Mit der Energiewende gerate die Schweiz ins Hintertreffen. Der Ausbau erneuerbarer Energien gehe viel zu langsam, und die Klimaziele könnten so nicht …
Mit der Energiewende gerate die Schweiz ins Hintertreffen. Der Ausbau erneuerbarer Energien gehe viel zu langsam, und die Klimaziele könnten so nicht erfüllt werden. Das sind Vorwürfe, die aus grünen Kreisen immer wieder zu hören sind. Bei solchen Aussagen lohnt es sich, mal über den eigenen Gartenhag hinauszuschauen und zu prüfen, ob dem wirklich so ist.Dazu gibt es drei Methoden: Die erste ist, Absichtserklärungen und Beschlüsse ausländischer Regierungsstellen zu lesen. Das ist die unzuverlässigste Methode. Die zweite ist, sich Statistiken über die Energienachfrage und den Einsatz der unterschiedlichen Energieträger anzusehen. Das ist schon wesentlich besser und ergibt einen ersten Überblick. Die Gefahr beim Lesen von Statistiken ist nur, dass diese oft Äpfel mit Birnen vergleichen und ihre Qualität nur so gut ist wie die Methoden, mit welchen sie erstellt wurden. Die dritte Methode besteht darin, die Sache gleich selber vor Ort zu prüfen – sicher die aufwendigste, aber aufschlussreichste. Aber auch mit einem Augenschein kann man nie alles erfassen.Machen wir doch mal die Probe aufs Exempel mit Kalifornien, dem gelobten Epizentrum von Innovation und Fortschrittsglaube auch in Sachen der neuen erneuerbaren Energieträger. Elon Musk lässt grüssen.Kalifornien hat Ende letzten Jahres das ambitionierteste Klimawandel-Gesetz (climate change law) der Vereinigten Staaten verabschiedet. Da hat auch Präsident Trump nichts dreinzureden. Der Westküstenstaat verpflichtet sich, bis 2030 seine Treibhausgas-Emissionen gegenüber 1990 um 40 Prozent zu senken. Die Schweiz übrigens um 50 Prozent. Die Statistik verrät uns, dass die Treibhausgas-Emissionen jedes Einwohners in Kalifornien doppelt so hoch sind als bei uns. Reduzieren sie dort um 40 Prozent, werden sie im Jahr 2030 gerade mal auf dem Niveau sein, auf welchem wir uns bereits jetzt befinden.Das spannendste ist aber die Prüfung vor Ort: «It never rains in Southern California…» Los Angeles ist eine sonnenverwöhnte Stadt mit brütend heissen Sommertagen und einem riesigen Kühlbedarf. Jedes Haus hat eine Klimaanlage. Der Bedarf an Kühlenergie korreliert sehr gut mit dem Tagesgang der Sonne. Solarstrom ist deshalb besonders geeignet zum Betreiben der Kühlaggregate. Die PV-Anlage auf dem Dach könnte die eigene Klimaanlage eines Hauses direkt mit Strom versorgen – im Idealfall sogar ohne aufwendige Netzeinbindung. Das sind optimale Bedingungen für Photovoltaik. Man kann kurz nachrechnen, dass bei voller Ausnutzung der Dachfläche genügend Energie für eine ausreichende Kühlung des Hauses erzeugt werden kann. Also müssten eigentlich praktisch alle Häuser in Los Angeles mit Strom vom eigenen Dach gekühlt werden. Und wo könnte man sich das nicht besser leisten als in den Villenvierteln Hollywoods? Ein kurzer Check mit Hilfe von Google Maps enttäuscht jedoch gewaltig. Ausgerechnet in den wohlhabendsten Wohngebieten, in Beverly Hills und in Malibu, in denen sich prominente Klimaschützer, wie zum Beispiel Leonardo DiCaprio, tummeln, findet man kaum ein einziges Solarpanel. Neben den Villen dominieren Schwimmbäder und Tennisplätze. Photovoltaik hat selbst an diesen prädestinierten Lagen keinen Durchbruch geschafft. Prüfen Sie dies bitte selber nach, liebe Leserinnen und Leser.In der Tat beziehen der vorbildliche Leonardo DiCaprio und seine Mitkalifornier 66 Prozent ihres Stroms aus Fossilkraftwerken, während in der hinterwäldlerischen Schweiz ganze 5 Prozent so produziert werden. Mit dem Abschalten unserer Kernkraftwerke wird sich diese Zahl aber bald den kalifornischen Verhältnissen angleichen.
publiziert in der Basler Zeitung vom 11. August 2018
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