Weitere kritische Bemerkungen zum NZZ-Beitrag von Jürg Grossen


Nebenstehend finden Sie Titel und Headline des Gastkommentars von Jürg Grossen (Parteipräsident und Nationalrat GLP) in der NZZ vom 17. Februar 2023.

(Klicken Sie auf das Bild für die NZZ-online Version.)


Redaktor Alex Reichmuth hat im “Nebelspalter” einen offenen Brief an Grossen gerichtet: “Sie machen darin “Behauptungen, die nicht unwidersprochen bleiben dürfen”, so Reichmuth.

(Klicken Sie auf das Bild für den Beitrag im “Nebelspalter”.)

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Ich teile die Kritik von Herrn Reichmuth und möchte dazu noch Folgendes anfügen:

Herr Grossen scheint nicht zu begreifen, dass eine Staudamm-Erhöhung bei bestehenden Speicheranlagen für sich alleine im Jahresmittel nicht mehr Energie bringt, denn die jährliche Niederschlagsmenge im Wassereinzugsgebiet des Stausees bleibt im Mittel gleich und damit auch die jährlich zu akkumulierende Wassermenge. Eine Staudammerhöhung ändert allenfalls die zeitliche Einsatzplanung bzw. Flexibilität der Anlage.

Ein Umbau oder Zubau einer Pumpspeicheranlage bringt im Winterhalbjahr auch nichts, denn gleichzeitiges Hochpumpen und Turbinieren ist ja wohl völliger Unsinn. Im Winter wird tagsüber die netto Produktion der Anlagen gebraucht, und Solarstrom zum Pumpen fällt bekanntlich nur bei Tageslicht an.

In einem Absatz schreibt Herr Grossen über das Thema «bessere Energie- und Stromeffizienz» und fordert gleichzeitig, überschüssigen (?) Strom aus erneuerbaren Energien in synthetische Treib- und Brennstoffe umzuwandeln und lagerbar zu machen. Dies wäre dann quasi eine optimale Methode zur Energieverschleuderung, mit der – je nach Auslegung – nur noch zwischen 15% bis 25% der ursprünglich eingesetzten Energie wieder nutzbar gemacht werden könnten. Widersprüchlicher geht wohl kaum. Energie- und Stromineffizienz!

Weiter schreibt Grossen: «Der Ruf nach Bandstrom, wie er von den Befürwortern der Grosskraftwerke immer wieder zu hören ist, zielt ins Leere». Anstelle von Bandstrom fordert er weiter bessere Stromeffizienz, wobei es nicht um «Verzicht», sondern darum gehen soll, «Kilowattstunden dann zu verbrauchen, wenn sie den gewünschten Nutzen erzielen und sie nicht ungenutzt zu vergeuden».
Herr Grossen soll doch das Kind beim Namen nennen: Planwirtschaft. GLP beinhaltet «grün» und «liberal». Wenn man Herrn Grossens Thesen liest, so ist dies eigentlich eine weitere Offenbarung eines Widerspruchs: «Grün» zu sein und noch mehr Subventionen und Planwirtschaft zu fordern passt, aber «liberal» zu sein passt dazu gemäss üblicher Definition des Begriffs gar nicht.

Dass die Schweiz im europäischen Ranking des Ausbaus von – neuen – erneuerbaren Energien abgerutscht ist, wie der Autor bedauert, ist wohl keine Katastrophe, sondern Zeichen dafür, dass die Schweiz diesbezüglich die Fehler wie z. B. von Deutschland nicht einfach nachahmt. Man fragt sich, wie ein Unternehmer derartigen ideologischen Quatsch daherredet und sich die Sache nicht zuerst einmal gründlich überlegt, respektive sich die Mühe gibt, einmal seriös nachzurechnen – Kostenrechnungen inklusive.

Eine mögliche Antwort hängt wohl damit zusammen, dass Grossens Unternehmung sehr stark vom Ausbau (subventionierter) PV Anlagen profitiert – diese Kosten- und Ertragsrechnung scheint der Nationalrat keineswegs zu vernachlässigen.  


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7 thoughts on “Weitere kritische Bemerkungen zum NZZ-Beitrag von Jürg Grossen”

  1. Jede Energieumwandlung ist mit Verlusten behaftet! Auch bei KKW geht 2/3 der Primärenergie in die Luft oder in Gewässer. Wir sollen aber aufhören die Anderen als Idioten zu bezeichnen und sachlich argumentieren, was die heutigen Politiker noch kaum machen, weil sie effektiv in vielen Fällen Interessenvertreter sind. Wir benötigen in Zukunft nicht nur Grundlast von KKW, sondern auch flexible Produktionsarten und flexible Lasten. PV in Kombination mit Batterien und IT können auch dazu beitragen. Das meint J. Grossen und ganz unrecht hat er auch nicht damit. Solange aber insbesondere das BFE Kernenergie als Teil der Lösung nicht berücksichtigt, ist es fast unmöglich sachliche Diskussionen zu führen.

    1. Bei Anlagen mit hohen Erntefaktoren (EROI oder ERoEI) sind 2/3 oder noch höhere Verluste verkraftbar. Bei PV-Anlagen, die in der Schweiz im Schnitt kaum über EROI = 1 kommen, ist das nicht der Fall. Flexible Produktionstechnologien sind nur toll, wenn sie planbar flexibel sind – nicht wie die PV, deren Leistung erratisch schwankt. Mit Speicherung könnten wir sie planbar-flexibel machen, das stimmt, aber dann und genau dann fallen enorme Umwandlungsverluste an.

      Immerhin kann ihrem letzten Satz vorbehaltlos zugestimmt werden 😉

    2. Herr Huber,
      Bitte vergleichen Sie Gleiches mit Gleichem. Mit Ihrem Verweis auf den Wirkungsgrad eines Kernkraftwerks der Generation II / (allenfalls) III,reden Sie von einem prozessinhärenten Wirkungsgrad, also “upstream” zur Generatorklemme. Würde man diesen Ansatz für PV wählen, wäre dies ein Vergleich mit dem PV Wirkungsgrad ab Energieinput durch Solar- Radiation bis zur Klemme am Wechselrichter.
      In meinem Verweis auf den Wikungsgrad betreffend der Herstellung von sythetischen Treibstoffen geht es um die Verluste ab Klemme des Stromerzeugungsaggregates, was der Wechselrichter nach der PV Anlage resp. die Generatorklemme bei einem thermischen (oder Hydro-) Kraftwerk sein kann. Also eine “downstream” Betrachtung.
      Also trifft Ihre diesbezügliche Anmerkung ins Leere.

      1. Ja, Sie haben recht, der Vergleich hinkt. Aber Wind und Sonne stehen gratis zur Verfügung, Uranium muss man aus dem Erdboden extrahieren, verarbeiten und wieder sehr sorgfältig entsorgen, weil es nach der Kernspaltung stark strahlt. Das sind auch Fakten, die man nicht einfach verschweigen darf. Der Kostenvergleich von KKW-Befürwortern geht auch immer davon aus, dass flexible Kraftwerke dem variablen Lastverlauf folgen und KKW die Grundlast rund um die Uhr liefern können. Das ist leider im heutigen liberalisierten Strommarkt nicht mehr möglich und daher hinkt dieser Kostenvergleich auch.

        1. Herr Huber,
          Sorry, aber auch dieser Vergleich hinkt, auch Wasser läuft gratis den Berg hinunter. Um dieses zu Nutzen sind sehr aufwändige Anlagen notwendig. Und so ist es auch bei der Nutzung von Wind und Sonne. Mit sinkender Energiedichte steigt der Aufwand an Material und damit auch der Kosten überproportional an, will man die (gratis) anfallende Energie nutzen. Das ist eine der Krux mit der Nutzung von Wind und Sonne.
          In den Strom-Gestehungskosten sind die Kosten für Brennstoff (und damit auch Brennstoff- Herstellungskosten) und für den Entsorgungsfond mit eingerechnet. Die Gestehungskosten der Produktion des KKL liegen bei rund 5 cts/kWh!
          Zudem, eine Energieposition aus einem thermischen Werk lässt sich – da planbar und dadurch ein sicherer Wert – auch im liberalisierten Markt sehr gut handeln / verkaufen. Wären da betreffend PV und Wind nicht die (anti- liberalen) marktverzerrenden Subventionen und besonders die Einspeiseregelungen, so würde der liberalisierte Markt solche Produkte als wertlosen “Junk” behandeln.

          1. Wir sind einig, dass die einseitigen Einspeiseregelungen und die Subventionen den Markt verzerren. Das gilt übrigens auch für die Ungleichbehandlung der Pumpspeicherwerke und der Batterien. Hier ist effektiv dringend Korrekturbedarf. Die Stromproduktion aus Wind- und Sonnenkraft als wertlosen “Junk” zu taxieren, überlasse ich Ihnen kommentarlos …

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