IT Szene Schweiz: Geisterfahrer

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Geisterfahrer glauben in der Regel, dass alle anderen falsch fahren. So mag es auch GLP-Nationalrat Jürg Grossen ergangen sein, als kürzlich über die Revision des Fernmeldegesetzes abgestimmt wurde. Er votierte als einziges Mitglied für mehr staatliche Einmischung in den Telekom-Wettbewerb.

Die Fernmeldekommission stimmte mit 23:1gegen ihn und damit gegen Markteingriffe beim Glasfaserausbau. Das wiederum störte den deutschen Finanzchef von Sunrise derart, dass er glaubte, sich öffentlich über den Entscheid einer schweizerischen Nationalratskommission entrüsten zu müssen. Hallo, hallo: Nachhilfe ausgerechnet aus Deutschland, das von eigenen Politikern als Breitbandwüste bezeichnet wird, wo die Glasfaseranschlüsse pro Kopf der Bevölkerung einen Bruchteil der Schweiz ausmachen, und wo die Gesellschaft für deutsche Sprache das Wort «Funklochrepublik» soeben auf den zweiten Platz wählte?!

Zurück ins Parlament: Im Vorfeld der abschliessenden Debatte im Gesamtrat gab es die üblichen Störmanöver. Eine Allianz von Telekom-Anbietern war sich nicht zu schade, einen Brief an alle Nationalräte zu verschicken mit der beispielhaft originellen Formulierung: «Alle Regulierungsvarianten seien einer Regulierungsverweigerung vorzuziehen». Für Bürokraten, die gerne am Markt herumwerkeln, ein Satz zum Verlieben! Alle reden von weniger Bürokratie und Deregulierung. Und wenn es drauf ankommt… na ja, Sie wissen schon.

Argumentativ scheint es nach unten keine Obergrenze zu geben. Ergänzt wurde das Regulierungs-Hupkonzert von SP-Nationalrätin Priska Birrer-Heimo, die ganz auf der Linie der um sich selbst kreisenden Regulierungsbehörden Bakom, Weko und Preisüberwacher liegt. Als Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz behauptete sie allen Ernstes, die Kabelkanäle für die Glasfasern seien grösstenteils vom Steuerzahler bezahlt worden. Wer hat ihr denn diesen Unsinn eingeflüstert? Tatsächlich bestritten nicht nur die Elektrizitätswerke und die Kabelnetzanbieter diese Investitionen vorwiegend aus eigener Tasche, sondern auch der Telco Swisscom, der notabene darüber hinaus die schweizweite Grundversorgung ohne Entschädigung besorgt; wogegen die Konsumentenschutz-Stiftung jährlich beim Bund 300’000 Franken Subventionen abholt, für die wir Steuerzahler ungefragt aufkommen müssen.

Das Schlussfeuerwerk im Ständerat zugunsten staatlicher Regulierung zündete mit einer geradezu pathetischen Rede die Noch-Bundesrätin Doris Leuthard. Doch es half alles nichts: Das Parlament lehnte das Ansinnen der Regulierungskünstler, die wohl am liebsten auch noch den Föhn regulieren möchten, nach ausgiebiger Diskussion ab. Glasfasernetze werden nicht staatlicher «Obhut» unterstellt. Das ist gut so für Wirtschaft und Konsumenten, es wird auch in Zukunft in unsere Breitbandversorgung investiert!

Zuerst erschienen in Swiss IT Magazine Nr. 01-02, Januar/Februar 2019.

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