Das Dekarbonisierungsparadoxon:
Netto-Null-Erreichung dank fossiler Brennstoffe

Heutzutage hängen 88 % des weltweiten Energieverbrauchs von fossilen Brennstoffen ab [1]. Dieser Anteil sinkt – wenn auch langsam mit um 0,3-0,4 % pro Jahr in den letzten 5 Jahren –, wobei es grosse Unterschiede zwischen den Regionen gibt. So «verkleinert» der Westen derzeit seinen grossen Fussabdruck, indem er zum Teil Ressourcen verbraucht, die von ausserhalb seines Territoriums stammen.

Parallel dazu setzt sich das soziale und wirtschaftliche Wachstum fort, das mehr Energie erfordert.

Ein Netto-Null-Ziel kann nur erreicht werden mit einer nahezu vollständigen Elektrifizierung des Verkehrs, der Heizung und Kühlung von Haushalten und der industriellen Prozesse sowie der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung bei den Prozessen, die nicht dekarbonisiert werden können. Der Übergang betrifft nicht nur die Energieproduktion, sondern auch die vielen weiteren Arten der Energieumwandlung und des Energieverbrauchs.

Die solare, die geothermische und die nukleare Energie sind praktisch unendlich verfügbar. Da Primärenergie insoweit eine nicht-endliche Ressource ist, kann der Übergang zu Netto-Null als physikalisch machbar angesehen werden. Die Ernte dieser Primärenergien wird jedoch durch andere Faktoren begrenzt:

  • Die gesamte Primärenergie, die für den Bau, den Betrieb und den Rückbau eines neuen Energieversorgungssystems eingesetzt werden muss, sollte nicht höher sein als die Energie, die das System während seiner Lebensdauer voraussichtlich liefern wird (ERoEI>1). 
    Andernfalls muss es durch eine andere Energiequelle «subventioniert» werden und bleibt ein Nettoverbraucher. Notwendigerweise alle Energieumwandlungen sind solche Trittbrettfahrer (z. B. Wasserstoff).
  • Es muss mehr Wohlstand geschaffen werden, um Investitionen in die neuen Formen der Energieerzeugung und des Energieverbrauchs zu ermöglichen. Dies erfordert wiederum mehr Energie.
  • Andere Ressourcen müssen verfügbar sein und ausgenutzt werden können, so etwa gewisse mineralische oder biologische Ressourcen, Land, Wasser, Luft und Landschaften.
  • Es fallen Abfälle an, die sicher entsorgt oder rezykliert werden müssen, was auch wiederum ebenfalls zusätzliche Energie und Ressourcen erfordert.
  • Auch die menschlichen Ressourcen sind begrenzt (Muskel- und Hirnstunden), nicht aber die unberechenbare menschliche Kreativität.

Dies erklärt, warum der notwendige Übergang nicht so schnell erfolgen kann, wie es der Klima Alarmismus behauptet bzw. fordert (übrigens eine weitere Kontroverse) – und sei es mit den besten Absichten. Ausserdem hat ein menschliches Leben keinen solchen ausschliesslichen Zweck (ein philosophischer Disput).

Ohne den Wert dieses Ziels für den Übergang zu beurteilen (eine weitere wichtige Kontroverse), handelt es sich um eine gewaltige, herkulische Aufgabe. «Quantität hat eine Qualität in sich» soll Stalin gesagt haben; und mit Massenschrecken kannte er sich ein wenig aus.

Eine Sache, die von Befürwortern und Demonstranten nie ernsthaft in Betracht gezogen wird, ist, dass die gesamte Energie, die für die Dekarbonisierung benötigt wird, nicht auf nicht-fossile Quellen beschränkt werden kann. Die heutigen Sonnenkollektoren, Windturbinen usw. erfordern den Einsatz grosser Mengen fossiler Ressourcen. Andernfalls würde der Übergang eine Ewigkeit dauern.

Darüber hinaus erfordern alle zusätzlichen Elektrofahrzeuge und Wärmepumpen zusätzliche Elektrizität, die heute weder verfügbar ist noch in absehbarer Zeit zu erwarten ist. Entsprechende Förderungen und Subventionen sind somit verfrüht und unverantwortlich, da sie krass an der Realität vorbeigehen. Sie sind auch ungerecht, da sich nur die Wohlhabenden den Wechsel leisten können, während sie den anderen gewissermassen die «karbonisierten Reste» überlassen.

Es geht nicht darum, ob man sie mag oder nicht – fossile Brennstoffe sind ein unverzichtbares Mittel, mit dem die Welt letztendlich defossilisiert werden kann. Daher ist es notwendig, ihre Exploration und Produktion vorerst fortzusetzen.  In diesem Sektor nicht mehr zu investieren, ist ebenfalls verfrüht, unverantwortlich, irreführend und unfair.

Um jedem Sh**storm vorzubeugen, erkläre ich feierlich, dass ich keinen Interessenskonflikt mit irgendeinem energiebezogenen Sektor habe (abgesehen von meinem bescheidenen persönlichen und privaten Verbrauch).

La version française originale est disponible sur le blog de l’auteur.
An English version is available on the author’s blog.
(Mit Hilfe von deepl.com übersetzt, gefolgt von den notwendigen Korrekturen mit freundlicher Unterstützung von MSa)


[1]     BP-stats-review-2022 (mit Daten bis 2021), korrigiert um die angenommene Primärenergiezuteilung für nicht-fossile Quellen.

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2 thoughts on “Das Dekarbonisierungsparadoxon:
Netto-Null-Erreichung dank fossiler Brennstoffe”

  1. Es wäre schon, wenn solche einfache Zusammenhänge in unseren Schulen und Hochschulen den Studenten beigebracht werden! Aber vermutlich müssten zuerst einige Professoren auch Nachschulunterricht erhalten. Dann würden sich vielleicht ein paar wenige Jugendliche auf der Strasse kleben …

  2. Wenn nicht nur Professoren, sondern auch Lehrer diese Zusammenhänge begreifen und kommunizieren würden, hätten jungen Leute für deren Zukunft eine echte und interessante Herausforderung und müssten nicht an ihrer scheinbar zwecklosen Dasein verzweifeln. Nicht der Klimawandel ist das Problem, sondern die Hoffnungslosigkeit die damit vermittelt wird und junge Leute zum Psychiater, in die Scheinwelt der Handys, Drogen und Sekundenkleber treibt, oder anderweitig verzweifeln lässt. Wer die Gefahr kennt, akzeptiert und statt auf der Strasse zu sitzen sich Naturwissenschaftlich aufrüstet, kann damit umgehen und sein Leben ohne Polemik meistern.

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