Solarkraftwerk Muttsee – 2. Akt

Am 3. September 2021 hat die Schaffhauser Nachrichten einen Artikel zum Thema Muttsee-Solaranlage unter dem Titel „Winterstrom: Blick nach vorne lohnt sich noch nicht“ publiziert. Offensichtlich basierte der Artikel auf einer kurz zuvor erfolgten Medien-Orientierung zum Projekt. Einige interessante Angaben zu diesem Projekt wurden dabei geliefert:

  • Die Solaranlage ist ein Gemeinschaftsprojekt von AXPO und dem Basler Energieversorger IWB.
  • Transporthelikopter transportierten 170 t Stahl und 100 t Aluminium wie auch 4‘872 Solarmodule auf 2‘500 m Höhe.
  • Die Anlage mit 2.2 Megawatt nomineller Leistung soll im Winterhalbjahr gleich viel Strom liefern wie im Sommerhalbjahr. Dies, weil auf 2‘500 Metern Höhe weniger Nebel liegt als im Mittelland, weil Schnee die Sonne reflektiert und weil die Panels im Winter bei Kälte effizienter sind.
  • Damit soll der Powerfaktor dieser Anlage bei 0.15 liegen, das sind rund 15% bis 16% mehr als im Mittelland.

Ideale Bedingungen würde man meinen, ein Vorzeigeobjekt für eine „Energiewende“, welche ausschliesslich auf Strom aus Wind und Sonne setzt, um einerseits die Nuklearkapazitäten zu ersetzen und andererseits zusätzlich den allenfalls gewaltig ansteigenden Strombedarf unter der Prämisse – raus aus Fossil – auch noch decken zu können.

Weiter entnimmt man dem Bericht: „Statt wie üblicherweise 4 bis 10 Rappen pro kWh betragen die Gestehungskosten auf Grund der aufwendigen Infrastruktur  in den Alpen eher 20 Rappen“!

Somit betragen die Stromgestehungskosten (=Produktionskosten netto) dieser Anlage das Vierfache derjenigen des Kernkraftwerks Leibstadt! Mit diesen vorliegenden Zahlen lassen sich auch die realen, unverfälschten Kosten – d.h. subventionslosen – von Solaranlagen im Mittelland abschätzen. Gehen wir davon aus, dass die Hälfte der höheren Installationskosten durch den besseren Powerfaktor der Alpinanlage abgegolten wird, so würden die realen Gestehungskosten einer Solaranlage im Mittelland bei rund 25 Rappen pro kWh liegen!

Dazu kommen noch die Systemkosten der unverzichtbaren Speicheranlagen, welche für Pumpspeicher konservativ gerechnet im Bereich von 10 Rappen pro kWh liegen dürften. Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass Silvio Borner und ich im Januar 2019 im Zusammenhang mit der Kostenfrage „Energiestrategie“ einen Artikel in der Weltwoche publiziert haben[1], wo wir die alternativen Kosten von Kernkraftwerken neuester Technologie mit den Kosten für den Ausbau der alternativen Energien (NEE) gemäss Energiestrategie verglichen haben. Die Prognose war, dass der NEE Ausbau über das Fünffache kosten würde. Die hier vorliegenden Zahlen belegen die massiven Kosten der NEE Strategie einmal mehr.

Sicherlich, die vorgestellte Alpinanlage bringt den Vorteil, dass die Kapazitäten für eine saisonale Speicher reduziert werden könnten, jedoch nicht vollständig, denn der Strombedarf im Winter ist höher als im Sommer. Also braucht es auch bei ausgeglichener Jahresproduktion Anlagen zum Ausgleich. Zusätzliche Anlagen zur kurzfristigen Pufferung (Tag / Nacht), wie zum Ausgleich von mittelfristigen Dunkelflauten, braucht es auch bei solchen Alpinanlagen. Die Hydro-Anlage Muttsee ist dazu nicht geeignet, denn diese ist gebaut um Nachtsrom zu pumpen und bei Tagesspitzen – besonders im Winter – voll zu produzieren. Das heisst, dieser Betrieb läuft im Gegentakt zur Solarproduktion[2]

Die Winterstromlücke der Schweiz beträgt inzwischen bereits über 3 GW Leistung, Tendenz stark steigend. Die Solaranlage Muttsee hat eine nominelle Leistung von 2.2 MW. Eingerechnet 20% Zwischenspeicherverluste müssten demnach rund 1‘700 Muttsee- Solaranlagen (plus passende Speicherkapazitäten) gebaut werden, um die  bereits bestehende Winterlücke decken zu können! Wahrlich schöne Aussichten in einem Land, welches den Alpenraum als schützenswerte Landschaft einstuft. 

Zumindest scheinen einige Politiker inzwischen begriffen zu haben, dass die Stromversorgung der Schweiz sich mit einer zusehend wachsenden Versorgungslücke auseinandersetzen muss, die mit den vorgesehenen Massnahmen basierend auf NEE Technik nicht lösbar ist. Dennoch starteten die grünen Fraktionen bereits eine parlamentarische Initiative, welche den weiteren massiven Ausbau von NEE Kapazitäten vorsieht und dies durch weitere Fördermassnahmen bis 2030 gesichert haben will. Wie war das, als die Politk dem Volk weismachte, dass NEE bis 2022 selbstragend sein sollen und anschliessend keine weiteren Fördermittel notwendig sein sollten?

 Die Politik hat sich nicht nur in eine nicht umsetzbare Energiepolitik verstrickt, die in einer Sackgasse enden wird, sondern auch in ein grosses Lügengebilde, aus welchem noch ein Ausweg gefunden werden muss.

Dazu habe ich in einem Geschichtsbuch, welches ich zurzeit lese, eine sehr interessante Bemerkung gefunden:

„The problem about lying propaganda is that it is ultimately self- defeating. Once the exaggerations and hyperbole are detected, and later events make them sure to be detectable, the cumulative effect on public morale is even worse, for people realize they have been lied to and will not trust government assurances again”.

Oder zu deutsch:

„Das Problem mit der Lügenpropaganda ist, dass sie sich letztlich selbst zerstört. Wenn die Übertreibungen und Überspitzungen erst einmal aufgedeckt sind – und spätere Ereignisse machen sie mit Sicherheit nachweisbar – ist die kumulative Wirkung auf die öffentliche Moral noch schlimmer. Denn die Menschen erkennen, dass sie belogen wurden und werden den Zusicherungen der Regierung nicht mehr vertrauen.“


[1] „Kernkraft gegen Sonne“, Silvio Borner und Emanuel Höhener, Weltwoche 03/19

[2] „Versorgungsicherheit – vom politischen Kurzschluss zum Blackout“, Kapitel „Pumpspeicher“, Seiten 83 bis 85. Carnot-Cournot Verlag, ISBN 978-033-06869-8   

Facebooktwitterlinkedinmail

5 thoughts on “Solarkraftwerk Muttsee – 2. Akt”

  1. Selbst Axpo hatte damals gesagt, dass das Projekt nicht wirtschaftlich ist. Axpo wartete bis das Projekt vom BFE zu einem Leuchtturmprojekt hochgestuft würde mit den entsprechend erhöhten Subventionen. Meines Wissens gab es nie ein Leuchtturmprojekt, aber einen zahlungskräftigen Denner. Hoffentlich zahlt sich wenigstens das Marketing für Denner aus.

  2. Es erstaunt schon, mit welcher Verve die Vertreter des C-C-Netzwerks gegen die Solarenergie anschreiben. Man könnte fast auf die Idee kommen, im Hinterkopf schwane entsprechenden Autoren schon, dass auch sie eines Tages vom Siegeszug der Solarwirtschaft überrollt werden…. Zu den vielen unhaltbaren Behauptungen in diesem Artikel soviel:
    – Es ist unzulässig, die Gestehungskosten eines alten AKW wie Leibstadt mit denen einer neuen Stromanlagen zu vergleichen – wenn schon, müssten diesen die Kosten etwa von Hinkley Point gegenüber gestellt werden und die betragen ja bekanntlich mindestens zwischen 15 bis 20 Rappen pro KWh.
    – Schon in der ersten Ausschreibungsrunde für PV hierzulande wird sich zeigen, welche Solarpreise reell sind. Jede Wette, dass sie deutlich unter 10 Rappen je KWh zu liegen kommen.
    – Höhener behauptet demgegenüber: die realen Gestehungskosten einer Solaranlage im Mittelland liegen bei rund 25 Rappen pro kWh! Das widerspricht allen Erfahrungen mit konkreten Anlagen hierzulande und auch den im Artikel erwähnten 4-10 Rp. pro KWh.
    – Sodann: «Dazu kommen noch die Systemkosten der unverzichtbaren Speicheranlagen, welche für Pumpspeicher konservativ gerechnet im Bereich von 10 Rappen pro kWh liegen dürften.» Die Wissenschaft ist sich einig, dass solche System (Speicher-) kosten erst bei hohen Anteilen an EE anfallen – auf jeden Fall sicher nicht vor 20% – entsprechend sind solche Kosten in der Schweiz auch nicht bekannt, denn aller Solarstrom kann problemlos eingespiesen werden. Und die reinen Batteriekosten werden in Kürze bei 2-3 Rp. pro KWh liegen.
    – Der behauptete Gegentakt ist kein Hindernis. die bestehenden Pumpspeicheranlagen für die Speicherung fluktuierender Erneuerbarer wie Wind- oder Solarstrom einzusetzen.
    – Ich mache mir im Übrigen keine Sorgen, was sich schliesslich als Lügengebilde herausstellen wird – Autor Höhener hat zumindest diesbezüglich gute Erfolgsaussichten.

  3. “The amount of energy needed to refute bullshit is an order of magnitude larger than to produce it”
    Gilt nirgends so sehr als wenn sich G.Resche zu etwas äussert, wovon er weder etwas versteht noch sich Mühe nimmt, dies zu tun.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert