Bundesamt für Influencerei

Hören Sie mich seufzen? Anfänglich dachte ich, es sei nichts Schlimmes. Aber es ist nicht nur schlimm, es ist schlimmer, ich werde von allen Seiten geschützt, ob ich will oder nicht! Einmal mehr ist es der Konsumentenschutz. Man denkt nichts Böses, und schon flattert einem unversehens eine Meldung aufs Pult. Die Konsumentenschutz-Geschäftsleiterin reichte fünf (fünf!) Beschwerden gegen sogenannte Influencer ein, weil deren Posts im Internet nicht als Werbung gekennzeichnet waren. Anders beurteilte es die Schweizerische Lauterkeitskommission. Bei den Posts handle es sich um kommerzielle Kommunikation; bei Sportlern, wie zum Beispiel Roger Federer, sei es üblich und gut erkennbar, dass Markenlogos aus rein kommerziellen Gründen präsentiert werden.

Damit hätte man die Sache eigentlich ad acta legen können. Denkste! Als Sofortmassnahme fordert der Konsumentenschutz in einer aufgeblasenen Medienmitteilung, dass die Lauterkeitskommission für Werbung auf Social-Media-Portalen nachvollziehbare Regeln aufstellen und diese auch durchsetzen soll. Die von uns Steuerzahlern unfreiwillig subventionierten und offenbar unterbeschäftigten Konsumentenschützer wollen zudem die ausführlichen Begründungen der Lauterkeitskommission genau prüfen und dann entscheiden, ob sie Rekurs einlegen wollen. Darüber hinaus kündigt der Konsumentenschutz im Sinne einer Drohung an, weitere Beschwerden gegen Influencer einzureichen.

Als einfachem Bürger geht mir das viel zu wenig weit. Ich fordere, dass nicht nur gegen Influencer, sondern auch Influencerinnen vorgegangen wird. Ich verlange zudem, dass sich das eidgenössische Parlament mit der Thematik befasst und ein Influencer*Innen-Gesetz auf den Weg bringt – und zwar subito. Darin müssten die Internet- und Fernsehauftritte jeglicher Sport- und anderer Grössen, Kleinen, Dicken und Dünnen staatlich geregelt sein, sonst könnte ja jeder und jede kommen und Logoinhalte, Logogrössen, Logogeometrien (viereckig, rund, oval) selbst festlegen. Wo kämen wir da hin!

Derart viel Eigenverantwortung wollen wir doch nicht, oder? Deshalb verlange ich darüber hinaus – auch subito – eine neue Behörde namens «Bundesamt für Influencement» oder «Influencerei», welcher Name auch immer Ihnen besser gefällt. Das Personal könnte man direkt vom Konsumentenschutz übernehmen.

Dieser Beitrag ist zuerst als Kolumne im «Swiss IT Magazine» erschienen (Ausgabe 2020/1, S. 33).

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2 thoughts on “Bundesamt für Influencerei”

    1. Schon in der NZZ vom 22. Oktober 2001 schrieb ich mit Patrick Zenhäusern, der übrigens sagt, er sei mit dem Slalomcrack-Namensvetter höchstens über Adam und Eva verwandt, folgenden Beitrag: “Mehr Ökonomie im Konsumentenschutz – werden Konsumenten entgegen ihren Interessen vertreten?” Hier der Link zu diesem, wie Fritz Sutter zeigt, immer noch aktuellen Beitrag:
      http://industrieoekonomie.ch/wp-content/uploads/2014/12/oek_im_konsumentenschutz.pdf
      Wir würden den Beitrag heute wohl immer noch fast gleich schreiben (müssen), natürlich mit poliltisch korrektem Untertitel: “Werden Konsumentinnen und Konsumenten entgegen ihren Interessen vertreten?”

      Der Schreibweise Konsument*innen (oder wie geht das eigentlich genau?) verweigere ich mich aus rein sprachlich-stilistischen Gründen.

      Vielen Dank an Fritz Sutter für seinen amüsanten Beitrag!

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