Was bedeutet eigentlich «Netto-Null»-Emissionen?

publiziert im Nebelspalter am 27.4.2021

Parolen fassen ist einfach. Sie umzusetzen ist schon etwas schwieriger, auch wenn die Klimajugend uns weismacht, dass die Lösungen dafür bekannt sind und wir diese nur umzusetzen brauchen. Netto-Null heisst im Klartext Verbrennungsprozesse verbieten, ausser vielleicht Holz, das ja nachwächst. Also keine Öl- und Gasheizungen mehr, keine Diesel- und keine Benzinfahrzeuge mehr. Aber nicht nur Personenwagen, auch keine Lastfahrzeuge, keine Baumaschinen, keine Traktoren, keine Schiffsmotoren und keine Gaskraftwerke mehr. Flugzeuge heutiger Bauart müssten verboten werden. Und das alles bis 2050. Dabei vergessen gegangen sind noch die Zementproduktion, die sehr viel CO2-ausstösst, sowie grosse Teile der Landwirtschaft. Tierhaltung wird schwierig. 

Spätestens jetzt sollte eine informierte Klimajugendliche intervenieren, dass wir das CO2, um das wir nicht ganz herumkommen, im Boden gespeichert werden kann. In beschränkten Mengen ist das durchaus machbar, in einem Massstab, dass es eine Klimawirkung entfaltet, fehlen die Grundlagen. Der Haken bei der Sache ist, dass diese Verfahren einen enorm hohen Energiebedarf haben, was einer Reduktion im Energieverbrauch und Ressourcenschonung diametral zuwiderläuft. 

Zweifellos müssen Wege gefunden werden die fossilen Brennstoffe, allein schon aufgrund ihrer Endlichkeit, zu ersetzen. Mit Klimapanik wird diese äusserst anspruchsvolle Herausforderung nicht schneller gelöst, nur schlechter. Eine zunehmende Elektrifizierung, insbesondere bei der Mobilität, ist bereits im Gange.  Dieser Trend wird sich mit Sicherheit fortsetzen und vermutlich sogar noch beschleunigen. 

Dabei ist die Umstellung der Antriebe gar nicht die Herausforderung. Ob ein Elektromotor, ein Diesel- oder Benzinmotor unter der Haube summt ist für einen Autobauer kein grundsätzliches Problem. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb Elektrofahrzeuge Steuerprivilegien geniessen. Das Problem liegt bei der Bereitstellung der elektrischen Energie. Und zwar an jenem Ort und zu jenem Zeitpunkt an welchem Energie gebraucht wird. Auto gefahren wird zu jeder Tages- und Jahreszeit. Mit flüssigen Treibstoffen ist das kein Problem. Sie konzentrieren sehr viel Energie auf kleinstem Raum, mit wenig Gewicht und über beliebige Zeiträume. Die Energie kann genau dann abgerufen werden, wenn sie gebraucht wird. Eine Batterie kann bei gleichem Gewicht nur ein fünfzigstel an Energie speichern.

Die Elektrifizierung ist mit dem Bau von Wind- und Solarkraftwerken deshalb noch lange nicht gelöst. Es bedarf einer völlig anderen Infrastruktur. Andere Netze, saisonale Speicher, und konzentrierte Kurzzeitspeicher. Es ist nicht richtig zu behaupten die Produktion von Wind- und Solarstrom sei heute bereits billiger als Strom aus Kern- und Gaskraftwerken. Kosten ab Kraftwerk haben nichts mit den Kosten am Gebrauchsort zu tun. Die in der Schweiz nach ökonomischen und ökologischen Grundsätzen aufgebaute Strom-Infrastruktur beruht auf einem System mit regulierbaren aber kontinuierlich produzierenden Kraftwerken (Laufwasser- und Kernkraftwerke) und solchen mit modulierbarem Betrieb (Speicherwerke und Pumpspeicherwerke). Die Produktion wird dem Bedarf angepasst, nicht umgekehrt. Ein Axiom der Ökonomie. Das garantiert nicht nur Versorgungssicherheit, sondern auch kalkulierbare Kosten und Erträge. Letzteres eine unverzichtbare Voraussetzung für Investitionen in Unterhalt, Erneuerung und Entwicklung eines Systems.

Die neue Infrastruktur kostet nicht nur viel Geld, sie benötigt vor allen auch noch zusätzliche Energie. Denn jeder Zwischenschritt, sei es Speicherung oder sei es Energieumwandlung, ist mit Energieverlusten verbunden. Mehr Umwandlungsschritte bedeuten grössere Verluste, respektive mehr Energie muss an der Quelle bereitgestellt werden. Wirkungsgrade addieren sich leider nicht, sie multiplizieren sich. Das beiliegende Bild des deutschen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) zeigt das in exemplarischer Weise. Ein Elektromotor wandelt Elektrizität nahezu verlustfrei in mechanische Energie um. Mit dem Umweg über den speicherbaren Wasserstoff verdreifacht sich der Energiebedarf bereits und über den Weg mit synthetischen Kraftstoffen braucht es gleich sechsmal so viele Windräder, falls man diese sinnbildlich für alle Arten erneuerbarer Primärenergie nimmt. 

Quelle: https://www.bem-ev.de/effizienz-verschiedener-antriebsarten/

Die Netto-Null Emissionen Strategie hört sich erstrebenswert an, führt jedoch – vor allem bei Ausschluss der Kernenergie – zu einer Materialschlacht und einer Landschaftsverschandelung beispiellosen Ausmasses.  Die Umweltbelastung nimmt zu, statt ab.  Freundlich zusammengefasst ist die Energiewende mit einem forcierten Zubau von PV- und Windanlagen nicht zu Ende gedacht. 

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5 thoughts on “Was bedeutet eigentlich «Netto-Null»-Emissionen?”

  1. Netto-Null, kostet was es wolle ist effektiv sinnlos. Nur PV und Windkraftwerke zu fördern und auszubauen auch. Kernenergie hat einen schweren Stand in Europa, weil die Risiken für Investoren in einem liberalen Strommarkt nicht tragbar sind.
    Interessant wäre auch zu zeigen, wieviel Energie ein Benzinauto für 100 km bei einem Verbrauch von 10 Litern benötigt. Und eine Wärmepumpe im Vergleich mit einer Öelheizung. Aber klar, für die Elektrifizierung benötigen wir Strom, und thermische Kraftwerke (dazu gehören auch KKW) haben leider einen miserablen Wirkungsgrad von ca. 30%, wenn es keine Wärmekopplung gibt. Die Energiewende ist effektiv komplex und teuer (grosse Investitionen sind notwendig), aber auf Dauer lohnt sie sich wirtschaftlich in vielen Fällen, insbesondere wenn man die Kosten einer Klimaerwärmung für unsere Volkswirtschaften mitberücksichtigt. Das blenden aber die Gegner immer wieder bewusst aus.

  2. Ich lese bei Micheal Shellenberger, dass gefangene Uiguren in chinesischen Arbeitslagern (oder sollte man bereits C-Camps sagen?) in Zwangsarbeit Silizium fördern und Solarpanels fertigen. Falls das wahr ist, wäre es absolut unethisch und für die Schweiz inakzeptabel dort solche Panels einzukaufen. Über den Term “Nachhaltigkeit” muss man dann gar nicht mehr reden. Aber das sind diese PV-Panels ja sowieso nicht, da chinesisches Reinstsilizium mit riesigen Energiemengen aus Kohlestrom erschmolzen wird.

    Ob es sich bei der Uigurenproblematik um einen Genozid handelt, weiss ich nicht. Aber sollten das nun die neuen Bedingungen sein, damit die Schweiz ihre 2 Promille am weltweiten CO2-Ausstoss einspart? Steht das so im Pariser Klimaabkommen? Um ein unschuldiges “Netto Null” zu erreichen? Was ist die Meinung des Bundesamtes für Energie (BfE) und von UVEK-Chefin Frau Sommaruga dazu? Die Schweiz beabsichtigt ja viel auf die Karte “Solarstrom” zu setzen.

    Mehr zur Problematik im sog. “Nankei Report” von Adrian Zenz ( März 2021)

  3. Lieber Herr Huber, volkswirtschaftlich relevante Kosten sind Ressourcenverzehr von Rohstoffen, Boden, Arbeit, Know-How, Fantasie und Kapital – und nicht Dollars oder Euro oder Schweizer Franken. Auch Nutzenverluste gehören ggf. dazu. Befürworter wie Gegner der Klima- und Energiepolitik blenden alles aus, weil sie in Tat und Wahrheit keinen Schimmer von Kosten und Nutzen von irgend etwas haben. Wir wissen auch nicht, welcher Zustand des Klimas optimal wäre. Gut möglich, dass 4 Grad wärmer für die Menschheit ein grosser Segen wäre. Aus früheren Zeiten deutet aber viel darauf hin, dass wir eine erhebliche Abkühlung nicht überleben würden….

  4. “Freundlich zusammengefasst ist die Energiewende mit einem forcierten Zubau von PV- und Windanlagen nicht zu Ende gedacht.”
    Dem kiann man nur zustimmen. Und muss gleichzeitig fordern, dass diejenigen, die die sogenannten Klima- und Energieszenarien der Schweiz formuliert haben, im Detail (nicht mit irgendwelchen unvollständigen Abschätzungen) darlegen, wie das Netto-Null-Ziel in der Schweiz erreicht werden kann. Hierfür scheint es mir unerlässlich, sämtliche brauchbaren Standorte künftiger Energieproduktionsanlagen (Laufwasserkraftwerke, “konventionelle” Stauseen, Windfarmen, Photovoltaikanlagen jeglicher Grösse), Kurzfrist- und Saison-Energiespeicheranlagen (Pumpspeicherseen, Power2X-Anlagen nur sofern technisch ausgereift, etc.), sowie Uebertragungsleitungen aufgrund rein geographischer, geologischer und hydrologischer Kriterien zu definieren und unter Kostengesichtspunkten zu optimieren.Die für Bau/Herstellung, Transport, Montage, Unterhalt, Ersatz und Entsorgung dieser Anlagen benötigte Energie und der dabei anfallende CO2-Ausstoss (beides im In- und Ausland) müssten selbstverständlich berücksichtigt werden.
    In einem nächsten Schritt müssten dann allfällige Inkompatibilitäten mit der Umweltgesetzgebung und dem Zivilrecht (“klassische” und materielle Enteignung) aufgezeigt und durch mögliche Projektänderungen aus der Welt geschafft werden. Insbesondere in Anbetracht der vielen Klage- und Rekursmöglichkeiten könnte ich mir vorstellen, dass das ganze Vorhaben unter Beibehaltung der heute geltenden Gesetzgebung nicht machbar ist.
    Ein anderer Punkt sind die Kosten, die erfahrungsgemäss die Tendenz haben, sich von der ersten überschlagsmässigen Planungsstudie bis zum Bauprojekt in wundersamer Weise zu vermehrfachen.
    Es nützt aber nichts, weiter zu spekulieren. Die Geschäfte Kllima- udn Energiestrategie und alles, was damit zusammenhängt, sind schlicht und ergreifend nicht entscheidungsreif und hätten vom Parlament an den Absender zurückgschickt werden müssen.

  5. Den Radikalen genügt das nicht. Sie bekämpfen Öl und Gasförderung per se. Keine Fossile zur Raffinerie für die Chemie und ohne Chemie keine Pharma, kein Plexiglas und kein Plastik und keine mindestens 6000 andere Produkte des täglichen Lebens, denn bei der Gewinnung der nötigen Rohstoffe und Zwischenprodukte fällt fossiler Abfall an. Und zurück, die Erde kontaminieren – oder verbrennen – geht ja auch nicht.

    Immerhin dann auch keine Smartphones, auch FfF Schulschwänzer ohne Handys. Irgendwie eigentlich attraktiv, die Idee, nicht einmal so abwegig, eine fossillose Gesellschaft …

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