Gift-Päckli für die direkte Demokratie

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Ich bin klar für die Steuerreform, aber ebenso klar gegen eine teure Verzögerung einer echten AHV-Reform – wie sollte ich dann abstimmen?

Ob die Verknüpfung verschiedener Lösungsansätze für verschiedene Politikbereiche «gut» oder «schlecht» ist, darf nicht pauschal und moralisierend beurteilt, sondern muss differenziert beantwortet werden.

Absolut unerlässlich ist die Paketbildung bei internationalen Verhandlungen, wie zum Beispiel mit der EU, den USA oder Entwicklungsländern. Dort gilt es immer, verschiedene Themen nicht nur isoliert zu verhandeln, sondern auch einen Interessenausgleich zwischen verschiedenen Problemfeldern zu suchen. Bei den Bilateralen zwischen der Schweiz und der EU profitiert die EU besonders vom Freizügigkeits- und Verkehrsabkommen, die Schweiz vom Rest. Ein mögliches Stromabkommen schwächt unsere Verhandlungsposition, weil wir uns mit der ES 2050 in eine EU-Abhängigkeit haben treiben lassen.

Alle Abkommen in ein Paket zusammenzufassen, vergrössert die Chancen für partnerschaftliche Kompromisse, rechtfertigt aber nie eine Guillotine-Klausel, wie sie die EU der Schweiz aufgebürdet hat. Böse, aber leider nicht ganz falsche Zungen behaupten gar, diese Idee sei in der EU-freundlichen schweizerischen Verhandlungs-delegation geboren worden, um via die Bilatera- len den Weg für einen unvermeidlichen Beitritt zu ebnen. Oder denken wir an Länder wie Eritrea oder Nigeria, die uns mit Zehntausenden von Milliarden von Franken verschlingenden «Flüchtlingen» beglücken, aber eine Rücknahme Abgewiesener verweigern. Eine Verknüpfung mit der Entwicklungshilfe ist hier ein offensichtlich guter Schachzug.

Sinnvoll sind Paketlösungen auch in parlamentarischen Demokratien mit einer Koalitionsregierung wie zum Beispiel in Deutschland, wo daraus eine gewisse Stabilität resultiert und nicht wie zum Beispiel in Italien das Land unregierbar werden lässt. Selbst in der Schweiz sind gewisse Deals übers Kreuz nicht à priori schlecht. Problematisch ist aber das Nachgeben der FDP, aber vor allem der CVP gegenüber den Linken und Grünen, um ja nicht der SVP zu nahe zu kommen. Besonders oft passiert das momentan im Ständerat, der früher als Reflexionskammer galt, aber heute zur Kuhhandels-Börse verkommen ist. Abhilfe kann hier nur der Wähler schaffen, indem er Parteien ohne eigenes Profil abstraft.

Wo aber Kuhhändel und Päckli-Schnüren rein gar nichts zu suchen haben, ist bei Initiativen und Referenden. Bei Initiativen ist die «Einheit der Materie» rechtlich einigermassen gesichert, bei Referenden aber in letzter Zeit missachtet worden. Die neue Wundertüte aus dem Ständerat wird von vielen gelobt, ja gar als Geniestreich bewundert. Doch diese Kombination von Steuerreform und AHV-Sicherung ist aus der Sicht der direkten Demokratie ein Affront, weil es nicht angeht, die Stimmberechtigten zu fragen, ob wir zwei abgelehnte Volksabstimmungen durch eine kombinierte Version annehmen wollen. Ich bin klar für die Steuerreform, aber ebenso klar gegen eine teure Verzögerung einer echten AHV-Reform.

Wie sollte ich dann abstimmen?

Die halb direkte Demokratie mit Volksabstimmungen zu Sachfragen erträgt keine fiesen «Päcklitricks». Und wenn das Bundesamt für Justiz das noch absegnet, zeigt das nur, wie stark die Bürokratie die Demokratie dominiert. Aber wer ergreift das Referendum, wenn schon fast alle «Big Players» dem parlamentarischen Päckli ihren Segen erteilt haben?

Dieser Beitrag ist zuerst in der «Basler Zeitung» vom 14. Juni 2018 erschienen.

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1 thought on “Gift-Päckli für die direkte Demokratie”

  1. Wie bekomme ich 2 ungeliebte Vorlagen, die schon an der Urne gescheitert sind durch die Volksabstimmung ? Im vorliegenden Fall versuchen es die Räte mit einem Kombipack. Die Logik dahinter, so es denn eine gibt wäre die dass der Stimmbürger die Kröte der ihm nicht genehmen Vorlage schluckt um sein Anliegen – die ihm genehme Vorlage – durchzubringen. So würden sich auf magische Weise die Ja Stimmen addieren und beide Vorlagen – einmal zur Freude der Linken, einmal zur Freude der Rechten – absegnen lassen. Im Parlament mag dies durchaus angehen, der klassische Kuhhandel, ein klassisches Mittel der Interessenwahrung. Für den Stimmbürger präsentiert sich die Situation anders, er war nicht an den Vorberatungen beteiligt, ihm geht es nicht um Allianzen, Parteiübergreifende Absprachen, für ihn geht es um die Wahrung der demokratischen Grundrechte, um die Möglichkeit zu einer Vorlage Ja oder Nein zu sagen und diese wird ausgehebelt wenn 2 sachfremde Vorlagen zu einer kombiniert werden. Hier gibt es kein Ja aber, kein Ja zu A und Nein zu B (was er eigentlich sagen wollte). So bleibt eigentlich nur das Nein aus Prinzip, damit sich solcherlei undemokratische Spielchen nicht wiederholen.

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