Über Grössenwahn, Selbstüberschätzung und Realitäten

cover_co2.jpgDa lesen wir in einer Mitteilung des Bundes vom August 2016 folgendes: “Der Bundesrat will den Ausstoss an Treibh…

Da lesen wir in einer Mitteilung des Bundes vom August 2016 folgendes:

“Der Bundesrat will den Ausstoss an Treibhausgasen von 6,5 auf praktisch 1 Tonne pro Kopf senken. Dieses Ziel lässt sich nicht von heute auf morgen erreichen. Deshalb geht die Schweiz etappenweise vor, indem immer höhere Reduktionsziele festgelegt werden: -8% zwischen 2008 und 2012, -20% zwischen 2013 und 2020 und schliesslich -50% zwischen 2020 und 2030. Für ein Land mit relativ wenigen Möglichkeiten, seine Emissionen rasch zu senken, sind diese Ziele ehrgeizig.”

(BAFU, COP 21PARIS, Klimapolitik der Schweiz)

Die Medien haben dies aufgegriffen und mehrheitlich positiv aufgenommen. Man sieht die Chance, Vorbild – ja geradezu Musterknabe zu werden und allenfalls Nutzen daraus zu ziehen, weil ein solcher Schritt technologiefördernd sein soll. Ebenso wurde in der Schweizer Presse eine Meldung aus Norwegen wohlwollend und als vorbildlich kommentiert: Im Kampf gegen den Klimawandel ergreift Norwegen drastische Mssnahmen: Ab 2025 sollen keine neuen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden. Und wie wenn das an Freudesnachrichten für die hiesige Welt- und Klimaverbesserer-Szene nicht schon genug wäre, wird dieser Tage auch noch höchst positiv über den Handschlag anlässlich des G 20 Gipfels in Hangzhou zwischen Präsident Obama und Parteisekretär Xi betreffend die Verpflichtung auf die CO2 Ziele des Paris Klima-Gipfels berichtet.

Freude herrscht, mindestens in diesen Kreisen. Das Welt-Klima wird sich also entwickeln wie geplant – alles vermeintlich bestens im Griff!?

Der Einfluss der Schweiz auf die globale CO2-Bilanz bewegt sich mit ihrem Anteil von rund 0.14 % im messtechnischen Streubereich des Anteils grosser Emittenten. (Tendenz Anteil CH abnehmend; der Einfluss Norwegens mit einer um rund einen Drittel geringeren Bevölkerung als die Schweiz ist noch geringer.) Aber für die Schweiz und ihre Wirtschaft ist die Erreichung der oben genannten Zielsetzungen mit einem enormen Kraftakt und dem grossen Risiko verbunden, dass die produzierende Industrie fast gänzlich aus dem Land verbannt werden könnte. Norwegen hat es leichter und spielt sozusagen mit “gezinkten Karten”: Über 20% seiner Wirtschaftsleistung und etwa zwei Drittel des norwegischen Exportertrages basieren auf dem Verkauf von Öl und Gas aus der Offshore-Produktion. Man ist bzw. erklärt sich sauber, weil man den “Dreck” exportieren und sich vom Ertrag das lokale Saubersein leisten kann. Gerne zeigt man dann auch noch mit dem Finger auf die rückständig Schmutzigen. 

Und nun zu den globalen Schwergewichten, welche bezüglich CO2-Emissionen wirklich bedeutend sind. China wird kohlebetriebene Kraftwerke, welche auch zurzeit noch den grössten Anteil am Kraftwerks-Neubauprogramm in diesem Land einnehmen, durch den massiven, bereits begonnenen Zubau von Nuklearkraftwerken ablösen. Während im 2010 die chinesische Stromproduktion aus Kohle bei rund 78% lag, diejenigen mittels Wasser bei etwa 18% und Nuklear bei 1%, liegen die Zielvorgaben für 2030 bei Kohle unter 50%, Wasser 22%, Nuklear 25% und bei Quellen wie Wind und Photovoltaik bei je ungefähr 1%! Nuklear gilt in China eben als “Clean Energy”. Zurzeit geht alle drei bis vier Wochen ein neues Nuklear-Werk ans Netz. Über den immer wieder berichteten “massiven Zubau” an Windkraft in China ist zu sagen, dass die absoluten Zahlen im Quervergleich in der Tat gigantisch scheinen, sich aber der effektive Jahresproduktionsanteil in den angegebenen sehr engen Grenzen hält.

Und die USA? Da wird Kohle in der Stromproduktion immer stärker durch das verpönte Fracking-Gas substituiert, was den CO2-Ausstoss gleich um über 50% senkt.

Und dann ist da auch noch Indien als sich entwickelndes Schwergewicht. Wie der Energieminister Piyush Goyal gegenüber der Zeitung “The Australian” im Februar 2016 bekanntgab, sollen die Kohleimporte seines Landes zur Stromerzeugung bis 2040 ansteigen – eine Verdopplung wird prognostiziert – und erst danach soll die Substitution durch Nuklearenergie Wirkung zeigen. Hauptargumentation für diese bereits eingeleitete Politik ist: Indien – vor allem auch die Indische Bevölkerung – braucht zuerst einmal eine zuverlässige Stromversorgung, 24-7!

Und die Moral von der Geschichte?

Die Schwergewichte setzen auf CO2 Senkung – aber nur so, dass sie möglichst keine wirtschaftlichen Einschränkungen mit sich bringt, sondern im Gegenteil massiv die Entwicklung von Zukunftstechnologien fördert (v.a. Fracking-Gas und Nuklear). Nicht über Subventionen sowie Verbote und Gebote, sondern durch wirtschaftliche Anreize und Wettbewerb sollen die Ziele erreicht werden! Vorbild sind wir bei den grossen und teilweise rückständigen CO2-Emittenten sicher nicht. Bestenfalls werden wir achselzuckend belächelt, etwas zu tun, was sich “reiche” und “satte” eben meinen leisten zu können. Wir müssen aufpassen, uns so auf Dauer nicht auf das Abstellgeleise der Habenichtse zu manövrieren.

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