Wie viele g CO2 pro km stecken im “Rucksack” eines E-Autos?

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Ab 2020 wird in der Europäischen Union der erlaubte Ausstoss von Kohlendioxid (CO2) für neue Personenwagen schrittweise auf 95 g pro Kilometer gesenkt. Die Schweiz wird voraussichtlich die entsprechenden Schritte nachvollziehen. Diese Politik wird insbesondere von den Umwelt- und Klimaorganisationen begrüsst in der Hoffnung, direkt und indirekt – durch den forcierten Absatz von E-Autos – eine Reduktion der CO2-Emissionen zu erzielen. Dies wird sich jedoch als Illusion erweisen, wie bereits in einem Artikel der Weltwoche Nr. 33.17 des Titels «Energieverschwendung der Extraklasse» von Ferroni und Reichmuth erklärt wurde.

Im Folgenden ermitteln wir die CO2-Mehremissionen, die ein E-Auto im Vergleich zu einem Benzin- oder Diesel-Auto infolge der unterschiedlichen Konstruktion aufweist. Dabei zeigt sich: Noch bevor ein E-Auto überhaupt seine ersten Kilometer auf der Strasse fährt, erzielt es eine schlechtere Ökobilanz als die herkömmlichen Autos mit Verbrennungsmotoren. Wir betrachten zuerst die Batterie, die physikalisch eine sehr niedrige Energiedichte aufweist, dann den Mehrverbrauch an Kupfer, die graphischen Prozessoren und schliesslich die Entsorgung der toxischen Werkstoffe der Batterie.

  • Die Herstellung der Batterie ist sehr energieintensiv, vor allem auch weil z.B. Lithium, Graphit, Nickel, Kobalt, Kupfer usw. sehr rein sein müssen. Für die Extraktion, Raffinierung und Bearbeitung dieser Metalle wird viel Energie gebraucht und diese stammt zu 85% aus fossilen Energieträgern. Oft wird diese Energie “graue Energie” genannt und daraus entsteht sozusagen auch “graues CO2“. In der Ökologie wird Letzteres auch als “ökologischer Rucksack” bezeichnet. Noch bevor also das E-Auto irgendeinen Kilometer gefahren ist, ist sein “Rucksack” bereits prall gefüllt mit CO2, das zur Herstellung sowie auch auch zur späteren Entsorgung der Batterie anfällt.Kürzlich sind einige neue Studien erschienen, die entsprechende Werte ermittelt haben.
  • Das IVL (Swedish Energy Research Institute) kommt in der Studie “The Life Cycle Energy Consumption and Greenhouse Gas Emisions from Lithium-Ion Batteries”, datiert Mai 2017, auf Emissionen von 150 bis 200 kg CO2 pro kWh Speicherkapazität der Batterie. Diese Studie berücksichtigt auch die Resultate anderer Forscher wie z.B.diejenigen der Norwegerin Linda Ellingsen, die auf etwas mehr als 170 kg CO2 pro kWh kam. Für die weiteren Überlegungen verwenden wir den minimalen Wert von 150 kg CO2/kWh.
  • Die Batterie des TESLA Model 3 weist eine Kapazität von 65 kWh auf, somit belaufen sich die Gesamtemissionen für deren Herstellung 9’750 kg CO2. Infolge der begrenzten Lebensdauer der Batterie von rund 100’000 km errechnet man daraus bereits eine Emission von 97,5 g CO2 per km, noch ohne einen Kilometer gefahren zu haben. Beim Kauf eines Model 3 hat man somit die Grenze von 95 g CO2 pro km schon allein mit dem “ökologischen Rucksack” bereits überschritten.
  • Nach Berechnungen des Branchenverbands International Copper Association (ICA) benötigt ein Benziner bis zu 23 kg Kupfer, reine Elektroautos hingegen bis 75 kg. Auch die Förderung von Kupfer ist sehr energie- bzw. CO2-intensiv. Der Unterschied von 52 kg Kupfer ergibt bei einer durchschnittlichen Autofahrleistung von 150’000 km eine zusätzliche CO2-Belastung von 5 g pro km.
  • Dazu weisen E-Autos wie TESLA Modell 3 Computer mit graphischen Prozessoren vom Typ nVidia Drive PX auf, deren Chips in der Herstellung auch sehr Energie- bzw. CO2-intensiv sind. Wir schätzen daraus eine Zusatzbelastung von 7 g CO2 pro km.
  • Schliesslich verbraucht auch die Endlagerung der toxischen Batterie-Materialien wie z.B. Lithium sehr viel Energie, weil die Konditionierung von Lithium den Bau unterirdischer Endlager erfordert. Entsprechend ergeben sich daraus wiederum CO2 -Emissionen. Wir sind der Auffassung, dass einfache Deponien für die schweizerischen Verhältnisse nicht zulässig, sondern vielmehr Lösungen wie etwa bei schwach- bis mittelaktiven Nuklearabfällen zu treffen wären. Die Zusatzbelastung daraus dürfte sich auf mindestens 10 g CO2 pro km belaufen.

Das heisst also alles in allem, dass sich ein E-Auto im Vergleich mit einem Benzin- oder Diesel-Auto bereits mit einem Handicap in Form eines “ökologischen Rucksacks” von rund 120 g CO2 pro km auf den Weg macht.

Aus diesen Betrachtungen gewinnt man den Eindruck, dass die EU-Bürokraten keine seriöse Arbeit geleistet haben. Die spezifischen “grauen” CO2-Emissionen müssen im Vergleich zwischen E- und anderen Autos berücksichtigt werden. Andernfalls ist der Vergleich nicht adäquat und – dies vor allem – krass irreführend.

Sollte man unter diesen Umständen die Zulassung von E-Auto, die offenbar die Grenzwerte sprengen, verbieten?Was – wenn überhaupt – haben die Regulierer gedacht? Und was haben sich die Experten des Reports „The Emission Gap Report – A UN Environmental Synthesis Report, UNEP, November 2017, gedacht?

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3 thoughts on “Wie viele g CO2 pro km stecken im “Rucksack” eines E-Autos?”

  1. Lieber Rainer

    Vielen Dank für den Link zu deinem ausgzeichneten Beitrag – soweit ich ihn als Nicht-Physiker lesen kann. 😉

    Als Ökonom möchte ich aber einen Satz zur folgenden Folgerung aus deinem Beitrag festhalten:
    [b]”Ein Elektrofahrzeug, das den Strom aus Verbrennung fossiler Brennstoffe bezieht, ist stets ineffizienter, als ein vergleichbares Fahrzeug mit einem halbwegs modernen Verbrennungsmotor. „Erneuerbare Energien“ haben allenfalls einen marginalen Einfluss auf die gesamtenergetische Bilanz des „Stromers“.[/b]

    So lange der europäische Netzverbund nicht vollständig ohne Fossile betrieben werden kann, hat jeder Stromverbrauch “aus Erneuerbaren” für Elektromobilität unweigerlich zur Folge, dass dieser Strom nicht mehr für andere Verwendungen zur Verfügung steht, die dann eben auf Strom fossiler (besser wäre niklearer) Herkunft zurückgreifen müssen. Das ist das ökonomische Opportunitätskostenprinzip, angewendet auf den Stromverbrauch.

    In diesem Sinne bzw. analog legt Ferruccio F. seinen Berechnungen absolut richtigerweise einen weltweiten Energiemix mit 85% Fossil zugrunde. Das ist richtig, weil Teile von E-Autos auch weltweit gefertigt werden.

    Jeder der aussagt, E-Autos seien den konventionellen Autos mit Verbrennungsmotoren ökologisch überlegen, soweit sie auf erneuerbare Energie zurückgreifen, liegt absolut falsch! Selbst wenn ich meinen Tesla (ich habe keinen) mit der PV-Anlage von meinem Dach speisen würde, steht dann dieser Strom von meinem Dach nicht mehr für andere Verwendungen zur Verfügung.

    E-Mobilität bringt also in der Praxis nur im Zusammenhang mit Kernenergie etwas für die Umwelt. Wer keine KKW mehr will, der muss gegen die E-Mobilität antreten!

  2. Lieber Markus,

    vielen Dank für Deinen Repost!

    Ich sehe es genauso – möchte aber in einem getrennten Thread direkt auf den Ausgangsbeitrag eingehen.

    Viele Grüsse!
    Rainer

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