Zu den variablen Kosten der Kernenergie

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Sind diese variablen Kosten jetzt zwei Rappen, oder fünf oder wie Rechsteiner glaubt eher 10 oder noch höher (vgl. Ausschnitt NZZ)? Ich weiss es nicht, weil ich keinen Einblick in das Rechnungswesen der Anbieter habe. Aber der Schaden der Atomausstiegsinitiative (AAI) hängt ohnehin nicht von buchhalterischen oder rein betriebswirtschaftlichen Zahlen ab, sondern von den absehbaren volkswirtschaftlichen und ökologischen Kosten (vgl. unsere Studie hier). Diese bestehen einerseits in direkten und indirekten (systemischen) Zusatzkosten zum Ersatz der Kernkraftwerke. Die Beschleunigung des Zubaus an Produktionsanlagen mit neuen erneuerbaren Energien sowie der Ausbau von Netzen, Speichern und weiterer Systemkomponenten werden – soweit sie überhaupt durchführbar und finanzierbar sind – zu massiven Zusatzkosten führen (im Vergleich zur Energiestrategie 2050). Volkswirtschaftlich werden allerdings andererseits nicht direkt sicht- und berechenbare Verluste an Standort-Attraktivität, Optionsverluste durch Fehlsteuerung von Forschung &Entwicklung und – last but not least – die Schwächung der Kaufkraft von Konsumenten noch weit stärker negativ ins Gewicht fallen.

Doch zurück zu den betrieblichen Kosten: Was wissen wir mit Sicherheit?

  1. Die variablen Durchschnittskosten können sicher nicht höher sein als die gesamten Durchschnittskosten, wie sie z.B. die BKW für ihre “gefangenen Kunden” zugrunde legt.
  2. Es geht nur um die frühere Abschaltung gemäss AAI im Vergleich zu der ES 50, bei Leibstadt und Gösgen wohl um 15 Jahre, bei den übrigen um weniger. 
  3. Selbst wenn die KKW momentan buchhalterische Verluste schreiben (wie übrigens auch die Wasserkraft), ist die relevante Frage nur, ob das Abstellen oder der Weiterbetrieb grössere Verluste mit sich bringt. Wenn Jens Alder die KKW von Alpiq verschenken will, signalisiert das nicht betriebswirtschaftliche Vernunft, sondern wohl eher, dass diese Firma am Rande des buchhalterisch-rechtlichen Konkurses steht und keine weiteren Verluste mehr zu absorbieren vermag . Oder haben Sie von Axpo gehört, dass das tief rote Lindt-Limmern-Werk als Geschenk angeboten wird?
  4. Wären die Verluste bei Weiterbetrieb auf unabsehbare Zeit hinaus grösser als nach dem Abstellen, dann würden die Betreiber letzteres unverzüglich von sich aus in die Wege leiten. Mühleberg lässt grüssen. 
  5. Reine Produktionskosten von KKW-Bandstrom und von Flatterstrom (levelized costs) sind nicht vergleichbar, weil Kernkraft einen Lastfaktor von rund 90% aufweist, Sonne und Wind jedoch nur von 10 bzw. 15% (und dann erst noch kaum planbar). Die zusätzlichen Systemkosten sind deshalb bei Sonne und Wind um ein Vielfaches höher als bei KKW, die bestens plan- und steuerbar wertvolle Grundlast liefern können.
  6. Die Produktionskosten von Photovoltaikanlagen und Windmühlen mögen deshalb sehr wohl weiter sinken – da aber der Wert des Flatterstroms erfahrungsgemäss (s. Dänemark und Deutschland) noch schneller sinkt (weil er fast immer im falschen Moment ins Netz eingespeist werden muss), wird mit zusätzlichem Strom aus unberechenbaren, volatilen Quellen mehr Wert vernichtet als geschaffen. 

Ökonomisches Fazit 

Strom ist physikalisch betrachtet sehr wohl ein völlig homogenes Gut. Elektronen, die nicht einmal ihre Herkunft eruieren lassen, erbringen in der Tat die absolut gleiche Leistung. Ökonomisch betrachtet hat die Stromerzeugung nur dann einen Wert hat, wenn sie in einem versorgungssicheren Netz bedarfsgerecht jederzeit abrufbar ist. Der Wert dieser Dienstleitung variiert daher sehr stark mit der nachgefragten Menge. Sonne und Wind können daher Grundlast aus KKW oder Wasserkraft nicht ersetzen, sondern nur bestenfalls ergänzen.

Vergleich Sie dazu auch diesen früheren Beitrag.​

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