Klimaretter Photovoltaik?

Die Photovoltaik (PV) ist unbestritten auf Wachstumspfad. Der Ausbau der Photovoltaik gilt als Rückgrat der Energiestrategie 2050, und gilt als Königsdisziplin zur Erreichung einer klimaneutralen Schweiz schlechthin.

Bild: Peter Bodenmann in der Wäscherei seines Hotels in Brig. Quelle: NZZ-Magazin vom 3.9.2022; Foto Raffael Waldner

Die Energiestrategie 2050 wurde aufgegleist, um internationale und selbst gesetzte Klimaziele zu erreichen. Es wird eine Reduktion der CO2-Emissionen um 50% gegenüber 1990 angestrebt, um bis 2050 schliesslich das Netto-Null Ziel zu erreichen. Das bedeutet grob eine Reduktion der CO2-Emissionen von 3% pro Jahr. In der gleichen Energiestrategie wird mit dem Verbot von Rahmenbewilligungen für neue Kernkraftwerke (KKW) der Ausstieg aus dieser Technologie verordnet. 

Letztes Jahr betrug die installierte Leistung von PV in der Schweiz 3’338 MW, resp. 15% des gesamten Kraftwerkparks und war zum ersten Mal höher als die installierte Leistung von Kernkraft mit 3’000 MW, resp. 13%. Naturgemäss sieht das in der Produktion anders aus. PV produzierte im letzten Jahr  2,8 TWh, resp. 5% der Stromproduktion und die Kernkraft 18,5 TWh resp. 31%.[1]

Will man nur die Kernkraft ersetzen, müsste also sechsmal mehr PV zugebaut werden als heute bereits besteht. Die dazu zwingend benötigten zusätzlichen Speicher nicht eingerechnet. Der Lastfaktor von Kernkraft ist bei gleicher installierter Leitung rund 8,5-mal höher als PV. Rechnet man noch die Speicherverluste dazu, die bei der Kernkraft nicht auftreten, da sie keine Speicher benötigt, erhöht sich die Differenz bis zu einem Faktor 12.[2]

Elektrizität ist zwar ein homogenes Gut, doch hat Strom aus einer intermittierenden Quelle eine andere Qualität als aus einer konstanten und steuerbaren Anlage. Diese Diskussion soll an anderer Stelle weitergeführt werden.

Mit der Versechsfachung der PV-Produktion, inklusive Speicher und Netzanpassung, wären allerdings erst die heute produzierenden KKW ersetzt und noch kein einziger Tropfen Benzin, Diesel oder Gas substituiert. Zur Erinnerung: 75% des Gesamtenergiebedarfs wird von fossilen Energieträgern erbracht. Mit dem Ausstieg aus der Kernkraft wird kein Beitrag zur Erreichung von Klimazielen geleistet, keine Spur von Dekarbonisierung, sondern das pure Gegenteil.

Gemäss dem deutschen Umwelt Bundesamt, immerhin eine Behörde, die den Ausstieg aus der Kernkraft überwacht, bestätigt, dass bei Kernenergie bloss 12 g CO2/kWh anfallen[3]. Und die deutsche Solar-Invest, welche die Photovoltaik propagiert, bestätigt, dass bei Photovoltaik 50 g CO2/kWh erzeugt werden[4].

Werden nun also die 18,5 TWh der Kernkraftwerke mit PV ersetzt, bedeutet das zusätzliche Emissionen von 700’000 Tonnen COpro Jahr. Das sind immerhin 1,5% der gesamten CO2-Emissionen der Schweiz. 

Statt wie verlangt jedes Jahr 3% zu reduzieren, erhöht man um 1,5%. Perfid daran ist, dass diese Emissionen den Ländern angerechnet werden, welche die Solarpanele herstellen. Mit Photovoltaik erhöhen wir also die globalen Emissionen, retten aber das Klima in der Schweiz?

Können Grüne und Grüngesinnte das verantworten? Oder meinen die das mit den Klimazielen vielleicht gar nicht so ernst?


[1] Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2021

[2] https://weltwoche.ch/story/kernkraft-gegen-sonne/

[3] https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/ist-atomstrom-wirklich-co2-frei

[4] https://solar-direktinvest.de/photovoltaik/ueber-photovoltaik/umweltschutz/oekobilanz/

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6 thoughts on “Klimaretter Photovoltaik?”

  1. Es ist wie immer: die Nachteile von neuen Techniken erscheinen meist erst nach Dekaden und mit massenhaftem Gebrauch. Besonders bei den sogenannt Erneuerbaren ist, dass sie relativ schnell erneuert, d.h. ersetzt werden müssen, abhängig von ihren Komponenten im Rhythmus von 10 bis 30 Jahren. Noch nicht in’s allgemeine Bewusstsein eingedrungen ist ein Bericht aus dem Jahr 2013:

    ‘Three French CRNS scientists – Olivier Vidal and Nicholas Arndt of the University of Grenoble and Bruno Goffé of Aix-Marseille University – issue the warning in Nature Geoscience.

    They say that to match the power generated by fossil fuels or nuclear power stations, the construction of solar energy farms and wind turbines will gobble up 15 times more concrete, 90 times more aluminium and 50 times more iron, copper and glass. Right now wind and solar energy meet only about 1% of global demand; hydroelectricity meets about 7%.

    The trio argue that if the contribution from wind turbines and solar energy to global energy production is to rise from the current 400 terawatt hours to 12,000 Twh in 2035, and 25,000 Twh in 2050, that will require 3,200 million tonnes of steel, 310 million tonnes of aluminium and 40 million tonnes of copper to construct state-of-the-art generating systems.

    This in turn would mean an annual increase in global production of these metals of from 5% to 18% for the next 40 years, and that would be in addition to the already accelerating demand for metals of all kinds in both the developed and the developing world.’

    https://theecologist.org/2013/oct/31/renewables-what-about-minerals

  2. Horst-Michael Prasser hat übrigens einen interessanten Beitrag in der Weltwoche publiziert, siehe https://weltwoche.ch/story/strom-fuer-alle/. Ist lesenswert, aber solange die Mitte in der Schweiz sich dem verschliesst und die FDP nicht dezidierter die Kernkraft unterstützt, kaum etwas geschehen wird. Dazu kommt, dass ohne Stromgeneral, sprich Staatsgarantien und Staatsförderung, niemanden in neue KKW in der Schweiz investieren möchte … Die Strommarktliberalisierung hat die Kernkraft dem Todesstoss gegeben!

      1. Planwirtschaft??? Seit 2018 ist der Strommarkt in CH teilweise liberalisiert, 10 Jahre später als in der EU. Zum Glück teilweise liberalisiert, wir wären sonst in einer Situation ähnlich wie in Deutschland!

  3. Es ist noch viel extremer, wenn wir einen Teil unseres Energiekonsums mitberücksichtigen, der von der Energiestrategie 2050 völlig ausgeklammert wird: Die Verkehrsfliegerei. Im Jahr 2018 hat gemäss Statistik des BFE die Schweiz 1’858’000 to Kerosin in die grossen Vögel gepumpt. [1]
    1 SMR von Rolls-Royce à 470 MWe produziert die Energie für die Herstellung von 280 to synthetischem Kerosin pro Tag. [2]. Das sind etwa 93’800 to pro Jahr.
    Nimmt man an, dass die Dauer des jährlichen Wartungsunterbruchs eines SMRs von Rolls-Royce ähnlich sei wie bei unseren AKWs, dann benötigen wir allein für die Dekarbonisierung unseres Verantwortungsbereichs der Luftfahrt 7.6 KKWs Leibstadt à 1233 MWe zur Erzeugung des dazu erforderlichen synthetischem Kerosins!
    Sowas mit PV oder Windkraft zu produzieren, scheint mir völlig illusorisch.

    [1] https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/versorgung/statistik-und-geodaten/energiestatistiken/gesamtenergiestatistik.exturl.html/aHR0cHM6Ly9wdWJkYi5iZmUuYWRtaW4uY2gvZGUvcHVibGljYX/Rpb24vZG93bmxvYWQvOTc3NA==.html, Seite 35
    [2] https://www.kivi.nl/uploads/media/618255d56cb66/Rolls-Royce SMR Overview Enschede Final.pdf, Seite 25

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