Dreiste Wasserkantone

Hegetschwiler.pngLesen Sie zum aktuellen Polit-Hick-Hack zu den Wasserzinsen z.B. “Scharfe Kritik an Leuthards «Kompromiss»”. NZZ online Der Wasserzin…

Lesen Sie zum aktuellen Polit-Hick-Hack zu den Wasserzinsen z.B.

“Scharfe Kritik an Leuthards «Kompromiss»”.

NZZ online

Der Wasserzins ist die Abgabe für das Recht, Gewässer zur Erzeugung von Strom zu nutzen, welche die Kraftwerke den Standortkantonen (oder den Konzessionsgemeinden) des Gewässers zahlen müssen.

Standortkantone oder Standortgemeinden – sagen wir der Einfachheit halber Wasserkantone – können mit ihren Gewässern in eigenen Kraftwerken selber Strom erzeugen oder diese zum Zweck der Stromerzeugung an fremde Kraftwerke verpachten. Von der Möglichkeit der Pacht machen ja beispielsweise auch viele Hotels, Restaurants oder Bauerngutsbesitzer Gebrauch, wie einst schon Bauer Joggeli bei Gotthelf, der seinen Glunggenhof an Ueli verpachtete. 

Die Wasserkantone sollten unbedingt Gotthelfs Roman “Ueli der Pächter” lesen oder sich zumindest wieder einmal den gleichnamigen Film von Franz Schnyder ansehen.

Zurzeit betragen die Durchschnittskosten je kWh Wasserkraft (ohne Wasserzins von rund 1.2 Rp.) rund 4.8 Rp., während sich dafür im Markt durchschnittlich nur noch 3 bis 4 Rp. erzielen lassen. Im Durchschnitt hat heute das Recht, Gewässer zur Erzeugung von Strom zu nutzen also gar keinen oder sogar einen negativen Wert. Die Wasserzinsen müssten deshalb im Durchschnitt sofort auf null gesetzt werden. Die Wasserkantone müssten an sich die Kraftwerke sogar mit 1 bis 2 Rp. je kWh bezuschussen, wenn sie sicherstellen wollten oder müssten, dass ihre Gewässer auch in Zukunft noch zur Stromproduktion genutzt werden. Dies in der Hoffnung, dass sich die politischen Rahmenbedingungen und die “Markt”verhältnisse in nicht allzu ferner Zukunft wieder zu Gunsten der Wasserkraft verändern und Wassernutzungsrechte wieder einen positiven Wasserzins abwerfen werden. (Es ist nicht zu bezweifeln, dass dem so sein wird – vielleicht bräuchten die Wasserkantone nur etwas Durchhaltevermögen und Geduld.)

Dreiste Forderungen der Wasserkantone

Die Wasserkantone denken aber nicht im Traum daran (und könnten es sich auch gar nicht leisten), auf hohe Wasserzinsen zu verzichten oder gar ihrer Wasserkraft mit Zuschüssen über die Runden zu helfen. Vielmehr fordern sie, dass die Schweizer Steuerzahler oder Stromkunden oder beide zusammen nicht nur den Wasserkraftwerken irgendwie über die Runden helfen, sondern zudem weiterhin möglichst hohe oder noch höhere Wasserzinsen zahlen. Diese Forderung ist zwar politisch verständlich, aber es ist – mit Verlaub – eine bodenlose Frechheit, anzugeben, bei Nichterfüllung dieser Forderung würde eine Sanierung der Wasserkraft “auf dem Buckel” der Wasserkantone ausgetragen. Diese Forderung zeigt nur, zu was die Wasserzinsen über die Jahre verkommen sind: Zu einem politisch so nie legitimierten zusätzlichen Finanzausgleich der Nicht-Wasserkantone an die Wasserkantone.

Die Wasserzinsen sollten die Kartellrente der “Alpen-Opec” in Grenzen halten – und jetzt sollen sie dazu missbraucht werden, diese Rente künstlich zu sichern

Man würde als Ökonom annehmen, dass Gewässerbesitzer und Kraftwerksbetreiber mit Blick auf die Investitions- und Betriebskosten sowie auf die erwarteten Erträge eines bestimmten Wasserkraftwerks für dieses eine Pacht vereinbaren und diese bei Bedarf veränderten Markt- und Umfeldbedingungen im gegenseitigen Interesse anpassen. Vor 1918 war dies auch in der Tat der Fall. Aber die für die Stromproduktion besonders ergiebigen Gewässer waren schon damals knapp und auf der Ebene der Stromproduktion herrschte kein Wettbewerb, da diese mit der natürlich monopolistischen Stromverteilung (Netze) gekoppelt war (vertikal integrierte Stromversorungsunternehmen). Unter diesen Bedingungen wäre es den Wasserkantonen zusammen mit den Kraftwerken und Stromversorgern möglich gewesen, Monopolpreise zu verlangen und für alle Beteligten Monopolrenten zu erzielen. Die heute noch gültige Wasserzinsregulierung wurde 1918 keineswegs in Kraft gesetzt, um den Wasserkantonen ein “angemessenes” Einkommen aus ihren Wasserressourcen zu sichern, sondern um zu verhindern, dass die Haushalte und Unternehmen der Nicht-Wasserkantone unangemessen hohe Stromkosten zu gewärtigen hatten.

Bei dieser Regulierung ist es aber der “Alpen-Opec” gelungen, einen Pfad ständig steigender Wasserzinsen – völlig unabhängig von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Wasserkraft – durchzusetzen, welcher der Effizienz der beteiligten Werke und Kantone mit Sicherheit nie besonders förderlich war. Fast ein Jahrhundert lang haben sich die Wasserkantone (und andere Beteiligte) einer ständig steigenden Kartellrente aus diesem höchst komfortablen System erfreut. Was haben sie mit diesen Mitteln unternommen, um diese Abhängigkeit zu reduzieren?

Heute müssten man die Wasserzinsregulierung unverzüglich abschaffen und stattdessen die Wasserkantone wie vor 1918 mit den Kraftwerken frei neue Pachtverträge aushandeln lassen. Die Gefahr, dass die Wasserkantone die Nicht-Wasserkantone auf diesem Weg “ausnehmen” ist vorerst einmal gebannt. Wetten, dass die Wasserkantone neue Wege finden werden?

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6 thoughts on “Dreiste Wasserkantone”

  1. Natürlich ist es aus liberalem Standpunkt stossend, dass Wasserkanton auf Beibehaltung von Wasserzinsen pochen. Wasserzinsen sind eine politische Förderungen für strukturschwache Bergstandorte. Was sind dann aber rund 10-fach höhere KEV-Förderungen für Wind- und Solarstrom? Kostendeckend bedeutet “bedingungsloses” Vergüten für einen sogar noch weit minderwertigen Strom als den der Wasserkraft, die obendrein sogar noch die Unstetigkeit dieses minderwertigen Stroms ausgleiche muss. Wenn man Forderung der Wasserzinsen als “bodenlose Frechheit” bezeichnet, welche Worte wären dann für KEV-Förderung angebracht? Mir fehlen die Worte.

  2. Vielen Dank für diesen Kommentar bzw. diese Ergänzung – ich bin damit selbstverständlich einverstanden. Ein Fehler – praktisch fixe Wasserzinsen, die Kosten darstellen, statt nettoertragsabhängige Residualrenten – wird natürlich nicht dadurch gerechtfertigt, dass es noch andere Fehler gibt. Und ja, für die KEV-Politik müsste ich selber auch noch nach starken Worten suchen, die wohl nicht ideal für die Veröffentlichung wären.

    Leider haben die Wasserkantone im Zusammenhang mit der Abstimmung vom 21. Mai viel zu wenig auf ihre Schwierigkeiten hingewiesen. Wurde vorher noch mit grossem Erfolg mit Wasser günstige Band- in Spitzenenergie umgewandewlt, soll man künftig Flatterstrom “veredeln” und Lückenbüsser spielen. Interessante Preisarbitragemöglichkeiten soll man sausen lassen…

  3. Sehr geehrter Herr Saurer
    Meine Investoren würden sehr gerne die Wasserkraftwerke kaufen und den Wasserkantonen weiterhin die Wasserzinsen wie bis anhin bezahlen.
    Kenne sie eine Besitzer der seine Kraftwerke verkaufebn will?
    Freundlich grüsst
    Urs Anton Löpfe

  4. Sehr geehrter Herr Löpfe

    Wenn ich potenzielle Verkäufer kennen würde, dann würde ich Investoren suchen und das Werk gleich selber erwerben. Der praktisch fixe Wasserzins war (und ist eventuell weiterhin) für besonders ergiebige, kostengünstige Werke sogar zu niedrig.Die Strompreise werden bald einmal steigen und hoch bleiben (Knappheit, Belastung der CO2-lastigen Stromproduktion). Der Wasserstrom kann besonders hohe Preise erzielen, weil er sehr gut regelbar ist.

    Wäre ich Chef eines Wasserkantons, dann würde ich Wasserzinsen für jedes kantonale Gewässer mit den Werken aushandeln.

    Doch zurück zur Frage: Das Ganze hat den Haken der “Heimfallregelung”, die Konzessionsgemeinden oder -kantone haben faktisch ein Vorkaufsrecht. Die Werke fallen an die Gemeinde oder an den Kanton, wenn ein Betreiber sein Werk aufgeben möchte.

    Die Wasserkantone stellen bei genauer Betrachtung nicht nur dreiste, sondern auch unterbelichtet-naive Forderungen. Die wissen nicht, wie sie mit ihren knappen Ressourcen umgehen sollten, um das Maximum herauszuholen. Aber für gute Berater scheinen sie kein Geld ausgeben zu wollen….;)

  5. Sehr geehrter Herr Saurer
    Woher wissen sie, dass die Wasserkantone keine guten Berater haben. Ich denke das Problem liegt eher bei Axpo, Alpiq, EWZ. Diese können nur überleben durch geschickte Lobbyarbeit auf kosten der Allgemeinheit und auf Subventionen hoffen. Es stellt sich die Frage, wie lange die Aktionäre, primär die Stnicht Bergkantone sich Alpiq und Axpo und die Stadt Zürich sich das EWZ noch leisten können.
    Ich stehe dem EWZ, Alpiq und Axpo gerne als Berater zur Verfügung.
    Es gäbe, da auch noch andere Lösungen. So wie es jetzt läuft ist es nur eine Frage der Zeit bis die Aktionäre Nachschusszahlungen leisten oder ganz einfach den Konkurs anmelden.
    Freundlich grüsst
    Urs Anton Löpfe

  6. Haha. Das mit den guten Beratern war ein Witz (ich dachte natürlich an mich selber und an meine CCN-Kolleginnen und Kollegen), der aber den typischen Kern Wahrheit sicher enthält.

    Wir sind uns wohl in den meisten Fragen einig, auch darin, dass wir uns der Sache annehmen sollten – also Löpfe, Saurer und seine CCN-Kolleginnen und -Kollegen.

    Beste Grüsse für einen schönen Sonntag! M.S.

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