Ich staune nur, wie H. Rentsch dem Modell eines einzelnen Ökonom glaubt und sich hier ganz unkritisch verhält. Die Frage ist doch, wer die Kosten der Anpassung zahlen soll und wie diese von Nordhaus ermittelt wurden. Können wir ausschliessen, dass Nordhaus sich bei den Anpassungskosten nicht völlig verrechnet hat? Reply
In meinem Beitrag geht es um die Diskontrate und deren unterschiedliche Höhe bei Stern und Nordhaus – mit entsprechend massiv unterschiedlichen Folgerungen für die Politik. Eine Abdiskontierung künftiger Kosten (Nutzen) mit einem Diskontsatz von irgendwo zwischen 3 und 4 Prozent entspricht dem beobachteten Verhalten auf Märkten oder in Abstimmungen. Reply
Da können die Ökonomen gerne weiter darüber streiten, welcher die richtige Diskontrate ist. Die Anpassungskosten und vor allem die Folgekosten der Klimaerwärmung kann sowieso niemanden seriös bestimmen. Und die Politiker auf der ganzen Welt werden die Pariserziele auch nie durchsetzen können, da populistische Parteien aufgrund der enormen Investitionen und Kostenfolgen sie leicht bekämpfen werden können. Für die künftigen Generationen können wir effektiv nur hoffen, dass die Modelle der Klimatologen fehlerhaft sind und die Folgen der Klimaerwärmung für die Menschheit nicht gravierend sein werden. Reply
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Simonetta Sommaruga den Stern-Report verstanden hat.Und selbst wenn sie es hätte, müsste sie einen für die Schweiz gangbaren Weg aufzeigen, der nicht in die totale Energiekrise führt. So etwas liegt ihr aber ofenbar fern. Aber seien wir ehrlich: niemand kennt die Kosten einer starken Temperaturzunahme. Was kostet das Auftauen der Permafrostböden: versinken Nordsibirien und Alaska im Morast oder wird das Land kultivierbar? werden seit Jahrtausenden eingefrorene lebensbedrohende Viren freigesetzt? Sind zusätzlich zur Erhöhung des Meeresspiegels Aenderungen von Wind- und Meeresströmungen zu erwarten, die zu weit über die für eine lineare Temperaturerhöhung berechneten Werte hinaus gehenden Klimakapriolen führen könnten? Und vor allem: wie verhalten sich Menschen, die ihrer Existenzgrundlage beraubt werden? Es ist kaum anzunehmen, dass das Gesamtwohl der Erdbevölkerung und die Einhaltung der Menschenrechtskonvention ihre ersten Prioritäten sein werden. Wenn man das alles nicht genau programmieren kann, ist es wahrscheinlich nur beschränkt möglich, Aussagen über das langfristig kostengünstigste Szenario zu machen (ungeachtet der Höhe des Diskontsatzes). Reply
Herr Vogel, genau über das, was Sie schildern, hat sich wohl kaum jemand so viele Gedanken gemacht, wie der “Modellbauer” William Nordhaus. In seine Modelle fliessen all die möglichen Schadensfolgen ein, die Sie erwähnen. Natürlich kann man auch diese Modellsimulationen in Frage stellen, sollte dies aber so fundiert tun, wie beispielsweise der Ökonom Martin Weitzman, der das Thema der Abdiskontierung und Nordhaus’ Kritik an Stern auf einem sehr hohen intellektuellen Niveau diskutiert. Abgesehen davon finde ich es einfach interessant, dass die Erkenntnisse von Nordhaus, trotz Nobelpreis, in der aktuellen Klimapolitik praktisch verdrängt werden. Ich bin fast sicher, dass die tatsächliche Entwicklung mit verfehlten Klimazielen Nordhaus recht geben wird: Der Gegenwartspräferenz der Menschen entspricht eine deutlich positive Diskontrate. Die Suppe wird nie so heiss gegessen werden, wie sie in Glasgow und in unseren UVEK-Amtsstuben gekocht wird. Reply
Von wegen verdrängt (nur der schlaue Rentsch hat es natürlich kapiert): Der designierte deutsche Bundeskanzler und bisherige Finanzminister Olaf Scholz hat in den internationalen Gesprächen wiederholt zur Bildung solcher Klimaclubs aufgerufen – wobei er sich explizit auf Nordhaus bezieht! Siehe u.a. hier: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/initiative-von-scholz-bundesregierung-will-internationalen-klimaclub-gruenden-17495290.html Reply
Herr Scholz ist natürlich schlauer als ich, aber er investiert seine Schlauheit erfolgreich in die politische Karriere. Das erfordert heutzutage eine beträchtliche Menge an populistischem Opportunismus. Da passt die Club-Idee von Nordhaus gut hinein. Die EU will ja so einen CO2-Importzoll einführen. Wie das praktisch gehen soll, darauf bin ich sehr gespannt. Wie dem auch sei, in meinem Blogtext und im Kommentar unten ist vom Klima-Club überhaupt keine Rede. Es geht einzig und allein um die hohe Gegenwartspräferenz der Leute und deren unterschiedliche “Behandlung” in der Debatte um die Diskontrate sowie um deren Bedeutung für die Klimapolitik. Reply
Lieber Herr Rentsch Merci für Ihre Antwort. Ich muss passen. Wenn Nordhaus alle erwähnten möglichen Auswirkungen und deren Folgewirkungen modelliert hat, hätte ich Jahre, um die Modelle verstehen zu können. Bei den schlimmsten Szenarien dürfte dann alllerdings der Diskontsatz kaum mehr eine Rolle spielen. Reply
Ja Herr Vogel, betreffend Diskontsatz haben Sie recht. Sie bringen die Kritik von Taleb Nassim und Martin Weitzman an der Risikobewertung von Nordhaus auf. Diese Kritik ist teilweise auf einem statistisch-abstrakten Niveau für einen Halbgebildeten, wie ich einer bin, nicht immer nachvollziehbar. Meine Interpretation hat mit dem Fat Tail Risk zu tun. Wenn Klimaschäden auch bei marginalster Eintretenswahrscheinlichkeit für die Menschheit existenziell sein könnten, ergibt sich aus der Multiplikation von kleinster Wahrscheinlichkeit mit grösstmöglichem Schaden ein Fat Tail Risk und Grund zu politischer Vorsorge. Es gibt zwischen Nordhaus und Weitzman eine im Internet verfügbare Kontroverse, wo Nordhaus an einer Stelle eine Analogie macht: Er sagt, ein menschliches Leben sei als Grundlage für eine rationale Politik auch nicht fast unendlich viel wert, und das gleiche könne man auch für eine Politik folgern, die die ganze Menschheit betrifft. Es gibt irgendwo eine Grenze für den Mitteleinsatz. Höchster Mitteleinsatz kann selbst existenzgefährdend sein. So jedenfalls habe ich das verstanden. Reply
Besten Dank für die rasche Antwort. Es liegt mir fern, Leute zu kritisieren, die viel Zeit und Intelligenz in Modelle investiert haben, die in der Tat heute noch nicht bekannte, aber möglicherweise eintreten könnende Folgen des climate change antizipieren und evaluieren müssen. Nichtsdestoweniger bin ich der Auffassung, dass unser Wissen über mögliche direkte und indirekte Folgen von weltweiten Klimaänderungen zu klein ist, um mit den zur Zeit bekannten Methoden auch nur halbwewgs verlässliche Modelle zu bauen. Direkte Auswirkungen des Temperaturanstiegs auf Flora, Fauna und Meeresspiegel sowie die daraus unmittelbar hervorgehenden wirtschaftlichen Schäden sind verhältnismässig einfach zu ermitteln. Schon etwas schwieriger wird es, wenn die Erwärmung nicht wie angenommen statt findet, wegen Aenderungen von Winden, Meeresströmungen (z.B. Golfstrom), etc, wenn Unmengen von Gasen, unbekannten Viren, Bakterien, etc. freigesetzt werden, wenn ganze Oekosysteme umkippen und wenn der homo sapiens – wie gewohnt – irrational darauf reagiert. So lange wir nicht wissen, ob, wann und wie sich ein neuer Gleichgewichtszustand einpendelt, können wir beim besten Willen keine vernünftigen Annahmen treffen. Und da auch die besten Modelle bloss mit dem Futter arbeiten können, das wir ihnen füttern, werden sie uns auch nicht gross weiter helfen können. Reply