Ein gigantischer Schlamassel – Bankrotterklärung der laufenden Energiestrategie

Stellen Sie sich vor, sie haben Probleme mit ihrem Auto und bringen dieses zu einer Reparaturwerkstatt. Zurück erhalten sie Pfuschwerk. Würden sie derselben Werkstatt die Korrektur des Pfuschwerks anvertrauen? Wohl kaum, es ist wie wenn man den Brandstifter auch als Feuerwehrmann einsetzen würde. 

In der schweizerischen Energiepolitik geschieht jedoch zurzeit genau dies. Ein inzwischen für alle wahrnehmbarer, gigantischer Schlamassel wurde seit der Ankündigung des Pfuschwerks „Energiewende“ im Frühjahr 2011 durch die verantwortlichen Stellen in Politik und Verwaltung angerichtet. Diese Verursacher des Desasters wollen nun die Bereinigung des Schlamassels an die Hand nehmen. Das kann nicht gut gehen!  

Inzwischen wird man von sämtlichen Medien täglich über die Mangellage der Stromversorgung im anstehenden Winterhalbjahr berieselt. Die offizielle Politik will uns einreden, dass dies schicksalshaft über die Schweiz hereinkommt. Das europäische politische Umfeld und besonders der Ukraine Krieg werden als primär Schuldige genannt.

Ein bewusst in Kauf genommenes Element der Leuthard’schen Energiestrategie war der Stromimport. Dies obwohl vertiefte Analysen bereits vor der Deklarierung der Energiewende schweizerischer Prägung aufgezeigt haben, dass alle an die Schweiz angrenzenden Länder sich in Richtung Verknappung bewegen. In der NZZ vom 26. Aug. 22[1]rechtfertigt Frau Leuthard die eingeleitete Energiestrategie in einem ganzseitigen Artikel. In jedem einzelnen Abschnitt rechtfertigt sie die Schritte, welche zum nun für alle sichtbaren Schlamassel geführt haben. Selbstkritisch wird sie nur dort, wo sie sich über die (damals) zu niedrig angesetzten Subventionen äussert, besonders die Einspeisevergütung KEV betreffend. Möglicherweise ist sie tatsächlich immer noch der Meinung, höhere Subventionssätze für PV und Wind hätten den heutigen Schlamassel verhindert. Jeder einzelne Abschnitt in Leuthard’s Rechtfertigung lässt sich sachlich widerlegen, der Aufwand dazu wäre allerdings sehr gross. Beiträge in der NZZ vom 27. Aug. 22[2] verschiedener Autoren setzen sich mit den am Vortag gemachten Aussagen von Frau Leuthard sehr kritisch auseinander.

Wie oben erwähnt, unerwartet ist die Winterstromlücke nicht. Bereits im Winter 2021/ 22 haben zeitweise deutlich über 4’000 MW an Leistung gefehlt (siehe Abbildung 1). Ein Leistungsmanko, welches über die vorangehenden Wintersaisons stetig angestiegen ist. 

Man verkennt noch immer, dass verlässlich planbar einsetzbare Grundlast-Kapazitäten zur Versorgungssicherheit fehlen werden. Dies könnte durch klassische thermische Werke, wozu auch Kernkraftwerke gehören, gewährleistet werden. Falls es der weitere  Ausbau von PV-Anlagen sein soll, muss die Versorgung durch den zwingend notwendigen und gleichzeitig zu erfolgenden Ausbau von Systemkomponenten gesichert werden. Das wären insbesondere saisonale Hydro- Pumpspeicherwerke und der Ausbau des Leitungsnetzes. Letzteres treibt die Kosten der PV- (und Wind-) Variante gewaltig in die Höhe. Die von Frau Leuthard versprochenen CHF 40 pro Haushalt und Jahr sind Wunschdenken (eine der abstimmungstaktischen Lügen), welches um mindestens Faktor 75 daneben liegt.

Abbildung 1

Trotz seit Jahren erfolgten Warnungen, bezüglich des absehbaren Scheiterns des eingeschlagenen Kurses, machen die Verantwortlichen weiter, wie wenn nichts wäre. Man meint, die Entwicklung der Winterstromlücke mit dem beschleunigten Ausbau von PV-Anlagen im Alpenraum (über der Nebelzone) meistern zu können, mit zusätzlichen PV-Anlagen über den Autobahnen und mit „Peaker“ Kraftwerken mit max. 1‘000MW Leistung, welche anfänglich mit Öl und später mit Gas befeuert werden sollen. Weitere abstruse Massnahmen werden auch bereits diskutiert. Um den Bau von alpinen Solaranlagen zu beschleunigen, sollen Gesetzesänderungen im Eiltempo durchs Parlament geschleust werden, die die üblichen Bewilligungs- und Einsprache- Verfahren aushebeln.  


Die Wintertage sind auch über der Nebelzone kürzer[3], im Dezember / Januar ist nach etwa 16:30 h Schluss mit der Solarstromproduktion und vor 09:00 morgens ist auch nichts zu erwarten (Abbildung 2). 

Abbildung 2

Wie steht es beim Bau alpiner PV-Anlagen um den Mehraufwand in Relation zum erwarteten Mehrertrag? Die nackten Gestehungskosten derartiger Anlagen liegen bei 18 bis 20 Rp/kWh, dies ohne die notwendigen Systemkomponenten, welche sicher mit rund 15 bis 20 Rp/kWh zu Buche schlagen würden. Wie soll beispielsweise eine Wärmepumpe in den langen Winternächten mit Strom versorgt werden? Die alpinen Solaranlagen schliessen jedenfalls derartige Bedarfslücken nicht. Auch bei dieser PV Anwendung sind Systemkomponenten zur Energiespeicherung zwingend. Eine der Fundamentalfragen ist recht simpel: Was hat Vorrang, eine warme Stube im Winter oder das Durchsetzen auf Biegen und Brechen einer gescheiterten Energiestrategie?

Abbildung 3

Die Abbildungen 3 und 4 zeigen überlagert die Produktion aus PV-Anlagen im Mittelland (grün), die Produktion aus PV-Anlagen in den Alpen (blau) sowie die Bedarfs- Charakteristik des bisherigen Marktes. Dabei ist anzumerken, dass die Elektrifizierung des Individualverkehrs (siehe unten), sowie die Umstellung auf Wärmepumpenheizung den Winter- Bedarfsbuckel in die Höhe treiben werden. Dies verschärft das Winterdeckungsmanko durch PV Anlagen. Zusätzliche Systemtechnik, unter anderem saisonale Speicher werden notwendig. 

Geht man gemäss Abbildung 3 davon aus, dass in den Alpen die Hälfte der Panelflächen (Panel nominal Leistung) wie im Mittelland installiert würden, so bleibt auch bei bisheriger Bedarfs- Charakteristik eine Winter Deckungslücke vom Oktober bis in den März. 

Der anteilsmässig höhere Ertrag von PV-Installationen in den Alpen gegenüber der Mittelland Charakteristik rührt daher, dass nach Januar die Tage bereits länger werden und die Lichtreflexion von schneebedeckten Hängen grossen Wirkungseinfluss ergibt, dies besonders in der Zeit März – April. Der Jahresmittelwert des «Power Factors» beträgt für derartige Anlagen 0.15 gegenüber 0.1 für Anlagen im Mittelland.

Anmerkung: Bei alpinen Anlagen muss Schneereflexionen vorausgesetzt sein, ansonsten sinkt der Alpine Power Factor drastisch.  

Abbildung 4

Abbildung 4 zeigt die Verhältnisse unter der Annahme, dass die PV-Fläche (Panel nominal- Leistung) in den Alpen gleich gross ist, wie diejenige im Mittelland. Der Januar – April Leistungsbuckel kommt deutlicher zum Vorschein, jedoch bleibt eine Versorgungslücke in der Periode November bis Januar. Nur, eine solche Variante wird wohl allein schon der hohen Kosten wegen scheitern. 

Kommt noch dazu, dass man die einzige Naturressource der Schweiz wegen einer völlig aus dem Ruder laufenden Energiestrategie zu opfern beginnt. Die Zerstörung der Schönheit der Alpenregionen und deren Attraktivität für den Tourismus steht auf dem Spiel.

Für die verantwortlichen Stellen beim Bund ist dies alles kein Problem. Man erfährt, dass die Umsetzung der Energiestrategie auf Kurs sei, wobei man jetzt auch gleich noch die Verwirklichung der «netto Null» Ziele mit einbezogen sein sollen. Jedoch, die absolut notwendige Planung und Erstellung von saisonalen Speichern findet in der Diskussion nicht statt. 

Noch immer werden völlig unrealistische Zahlen resp. Annahmen beispielsweise für den weiteren notwendigen Ausbau der PV-Kapazitäten zu Grunde gelegt. Ein Beispiel: Der Bund geht davon aus, dass für die Umstellung des PW Betriebs auf 100% E- Mobilität bis 2050, 13 bis 14 TWh zusätzliche PV Kapazitäten zugebaut werden müssten, dies auch unter der Annahme, dass der Verkehr um 17% zunimmt. Ich habe diese Zahlen noch einmal überprüft und komme zu folgenden Erkenntnissen:

Für einen konstanten Fahrzeugbestand von rund 4’700’000, wie dieser Ende 2021 zu verzeichnen war, einem mittleren Verbrauch von 24,1 kWh pro 100 km[4] und einer jährlichen Fahrstrecke von 15’000 km (12’500 km), so errechne ich einen zusätzlichen mittels PV zu erzeugenden, jährlichen Energie Bedarf von 35,5 TWh (33,9 TWh). Mit eingerechnet sind hier Energieverluste, wie diese durch Zwischenspeicherung (Tag – Nacht, Dunkelflauten) wie auch saisonale Umlagerung (Sommer – Winter) entstehen. Für den spezifischen Flottenverbrauch (in kWh pro 100 km Fahrstrecke) wurden dabei Mittelwerte aus den breit angelegten Feldversuchen in Österreich, Deutschland und besonders in Dänemark eingerechnet. 

Abbildung 5

Nochmals muss betont werden, dass bei den Berechnungen der Fahrzeugbestand Ende 2021 zu Grunde gelegt wurde und keine Verkehrszunahme von 17% wie das BfE vorgibt. Die Zahlen zeigen einmal mehr, wie der Bund mogelt und für politische Entscheidungen völlig unrealistische Werte vorlegt: Schönrednerei! Auf die Grössenordnung der Werte, welche das BfE vorlegt, kommt man, wenn man den Energiebedarf am Rad zu Grunde legt, d. h. Katalogwerte und nicht erprobte Fahrtzykluswerte, ohne Berücksichtigung von Systemverlusten einsetzt.  

Ich hatte vor ein paar Wochen ein Gespräch mit einem Vertreter des BfE. Darauf angesprochen, dass die Energiewende inklusive die «Netto-Null» Zielsetzung ohne die Nuklearoption in Betracht zu ziehen, nicht machbar sei, beruft sich der BfE Vertreter darauf, dass im Mai 2017 das Volk der Nukleartechnologie eine klare Absage erteilt, habe. Dazu ist anzumerken, dass im Vorfeld dieser Abstimmung das Volk mit verschiedenen Äusserungen der verantwortlichen Politiker, irregeführt wurde. Dazu gehören Aussagen seitens Frau Leuthard wie eingangs erwähnt (die CHF 40 pro Haushalt und Jahr), jedoch auch das Versprechen, ab 2022 seien keine Subventionen mehr nötig, niemand baue heutzutage Nuklearanlagen, diese seien ohnehin viel zu teuer, etc. Mehrmals habe ich versucht, Frau Leuthard mit Kreisen in Verbindung zu bringen[5], welche intensiv an Nuklear- Technologien der Generation IV arbeiten. Dort hätte sie erfahren, dass derartige  kommerzielle Anlagen bereits im Bau waren und heute in Betrieb sind. Zudem hätte sie vor Ort auch erfahren können,  dass in China im Jahr 2015 36 Reaktoren in verschiedenen Stadien der Produktion waren. Solche Informationen wollte sie nicht zur Kenntnis nehmen, Festhalten an den ideologischen Ansätzen war wichtiger und scheint es noch immer zu sein. 

Auch hat man im Vorfeld der Abstimmung vom Mai 2017 den «Thelma» Bericht des PSI[6] , der bereits im November 2016 vorlag, unter Verschluss gehalten. Aus diesem Bericht ging / geht hervor, welch enormen zusätzlichen Strombedarf die Elektrifizierung des Strassenverkehrs verursachen wird. Die der Abstimmungsvorlage zugrunde gelegten Werte wären schon damals Makulatur. Der Thelma-Bericht wurde erst nach der Abstimmung für die Öffentlichkeit freigegeben.

Die Bevölkerung wurde mit Lügengeschichten und ideologischem Schöngerede an der Nase herumgeführt, ein Zustand, der noch immer anhält. Den Links-Grünen Ideologen ist es gelungen, die ganze Nation mit ihrem Weltenrettungs-Sendungsbewusstsein und einer daraus abgeleiteten, völlig untauglichen Energiestrategie in Geiselhaft zu nehmen. Leider trägt inzwischen nicht nur der links-grüne Mob Verantwortung am Schlamassel, sondern zu viele Profiteure aus eigentlich liberalen Kreisen stimmen dieser untauglichen Strategie zu. Mit der Unterstützung von Staatskontrollen bis ins Private und planwirtschaftlichen Massnahmen werden liberale Grundwerte achtlos über Bord geworfen.  

Welche Massnahmen wären jetzt konkret und dringend notwendig:

  1. Ein Marschhalt in der Umsetzung der laufenden Energiestrategie.
  2. Eine Verlängerung der Betriebszeit der laufenden Kernkraftwerke um 10 Jahre.
  3. Aufhebung des Verbots zur Bewilligung neuer Kernenergie-Anlagen (dazu läuft z.Z. die Unterschriftensammlung für eine Initiative).
  4. Ausnützen der 10 Jahresfrist der Kernkraftwerk-Laufzeitverlängerung für die Planung neuer Kernkraftanlagen.
  5. Ein (Verfassungs-) Auftrag «Versorgungssicherheit» für die Stromversorgung muss zwingend gelten und in die Strategie aufgenommen werden.

Die Bevölkerung muss auf die Dringlichkeit der beschriebenen Massnahmen aufmerksam gemacht werden. Zu den vorrangigen, anstehenden Kommunikations-Aufgaben gehört, dass sachlich informiert wird und dass die Strom-Versorgungssicherheit langfristig nur durch neue Kernkraftwerke gewährleistet werden kann. Dies besonders auch unter der Voraussetzung, dass man sowohl «Netto-Null» ökonomisch tragbar erreichen will als auch, dass die bestehenden Werke mittelfristig zu ersetzen sind. Zu weiteren wichtigen Planungs-Kriterien gehört auch der Schutz der Ressource Landschaft, welche für die Schweiz nicht nur eine ideelle, sondern auch eine enorme wirtschaftliche Bedeutung hat.   


[1] «Wir sind ein kluges Volk – alt Bundesrätin Doris Leuthard äussert sich erstmals zur Kritik an der Energiestrategie 2050.»

[2] «Die Schweiz in der Energiekrise: Wie gross ist die Schuld von Doris Leuthard?».
NZZ vom 27.08.2022, Samuel Tanner & Marc Tribelhorn.
«Was von Doris Leuthards Energiestrategie übrigbleibt.»
NZZ vom 27.08.2022, David Vonplon.
«Das zwiespältige Vermächtnis der Doris Leuthard.»
NZZ vom 27.08.2022.

[3] Quelle: ZHAV Wädenswil, Versuche auf der Totalp (Parsenn Gebiet)

[4] Erfahrungswert aus gross angelegten Feldversuchen in Deutschland, Österreich und besonders in Dänemark. Siehe dazu folgende meiner CCN-Blogbeiträge:
*   Elektromobilität im Individualverkehr – Quo Vadis (19. Okt. 2018).
*   Fantasien vor Wissen (9. Okt. 2020).

[5] «Wenn man nur will, dann kann man sich auch informieren, Frau Bundespräsidentin». Mein CCN-Blogbeitrag vom 27. Feb. 2017.

[6] Thelma Bericht: «Opportunities and challenges for electric mobility: an interdisciplinary assessment of passenger vehicles». Editor: Stefan Hirschberg, PSI, EMPA, ETH.

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19 thoughts on “Ein gigantischer Schlamassel – Bankrotterklärung der laufenden Energiestrategie”

  1. Herr Höhener liefert uns mit diesem Artikel die bisher wohl klarste Darstellung, warum eine PV-Strategie allein für die Sicherstellung des ganzjährigen zukünftigen elektrischen Energiebedarfes der Schweiz niemals genügen wird. Der Normalbürger bzw -Bürgerin hat und erhält von dieser Tatsache aber kaum genügende Kenntnis. Das muss ändern. Wie wollen wir ein “kluges Volk” sein, wenn uns von der Politik nur Illusionen serviert werden ? Die Stromlücke ist heute eine Tatsache. Ich fordere die ETHZ auf, die fehlende Aufklärung der Bürger/innen endlich an die Hand zu nehmen und in den Medien ihre technologisch unleugbaren Erkenntnisse zu vermitteln, warum Bandenergie (Kernenergie bzw. Flusskraftwerke) notwendig ist. Die ETH gilt als die beste technische Universität Europas, also erwarten wir von ihr eine aufklärende Stimme. Sie verfügt auch neu über einen Lehrstuhl, welcher den Nachweis erbringen kann, dass die neuste Generation von Kernkaftwerken alle Bedingungen für eine umweltfreundliche Versorgung mit Bandenergie zu akzeptalem Preis erfüllt. Den Fehler, den sie Ende der 90er Jahre gemacht hat, eine 2000 Watt-Gesellschaft sei denkbar, muss sie endlich aus der Welt schaffen. Diese Illusion geistert immer noch in den Gehirnen vieler Bürger/innen. Der Energiebedarf per capita steigt aber unaufhöhrlich

    1. Von einer Bundesinstitution (ETH) ist nicht zu erwarten, dass sie Forschung liefert, die der offiziellen Politik zuwiderläuft, besonders wenn diese noch durch eine Volksabstimmung höchstlegitimiert ist. Ein früherer ETH-Präsident hat dies in einem Interview sogar fast wörtlich so gesagt. Man sollte sich einmal endgültig von der Illusion lösen, dass staatliche Hochschulen in unserem politischen System “unpolitisch” forschen und kommunizieren können.

  2. Wenn ich die Ausführungen richtig verstehe möchte Emanuel Höhener zurück in die Planwirtschaft vor der Strommarktliberalisierung in 2008. Das erstaunt schon von einem liberalen Geist! Oder ist das eine Bankrotterklärung für die aktuelle Marktorganisation? Axpo und Alpiq haben seit der Marktöffnung keinen Versorgungsauftrag mehr von ihren Aktionären, die anderen EVU haben hingegen noch einen Versorgungsauftrag, die sie aber seit 2008 nicht mehr wahrnehmen. Die Schuld für die aktuelle Situation der Energiestrategie zu geben ist einfach nicht nachvollziehbar.
    Vielmehr müssen die meistens in der öffentlichen Hand und mit dem Markt überforderten EVU gesetzlich verpflichtet werden wieder in eigene Produktionsmittel zu investieren und sich nicht auf dem Markt zu verlassen. Der Markt foutiert sich um die Versorgungssicherheit!

    1. Ich verstehe nicht ganz. Wie immer man Märkte für (über-) lebenswichtige Güter und Services etikettieren will, der Bund hat doch für die Energie eine klar formulierte Verantwortung:

      “Das Bundesamt für Energie schafft die Voraussetzungen für eine ausreichende, krisenfeste, breit gefächerte, wirtschaftliche und nachhaltige Energieversorgung …” (BFE Web)

      Zudem war es 2017 sogar diesem ‘Normalo’ klar, dass wir von Leuthard & Co belogen und versegglet wurden. Und ja, es macht mich heute noch zornig weil die FDP Spitze damals auch eine besonders traurige Rolle spielte, denn sie wusste es besser, vorgetragen von ihren eigenen, dann abgesägten, kompetenten Parteikollegen.
      https://www.c-c-netzwerk.ch/2017/05/06/werner-pluss-2/

    2. Der Markt würde sehr wohl eine zuverlässige Energieversorgung sichern, wenn es diesen Markt gäbe. Dieser wurde von der Politik nämlich so kaputt reguliert, dass ich jeden Energieversorger zu verstehen beginne, weshalb er nicht mehr in Produktionsanlagen investiert. Begonnen bei den unanständigen Wasserzinsen, den immer strengeren Restwassermengen, bis zum Verbot neuer KKW oder dem quasi Verbot in der Schweiz nach Gas zu suchen (dann hätte man vielleicht sogar eine inländische Gasreserve). Hingegen wird jedes Windrad und jede PV Anlage mit Subventionen vollgestopft, ohne welche sie nie wirtschaftlich produzieren könnten. Eine ernst zu nehmende Dekarbonisierung, die ich sehr befürworte, findet aber erst statt, wenn die Politik endlich realisiert, dass nur dort in zuverlässige Infrastrukturanlagen investiert wird, wo Rechtssicherheit besteht diese langfristig ökonomisch betreiben zu dürfen. Alles andere endet tatsächlich in Planwirtschaft.

      1. Eine helvetische Dekarbonisierung wird nie stattfinden, weil der helvetische Energieverbrauch heute noch zu 2/3 aus fossilen Energieträgern stammt und wäre auch nicht ernst zu nehmen, weil die Schweiz nur 0,1% des weltweiten anthropogenen CO2-Ausstosses verursacht und beeinflussen kann und somit den anthropogenen Klimawandel, sofern dieser tatsächlich existiert, sowie die Gletscherschmelze nicht verhindern, sondern nur um ca. eine Woche verzögern kann, falls sie ihren CO2-Ausstoss ab SOFORT bis 2050 auf NULL herunterfährt. Das wird sogar Herr Knutti bestätigen müssen. Angesichts der Geringfügigkeit dieses lediglich erhofften, aber keinesfalls erwiesenen Nutzens erweist sich helvetische Klimapolitik als sinnloser kostspieliger Leerlauf.

        1. Sie haben in Ihrer Betrachtung vergessen, dass ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung, besonders in den oberen Schichten der politischen und wirtschaftlichen Elite, mit dem Klimawandel-Aktivismus seinen Lebensunterhalt verdient und seine Einflussposition stärkt. Die Hochschulgebildeten hatten sowohl beim Energiegesetz wie auch beim CO2-Gesetz die weitaus höchsten Zustimmungsraten aller Bildungskategorien. Zudem vermittelt der “Kampf gegen den Klimawandel” vielen gewöhnlichen Leuten im Volk das erbauende Gefühl, etwas moralisch Hochwertiges zu unterstützen, wenn sie sich dafür einsetzen.

          1. Woher wissen Sie, dass ein beträchtlicher Teil der elitären Bevölkerung mit dem Klimawandel-Aktivismus seinen Lebensunterhalt verdient und dass die Hochschulgebildeten sowohl beim Energiegesetz wie auch beim CO2-Gesetz die weitaus höchsten Zustimmungsraten hatten?
            Welcher Zusammenhang besteht zwischen Ihren Mutmassungen und meiner Behauptung, dass eine helvetische Dekarbonisierung nie stattfinden wird?

    3. Herr Huber,
      Planwirtschaft in der CH Elektrizitätsbranche haben wir bereits: Die Monopolgärten der Endverteiler. Dieser Zustand wurde in den vergangenen rund zwei Jahrzehnten in verschiedenen Kantonen durch Abstimmungen bestätigt. Also ist es ein einfaches, diesen privilegierten – da kein Unternehmerrisiko tragenden – Institutionen die Versorgungspflicht zu übertragen. Es wäre deren Aufgabe, sich darum zu kümmern, wie diese Verpflichtung umgesetzt werden kann.
      Niemals würde es mir einfallen, Planwirtschaft zu propagieren, dem vorliegenden vertraktem System muss /soll jedoch neben dem Privileg “Monopol” auch eine Verpflichtung “Versorgungssicherheit” auferlegt werden.
      Ansonsten stimme ich den Aussagen von Markus Häring voll zu, gäbe es diesen Markt, wäre auch eine sichere Versorgung gewährleistet.

      1. Der heutige Marktdesign mit den vielen Subventionstöpfen ist effektiv ein Flickwerk und hier liegt das Hauptproblem für die fehlenden Investitionen in CH-Produktionsanlagen, und nicht primär in der Energiestrategie 2050! Eine Aufhebung des Verbots zum Bau neuer Kernenergie-Anlagen würde daran rein nichts ändern, solange eine breite Akzeptanz für neue KKW in der Bevölkerung fehlt. Neue Produktionsanlagen (ob Erneuerbar oder nicht) werden auch durch die heutigen Marktakteure nur gebaut, wenn die finanziellen Risiken der Investitionen, zukünftig z.B. dank gleitenden Marktprämien, durch den Bund, d.h. durch die Stromkonsumenten, getragen werden.

        1. Herr Huber,
          Die Energiestrategie und vorangehend die Einführung von KEF (ca. 2008) und später den Subventionen für den Bau von NEE Anlagen sind hauptverantwortlich für die Erodierung der Rentabilität der Wasserkraft, besonders der Stauanlagen und der Pumpspeicher. Einerseits sind derartige Werke bezüglich Rendite abhängig vom zu erzielenden “Peak” Preis wärend den Mittagsstunden – dann wenn die PV subventionierten Strom ins Netz liefern – andrerseits, wenn man kostspielige Flexibilität dazu missbrauch (missbrauchen muss) um Junk Strom auf Grundlastqualität zu verbessern, dann kann das nicht gut gehen. So war konsequenterweise die Wasserkraft – die einzig verlässliche, planbare “Renewable” – kommerziell das erste Opfer der Energiewende, was notabene zu erwarten war. Deshalb schwand auch das Interesse, in Wasserkraft weiter zu investieren.
          Marktdesign hat damit überhaupt nichts zu tun,solche Argumente lenken nur von der realen Fehlern der Energiewende ab!
          Zudem, bei all den vorangehenden Abstimmungen (die letzte Mitte des ersten Jahrzehnts), wo es alleine um die Kernkraft ging, fand diese Zustimmung bei der Bevölkerung. Dass die “Energiewende” (und damit auch das Technologieverbot) angenommen wurde, hängt zum grossen Teil damit zusammen, dass die Bevölkerung gezielt und mehrschichtig falsch informiert wurde, im Klartext belogen wurde.

          1. Anscheinend blenden die KKW-Befürworter immer noch die Wirkung von Fukushima aus! Ob gerechtfertigt oder nicht, war die Bevölkerung nachher sehr verunsichert und hat in der Folge dem Technologieverbot zugestimmt.
            Aber die Behauptung, dass der heutige Marktdesign mit fehlenden Investitionen in Kraftwerkskapazitäten gar nichts zu tun hat, ist eine noch grössere Verblendung …

    4. Es geht nicht um ein “zurück zur Planwirtschaft”, sondern um die Erkenntnis, dass Versorgungssicherheit ein öffentliches Gut ist und dies unter heutigen Bedingungen von stark verzerrten Strommärkten besonders ins Gewicht fällt. Deshalb ist der Staat gefordert, weil die verzerrten Märkte das öffentliche Gut nicht mehr ausreichend produzieren. Unsere Politiker(innen) hatten nicht begriffen, dass die Abschaltung von Mühleberg schlicht und einfach nicht eine Frage eines rein betriebswirtschaftlichen Entscheids sein konnte.

  3. Wie steht es denn um die Meinung der Bevölkerung?
    In Deutschland gibt es ein Paradoxon. Einerseits hat die Stimmung (trotz der jahrzehntelangen und bis vor kurzem konsequent durchgezogenen Irreführung durch die öffentlich-rechtlichen Medien und die so genannten Qualitätsmedien) gedreht: Die Mehrheit ist inzwischen mindestens für den Weiterbetrieb der KKW, und die Ablehnung auf lange Frist lässt nach: https://twitter.com/Nuklearia/status/1555444811271897088
    Andererseits machen weiterhin die meisten Wähler ihr Kreuzchen bei denen, die für das Debakel verantwortlich sind.

  4. Frau Leuthard brüstet sich mit der hohen Zustimmung zur Energiestrategie. Wenn man berücksichtigt, dass bei früheren Kernkraft- Abstimmungen immer etwa 45 % gegen die Kernkraft stimmten so brachte der Ausstiegsartikel bereits fast die Hälfte der JA-Stimmen. Dazu kamen all die die Haustechnikbetriebe (vom Gewerbeverband) mit ihrer Werbung und die gutgläubigen (4o Fr pro Haushalt) Stimmbürger. Gibt es Abstimmungsanalysen die aufzeigen, wie sich das “kluge Volk” zusammensetzte?

    1. Selbstverständlich gibt es das! Googeln Sie “VOTO-Studie zur eidgenössischen Volksabstimmung vom 21. Mai 2017”. Dort finden Sie, was Sie wissen wollen und noch viel mehr. Zudem habe ich die VOTO-Studie in meinem Beitrag in der CCN-Publikation “Versorgungssicherheit” ausführlich kommentiert. Mein Kommentar enthält Interpretationen, die Sie in der VOTO-Studie nicht finden.

  5. Schön, dass wir diesen Super-Artikel auf CCN lesen können. Die Amerikaner sagen dem “Preach to the Choir” – dem Kirchenchor predigen. Dieser Artikel gehört in die NZZ, den Tagi, die CH-Medien und viele mehr. Wie bringen wie das zustande? Das ist unser Problem: Wir haben die Argumente, aber uns fehlt die Breitenwirkung. Die Kommunikationsspezialisten unter uns sind gefordert!

    1. Die NZZ hat wohl auch ein Gesicht zu verlieren, da sie nach Fukushima schlicht ihre Funktion eines kritischen investigativen Journalismus’ ebensowenig wahrgenommen hat wie alle anderen Mainstreamer. Und so getraut sich die NZZ bis heute nicht, Höhner’schen Klartext zu sprechen. Vielmehr lehnt sie sogar Gastbeiträge in dieser Richtung ab. Die NZZ-Wirtschaftsredakteure Eisenring und Benz kann man von dieser Kritik übrigens ausnehmen. Diese beiden haben nichts unversucht gelassen, um den kritischen Blick zu wahren…. das genügte aber auch nicht.

      Da sage ich nur noch: Auch die NZZ hat ihr Gesicht schon verloren.. und verliert es noch weiter, wenn jetzt nicht endlich zu Klartext gewechselt wird. Ich habe mein Abo schon auf die geringstmögliche Ausprägung reduziert. Die nächste Stufe ist Null.

  6. Zu den 5 Top-Massnahme von Emanuel Höhener würde ich noch folgende Massnahme hinzufügen:

    6. Baldige Aufhebung des Verbots der Wiederaufarbeitung von abgebrannten Brennelementen.
    Dadurch wird eine ökonomisch und ökologisch sehr viel bessere Bewirtschaftung der zur Verfügung
    stehenden Ressourcen. In einem Tiefenlager kann bei Wiederaufarbeitung mit einem 4-mal
    geringeren Volumen und als Folge mit einer Kostenreduktion in der Grössenordnung von 30%
    gerechnet werden. Der Einschlusszeit wird dann weniger als 1000 Jahre.

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