Vergünstigung Kinderkrippen, Menstruationsurlaub, längere Schwangerschaftsunterbrüche, Vaterschaftsurlaub u.dgl.) Arbeitsanreize setzen zu wollen. Die Kosten dafür sollten qua Steuerprogression dann wieder die Leistungsträger übernehmen. Atlas Shrugged…

    So viele Bundesparlamentarier, wie ich im Herbst abwählen sollte, gibt es gar nicht….

    1. Was ist ein “Leistungsträger”?
      Oder, wem kann man “Du bist ein Nichtsnutz” sagen?
      Anders gefragt: Ist es möglich, bei der Bestimmung der Wirtschaftsleistung eines Landes (z.B., BIP) zwischen Leistungen zu unterscheiden, die zum Fortschritt beitragen, solchen, die nur den Status quo aufrechterhalten (broken windows ersetzen), und solchen, die Werte vernichten?
      Wenn ja, kann es a priori bestimmt werden?

  2. Ich bin auch der Meinung von herrn Saurar.
    Dazu kommt aber noch: Die Allgemeinheit bezahlt die oft teure Ausbildung an Uni, FH, PH.
    Diese Kosten sollten eigentlich durch die höheren Steuern (dank besserer Ausbildung) im Laufe der Zeit gedeckt werden.
    “Dank” Work-Life-Balance werden sie aber nicht gedeckt.
    z.B. eine junge alleinstehende Lehrerin arbeitet nur 60%, weil das entsprechende Einkommen ganz gut reicht … und das bei Lehrermangel

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