Verbrennerverbot? Die EU-Kommission als Geisterfahrer gegen den Rest der Welt

Europas Industrie wird von europäischen Politikern aus einem global bedeutenden Markt herausgedrängt.

(An English PDF version is available at the bottom of the text.)

Ein weltweites Verbrennerverbot rückt unaufhaltsam und immer schneller näher. Diesen Eindruck kann gewinnen, wer der veröffentlichten Meinung in Europa folgt. So wurde über die Weltklimakonferenz in Glasgow 2021 berichtet, dass 24 Staaten für 2035 das Ende des Verkaufs von Benzin- und Dieselautos planen.

Außerhalb Europas war der Trend zur Elektromobilität indes schon damals nicht ungebrochen. Zwei Jahre zuvor hatte der Thinktank Niti Aayog noch prophezeit, dass in Indien 2030 das letzte Auto mit Verbrennungsmotor zugelassen wird. 2020 sollten 6 bis 7 Millionen Elektro- und Hybridfahrzeuge auf den Straßen sein.

Diese hochfliegenden Pläne zerschellten an der Realität. Am 23. November 2021 meldete der indische Nachrichtensender ZEENEWS:

„Der Minister für Straßenverkehr und Überlandstraßen, Nitin Gadkari, hat erklärt, dass die Regierung nicht beabsichtigt, die Zulassung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren (ICE), einschließlich Diesel- und Benzinfahrzeugen, zu stoppen ….“

In Indien wird es auf absehbare Zeit kein Verbrennerverbot geben.


Wie sieht es in den USA aus?
Gina McCarthy ist die Nationale Klimaberaterin des Weißen Hauses. Auf einer Automesse in Washington erteilte sie vor kurzem auf Nachfrage einem Enddatum für Verbrenner eine klare Absage:

„‚Wir setzen keine willkürlichen Standards für die Zukunft.‘ Und sie ergänzte: ‚Wir diktieren in den USA nicht, wie das Ergebnis auszusehen hat, sondern wir unterstützen die besten und klügsten Innovationen, die es gibt.’“

Auch in den USA wird es kein Verbrennerverbot geben.*

Was plant China?
FOCUS meldete im Januar dieses Jahres:

„Während Deutschland E-Autos um jeden Preis fördert, zieht China den Subventions-Stecker.“

In China laufen die E-Auto-Subventionen Ende 2022 komplett aus. Für 2025 ist zwar eine Elektroquote vorgeschrieben; es sind jedoch nur maßvolle 20 % – incl. Hybride.

Von einem Verbrennerverbot ist in China keine Rede.

In anderen Regionen und sogar Kontinenten gibt es nicht einmal eine staatliche Förderung der Elektromobilität, geschweige denn ein Verbot herkömmlicher Antriebssysteme. Das gilt u.a. für Osteuropa, Russland, Afrika, Südamerika und Australien.

Das nur für Europa angekündigte Verbrennerverbot wird für die Volkswirtschaften unabsehbare negative Folgen haben. Der Wissensvorsprung der europäischen Automobilindustrie hatte sich für chinesische Hersteller über Jahrzehnte als uneinholbar erwiesen. Mit der Schließung der Entwicklungsabteilungen in Europa wandert das Knowhow ab. Die weiterhin vom Rest der Welt nachgefragten Autos mit Verbrennungsmotoren werden außerhalb Europas entwickelt und produziert werden. Dieser Alleingang der Europäischen Kommission gegen den Rest der Welt gefährdet ca. 500.000 gut bezahlte Arbeitsplätze.

Außerdem werden Milliarden von Steuergeldern vergeudet, die bei der Finanzierung für die Umwelt sinnvoller Maßnahmen fehlen.

Die Fixierung auf das E-Auto ist ein Irrweg deutscher und europäischer Politiker – beraten von Quacksalbern und legitimiert von opportunistischen Wissenschaftlern, denen es wichtiger ist, für ihre Institute staatlich geförderte Projektaufträge zu akquirieren, als über die Realitäten der Energiewende aufzuklären.

Auch der indische Verkehrsminister war einem Trommelfeuer von Propaganda ausgesetzt gewesen. Der bereits erwähnte Thinktank z.B. hatte sich bloß Gedanken darüber gemacht, wie sich rasch mehr E-Auto-Käufer gewinnen ließen:

Gemäß Niti Aayog liegen die Hindernisse für eine breitere Einführung von Elektrofahrzeugen in den Bereichen Verbraucherwahrnehmung, Effizienz der Batterien, Reichweite, Geschwindigkeit der Elektrofahrzeuge, Ladezeit, Schaffung von Infrastruktur für das Laden, Batterierecycling und Technologieentwicklung. Die wichtigste Komponente – der Lithium-Ionen-Akku – ist im Land sehr teuer, da die fehlende heimische Fertigung den Preis für Elektroautos sehr hoch macht.“

Die überwiegend fossile Stromerzeugung hatte er nicht thematisiert. Dabei werden zwei Drittel des indischen Stroms von Kohlekraftwerken geliefert.

In Deutschland liegt der Kohleanteil bei ca. 30 %. Leider sind es genau diese (im Gegensatz zu PV-Anlagen und Windrädern) regelbaren Kraftwerke, die den Strom für zusätzliche Verbraucher wie E-Autos liefern. Die Verfechter der Elektromobilität wissen das genau. So wurde etwa VW-Chef Herbert Diess 2018 in der Fachzeitschrift “Automobil Produktion” mit diesen bemerkenswerten Worten zitiert:

„‘Denn die Wahrheit ist: Sie stellen nicht auf Elektro um, sondern auf Kohlebetrieb. Und wenn Sie dann noch mit Kohlestrom fahren, wird E-Mobilität wirklich zum Wahnsinn.‘… Es sei nicht sinnvoll, Elektroautos auf die Straße zu bringen, wenn der Strom für sie aus Kohle stamme: ‚Dann fahren wir mit Kohle statt Erdöl und produzieren mehr CO2 als heute.‘“

Im Gegensatz zu seinen europäischen Kollegen scheint der indische Verkehrsminister verstanden zu haben, dass Elektroautos nichts zur Senkung der Treibhausgasemissionen beitragen. Außerdem hatte er bei seiner Entscheidung wohl auch die soziale Frage im Blick: Elektroautos sind wesentlich teurer. Geringverdienern würde die individuelle Mobilität erschwert oder gar unmöglich gemacht.

Genau das ist in Europa Programm. Eine Auftragsarbeit des Wuppertal Instituts für Greenpeace lässt ahnen, nach welchen Zielvorgaben sich die aktuelle Verkehrspolitik der EU richtet:

„Im Jahr 2035 … liegt die Motorisierung im bundesweiten Durchschnitt bei 200 Pkw pro 1.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Bezogen auf die Städte entspricht dies einem Motorisierungsgrad von im Mittel 154 zugelassenen Pkw.“

2020 waren es in der Schweiz 541 Autos je 1000 Einwohner.

Wo die Elektromobilität mit Gesetzesgewalt durchgesetzt und dem Konsumenten die Wahlfreiheit genommen werden soll, besteht das eigentliche Ziel darin, dem gemeinen Volk das Autofahren abzugewöhnen.

Fraglich ist, ob die weniger von Wohlstand verwöhnten EU-Länder diesen Kurs mittragen:

  • Der europäische Verband der Automobilzulieferer drängt den französischen Präsidenten Macron, die Rolle der Elektromobilität zu überdenken.
  • Polen, Tschechien und Slowenien haben im Verlaufe des Ukrainekriegs aufgrund der mutigen Reise ihrer Regierungschefs nach Kiew innerhalb der EU an Einfluss gewonnen. Nicht auszuschließen, dass sie im Interesse ihrer Bevölkerungen der EU-Kommission das Spielzeug „Verbrennerverbot“ noch aus der Hand nehmen werden.

__________________________

*) In Kalifornien gibt es noch Planungen für ein Verbot. Diese basieren allerdings auf einer fragilen rechtlichen Grundlage (einem jahrzehntealten Sonderrecht, das unter der Trump-Regierung beinahe annulliert wurde.)

Dieser Beitrag ist kurz zuvor im Blog des Autors erschienen.

Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/architektur-verlassene-gebaude-verlassenen-fabrik-7599198/

__________________________

English language PDF version:

Ban-on-combustion-engines-The-EU-Commission-against-the-rest-of-the-world

Facebooktwitterlinkedinmail

2 thoughts on “Verbrennerverbot? Die EU-Kommission als Geisterfahrer gegen den Rest der Welt”

  1. Ein sehr interessanter, objektiver und wichtiger Beitrag. Der Leser wird sich bewusst, was gesamtheitliches Denken bedeutet. Seit Jahren vermisse ich die ausgezeichneten und sachlichen Artikel (Ökobilanzen) des Energiespiegels (PSI). Hat Bern den damaligen kompetenten Wissenschaftern des PSI den Maulkorb aufgesetzt? Verbote sind Unsinn, wenn die Technik im Gegenzug noch keine nachhaltigere Lösungen anbieten kann. Auch hier gilt, dass man in erster Linie in Forschung und Entwicklung investieren mus: die Batterien haben noch ein enormes Entwicklungspotential, die Energierückgewinnung von Hybrid- und Elektroautos steckt noch immer in den Kinderschuhen. Ein Kernenergieverbot und zugleich ein Verbrennungsmotorverbot sind zudem ein totaler Widerspruch. Fossil (z.B. Kohle) betriebene Elektroautos erhöhen eindeutig den globalen CO2-Ausstoss.

Schreiben Sie einen Kommentar zu Arturo Romer Antworten abbrechen

Bitte beachten Sie: Kommentare sind auf 2000 Zeichen begrenzt.